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Maxie und ein Fisch mit Fernweh

Maxie und ein Fisch mit Fernweh

Titel: Maxie und ein Fisch mit Fernweh
Autoren: Usch Luhn
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leuchtet mein ganzes Zimmer wie ein Regenbogen. Aber damit ist jetzt eben Schluss. Hastig laufe ich zurück ins Haus.
    „Hast du gerade mit dem großen Jungen von nebenan gequatscht?“, fragt Kassia vorwurfsvoll, als ich mich zum Abendbrot an den Küchentisch setze. „Wir wollten die Pfefferbande doch links liegen lassen.“
    Ich schüttle empört den Kopf. „ Er hat mit mir geredet. Keine Ahnung, was. Hörte sich alles total wirr an.“ Ich schmiere fingerdick Erdbeermarmelade auf mein Butterbrot und beiße wütend hinein.
    „Ich finde die Fahrradklingel von dem Jungen toll, die ist ganz laut“, mischt sich Jule ein. „So eine hätte ich auch gerne. Ob ich mir die mal ausleihen kann?“
    „Jule!“, rufen Kassia und ich im Chor.
    „Untersteh dich“, nuschle ich mit vollem Mund. „Ab heute gilt absolutes Sprechverbot mit den Pfeffers, ist das klar?“
    Jule zieht eine Schnute. „Ich kann die Klingel doch ausprobieren, ohne mit dem Jungen zu reden.“
    Kassia und ich wechseln einen alarmierten Blick. „Ich erkläre es dir nachher, wenn ich dir eine Gute-Nacht-Geschichte vorlese“, sagt Kassia.
    So nervig meine Schwester Kassia manchmal ist mit ihrer Besserwissere i – gerade könnte ich sie abknutschen. Denn eines ist total klar: Wir müssen die Pfefferbande so schnell wie möglich wieder loswerden. Und da können wir uns nicht bloß auf Mama verlassen.
    Als ich später im Bett liege, kann ich einfach nicht einschlafen. Das war wirklich ein ziemlich chaotischer Tag. Mama ist ganz früh in ihrem Zimmer verschwunden, ganz ohne Abendbrot. Sie hat ziemlich müde und besorgt ausgesehen, das hat mir richtig Angst eingejagt.
    Ich würde gerne das Licht anknipsen und noch ein bisschen lesen, aber ich will auf keinen Fall, dass dieser Jonas in mein Zimmer gucken kann. Von meinem Bett aus entdecke ich, dass sein Fenster sperrangelweit offen steht. Obwohl es draußen stockduster ist, erkenne ich, dass er ebenfalls noch wach ist und auf der Fensterbank sitzt. Ich habe nämlich Augen wie eine Eule, sagt Mama immer. Die habe ich von Papa geerbt.
    Ach Papa. Auch in der Dunkelheit kann ich sein Foto, das über meinem Schreibtisch hängt, so gut sehen, als wenn es taghell wäre.
    Das liegt bestimmt daran, dass ich es mir schon mindestens eine Million Mal angeschaut habe. Auf dem Foto sind unsere Eltern zusammen drauf, mit Papas Pferd Kaliber. Papa konnte nämlich super reiten, genau wie Jule.
    Wenn unser Vater nicht mit seinem Rettungshubschrauber unterwegs war, ist er mit Kaliber durch den Wald geritten. Also dort, wo wir früher alle zusammen gewohnt haben. Ganz in der Nähe vom Flughafen, damit er immer schnell starten konnte, wenn ein schlimmer Unfall passiert war.
    Mein Vater war nicht nur ein toller Pilot, er war auch supermutig und der süßeste und lustigste Papa auf der ganzen Welt.
    Ach, Papa. Du hättest die Pfefferbande mit deinem Hubschrauber verjagt wie Superman. Da bin ich ganz sicher. Und dann hätten wir alle zusammen in die Villa einziehen können. Der Garten hinter der Villa ist so groß, dass Kaliber dort sogar einen eigenen Stall hätte bekommen können. Dann hätte ihn Mama nicht verkaufen müssen.
    Aber Papa ist eines Tages nach der Arbeit nicht mehr nach Hause gekommen. Ein Vogelschwarm ist gegen seinen Hubschrauber gekracht und er ist einfach abgestürzt.
    Das ist jetzt vier Jahre her, und immer, wenn ich an ihn denke, dann tut mir alles gleichzeitig weh. Der Bauch, mein Kopf, sogar mein kleiner Zeh. Die Schmerzen gehen nur weg, wenn ich ganz schnell anfange zu heulen. So wie eben jetzt. Ich schnappe mein Kopfkissen und schluchze es eine Runde nass.
    „Krah. Krah. Krah.“ Plötzlich segelt Herr Schiller in einem eleganten Bogen über mein Bett und landet direkt neben meinem Kopf. Er hackt mir mit seinem kräftigen Schnabel ins Ohr. „Krah. Krah. Krah.“
    „Aua!“ Ich bin so verblüfft, dass ich schlagartig aufhöre zu heulen. „Hast du nicht alle Federn unterm Pony?“, rufe ich empört. Auf einmal bin ich total wütend. Wütend auf Herrn Schiller, wütend auf die blöden Vögel, die mit Papa zusammengestoßen sind. Wütend auf alle Vögel dieser Welt.
    „Du doofer Vogel!“, schreie ich ihn an. „Du doofer, doofer Vogel.“
    Herr Schiller guckt mich aus seinen kugelrunden schwarzen Knopfaugen ernst an.
    „Kacke. Kacke. Kacke“, sagt er. Und während er zurück auf seine Stange segelt, stößt er einen langen und tiefen Seufzer aus.

    Im ersten Moment weiß ich nicht, ob ich
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