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Maxie und ein Fisch mit Fernweh

Maxie und ein Fisch mit Fernweh

Titel: Maxie und ein Fisch mit Fernweh
Autoren: Usch Luhn
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Ansonsten wohnen bei uns noch Mamas zwölfköpfige Springmausfamilie (die hat jemand im Karton vor die Haustür gestellt), zwanzig Goldfische im Gartenteich (die flüchten auch nicht durch die kaputte Mauer), mehrere Frösche und drei Salamander.
    „Tja. Dann sollten wir mal unsere Namen austauschen, um die Schadensfrage zu kläre n – falls es da etwas zu klären gibt“, räuspert sich der Unglücksfahrer. „Sebastian Pfeffer, Musiker.“ Er verbeugt sich.
    Mama schleudert energisch ihren Pferdeschwanz hin und her. „Und mein Name ist Doktor Klementine Buntschuh, Tierärztin. Groß und deutlich hier zu lesen.“ Sie zeigt auf das Praxisschild neben unserer Haustür.
    Der Fremde zuckt zusammen und kneift die Augen klein. Wie ein hypnotisiertes Kaninchen starrt er Mama an. „Buntschuh!“, ruft er ungläubig. „Aber wer heißt denn so? Und dazu noch Klementine.“ Er bricht in schallendes Gelächter aus.
    „Wie bitte?!“ Mama schnaubt wie ein beleidigtes Rennpferd und presst trotzig ihre Lippen aufeinander. „Seinen Namen kann man sich nicht aussuchen. Aber wie man sich einer Dame gegenüber benimmt, schon. Adieu, Herr Pfeffer.“
    Sie macht eine gebieterische Handbewegung in unsere Richtung. Das heißt, dass wir uns ins Haus verziehen sollen. Gehorsam setze ich mich in Bewegung und treibe meine zwei trödelnden Schwestern zur Eile an. Ich kenne Mama schließlich seit zwölf Jahren und weiß, wann sie es ernst meint.
    „Nicht ,Adieu‘, sondern ,Auf baldiges Wiedersehen‘!“, ruft Herr Pfeffer uns hinterher. „Ich bin nämlich ab heute Ihr Nachbar, liebe Frau Doktor. Ich und meine Söhne Jonas und Lukas.“

    Mama bleibt so abrupt stehen wie diese Frau aus der Bibel, die vor Schreck zu einer Salzsäule erstarrt ist. Ich kriege einen Moment richtig Angst, dass mit ihr dasselbe passiert, aber sie läuft nur knallrot an wie ein Leuchtfeuer über dem Ozean. „Wie bitte?“, kreischt sie und dreht sich eilig um.
    Sebastian Pfeffer grinst, als wären seine Mundwinkel an den Ohren festgetackert. Er schwenkt einen Schlüsselbund. „Ich habe den alten Kasten gekauft“, sagt er lässig. „Wir ziehen heute ein. Um Ihre kaputte Mauer kümmere ich mich dann morgen. Schließlich will ich nicht, dass mir Ihre Arche-Noah-Crew den schönen Rasen kaputt trampelt.“ Er zwinkert mir verschwörerisch zu, bevor er zielstrebig auf unser leer stehendes Nachbarhaus zusteuert.
    Tatsächlich. Der Schlüssel passt ins Schloss, die Tür springt auf.
    Jonas und Lukas hechten ihrem Vater hinterher und verschwinden mit ihm in der Villa.

Eine halbe Stunde …

    Eine halbe Stunde später sitzen wir alle zusammen um den Küchentisch, trinken heißen Kakao und halten Krisenrat.
    Mama hat sogar die Dose mit den kostbaren Schokoladenkeksen herausgerückt, die ihre beste Freundin Penny aus London ab und zu mit der Post schickt. Die beiden kennen sich schon seit der Uni und Mama ist die Patentante von Pennys Tochter Paula. Normalerweise kriegen wir nur mickrige Krümel ab, so geizig ist Mama mit ihren leckeren Keksen. Sie versteckt sie jedes Mal an einem anderen Ort, damit wir sie nicht heimlich vertilgen. Aber heute meckert sie nicht einmal, als Jule gleich zwei Kekse auf einmal in ihren Mund schiebt.
    Das heißt, die Lage ist ernst.
    „Mama, hast du gesehen, dass der fremde Mann seine Hand in Eddys Maul gesteckt hat?“, fragt Jule empört. „Schade, dass Eddy nicht zugebissen hat.“
    Mama antwortet nicht. Sie rührt tief in Gedanken versunken mit dem Löffel in ihrem Kakao herum und starrt vor sich hin. Dabei murmelt sie ohne Unterlass: „Total unverschämt. Total unverschämt. Total unverschämt.“
    Sie nimmt drei Schokoladenkekse auf einmal und bröselt sie in ihren Kakao. Dann löffelt sie den süßen Schoko-Kakaomatsch mit Leichenbittermiene leer.
    Ich schüttle mich angeekelt. Das muss doch scheußlich schmecken!
    Mama scheint es wirklich sehr schlecht zu gehen.
    „Stimmt. Total unverschämt, wie der durch die Mauer gebrettert ist. Aber reg dich doch nicht so auf, Mamilein. Am besten, du rufst gleich morgen Früh bei Herrn Adler von der Versicherung an“, sagt Kassia sachlich. „Dieser Sebastian Pfeffer muss auf jeden Fall die Reparatur bezahlen. Vielleicht sollten wir noch ein paar Fotos machen. Als Beweis. Wenn du mir dein Handy gibst, übernehme ich das. Außerdem hat er die Kaninchen und Eddy geärgert. Vielleicht kann man ihn sogar wegen tierischen Erschreckens anzeigen. Gibt es so was?“
    Mir klappt die Kinnlade
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