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Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)

Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)

Titel: Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Autoren: David Weber
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.I.
    Grauwallberge,
Provinz Gletscherherz,
Republik Siddarmark
    In dicht gewebten, eisigen Schleiern fiel Schnee. Der Wind, der die Flocken miteinander verwebte, war beißend scharf. Unablässig pfiff er über die dicke Schneedecke, die das Land bedeckte, und schien an den himmelhohen Berggipfeln zu rütteln. In der Eiseskälte warfen diese blaue Schatten auf weiße Schneedünen.
    Für einen nichts ahnenden Besucher mochte die Schneedecke fest wirken und dazu einladen, sie zu betreten. Wahlys Mahkhom aber war in den Grauwallbergen geboren und aufgewachsen. Er wusste genau, wie gefährlich es hier war. Zornig und dennoch zu allem entschlossen, spähte er durch die Rauchgläser seiner Schneebrille. Ihm knurrte der Magen. Mahkhom war an winterliches Wetter gewöhnt, sogar hier oben in den Grauwallbergen. Trotzdem kroch die Eiseskälte durch den fellbesetzten Parka und die dicken Handschuhe, fraß sich in jeden Muskel und Knochen. Selbst bei besseren Wetterbedingungen reichte in diesen Bergen im Winter nur ein einziger unachtsamer Moment, und man war verloren. Aber die Bedingungen waren weit davon entfernt, ›besser‹ genannt werden zu können. Wie ein Dämon Shan-weis verschlang der Winter in Gletscherherz jede Wärme, alle Energie, und Nahrungsmittel waren schwerer zu finden denn je. Sonderlich ergiebig waren die hochgelegenen Weiden und felsigen Äcker der Provinz noch nie. Bislang allerdings hatte es in den Lagerhäusern immer noch genug gegeben, dass selbst Jäger wie Mahkhom den Winter überstehen konnten. Dieses Jahr war es anders. Sämtliche Lagerhäuser waren niedergebrannt worden: Was die eine kriegführende Partei übrig ließ, vernichtete zur Vergeltung die andere. Zudem waren die Felder in diesem Jahr mit so viel Schnee bedeckt wie seit Menschengedenken nicht mehr. Es war, als hätte der Allerhöchste selbst beschlossen, die Unschuldigen ebenso zu strafen wie die Schuldigen. Es gab Momente, in denen Mahkhom sich fragte, ob im nächsten Jahr überhaupt noch jemand lebte, um neue Feldfrüchte anzubauen. Diese Momente kamen sogar häufiger, als er sich selbst gegenüber einzugestehen wagte.
    Seine Zähne klapperten wie die Kastagnetten einer Tänzerin aus dem Tiefland. Er zog seinen Schal ein Stück höher. Seine Mutter hatte ihm diesen Schal gestrickt – vor vielen, vielen Jahren. Nun schlang Mahkhom ihn ein wenig dichter um die Schneemaske, die fast sein ganzes Gesicht verdeckte. Der Hass in seinen Augen wurden noch unerbittlicher, kälter, viel kälter noch als der eisige Winter. Denn Mahkhom ging durch den Kopf, dass seine Mutter ihm nie wieder einen Schal stricken würde – und wer die Schuld daran trug.
    Vorsichtig hob Mahkhom den Kopf, blickte sich prüfend um. Doch seine Gefährten waren mit den Bergen ebenso vertraut wie er selbst. Es war gut, dass sie sich unter den weißen Tüchern verborgen hielten, die die Männer für genau diese Zwecke mitgenommen hatten. In harter, rachsüchtiger Befriedigung fletschte Mahkhom die Zähne. Schon schlugen sie nicht mehr so heftig aufeinander. Auf Schneeschuhen hatten seine Gefährten und er den weiten Weg bis hierher zurückgelegt. Unfassbar anstrengend war der Marsch gewesen, vor allem weil die Verpflegung so knapp war. Sie wussten natürlich alle, dass es beinahe schon unverantwortlich war, ohne hinreichende Vorräte einen solchen Marsch anzutreten. Aber wie sollte ein Mann sich mit ausreichend Nahrungsmitteln versorgen, wenn er dabei in die Augen seines hungernden Kindes blickte? Diese Frage konnte Mahkhom nicht beantworten – noch nicht, zumindest. Und eigentlich wollte er es auch gar nicht tun müssen. Nein. Niemals.
    Er kauerte sich wieder in das Loch, das er in den Schnee gegraben hatte, und türmte dann mit beiden Händen rings um sich kleine Wälle aus Schnee auf, um besser vor der Kälte geschützt zu sein. Dann spähte er zu dem Pfad hinüber, der sich wie eine riesenhafte Schlange durch die Berge zog. Eher wie der Kadaver einer Schlange, dachte Mahkhom. Anderthalb Tage lang hatten seine Gefährten und er schon geduldig gewartet. Jetzt lief ihnen die Zeit davon: Wenn das Zielobjekt, auf das sie warteten, nicht bald auftauchte, müssten sie ihre Mission abbrechen. Dieser Gedanke ließ es glutheiß vor Zorn in Mahkhoms Magen brodeln, die plötzliche Hitze dort ein drastischer Gegensatz zu der Eiseskälte der Berge. Mahkhom stellte sich seinem Zorn ganz bewusst. In diesem Winter hatte er zu oft erleben müssen, wie hassgeschürte Entschlossenheit und
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