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Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)

Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)

Titel: Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Autoren: David Weber
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Kinder begraben musste – und das älteste davon war noch keine sechs Jahre alt gewesen? Was sollte man von einem Mann erwarten, der den geschändeten, verstümmelten Leichnam seiner Frau in den Armen gehalten hatte? Dessen Herz in Stücke zersprungen war, in dessen Seele eine Wunde schwärte, die niemals mehr verheilen würde? Es grenzte an ein Wunder, dass so ein Mann und seine Gefolgsleute dem Feind einfach nur den Tod gebracht hatten. Nur allzu viele andere Reformisten hätten es dabei nicht bewenden lassen. Sie hätten dem Feind genau das angetan, was dieser Feind ihnen und ihren Familien angetan hatte. Und wenn es dabei hin und wieder einen Unschuldigen erwischte, der inmitten all dieses Chaos, all der Grausamkeit und all der Verzweiflung einfach nur zu überleben versuchte, dann war das eben so.
    Das ist ein Teufelskreis , dachte Merlin und riss den Blick von den nackten Leichen los. Grauenhafte Taten führen zu grauenhafter Vergeltung, und wer nicht an denjenigen Rache nehmen kann, die die eigene Familie abgeschlachtet haben, der rächt sich eben an jedem, der ihm in die Finger fällt. Schon ist weiterer Hass geboren, noch mehr Rachsucht, und so steigert sich das weiter und weiter.
    Merlin Athrawes war ein PICA, ein Wesen aus Legierungen und MolyCircs, aus faseroptischen Verbindungen und elektronischen Schaltungen, nicht aus Fleisch und Blut. Er war nicht mehr der Biochemie menschlicher Lebewesen unterworfen, war kein Sklave seines Adrenalins. Er kannte keine der anderen physiologischen Manifestationen von Zorn, keine Kampf-oder-Flucht-Reaktion mehr, wie sie die Evolution dem Menschen einprogrammiert hatte. Dennoch beherrschte Merlin jetzt Hass und Frustration, weil er nicht in der Lage war, in den Tempel der weit entfernten Stadt Zion vorzudringen.
    Wenn ich doch nur sehen könnte, was dort vor sich geht! , dachte er verzweifelt. Wenn ich doch nur wüsste, was sie da tun, was sie denken … was sie planen! Niemand von uns hat das rechtzeitig vorhergesehen, um Stohnar warnen zu können. Zumindest haben wir alle nichts bemerkt, was ihm nicht auch selbst schon aufgefallen sein muss. Aber wir hätten es kommen sehen müssen! Wir hätten wissen müssen, wie Clyntahn denkt. Wir haben ja weiß Gott genug Belege dafür gesehen, wie weit zu gehen er bereit ist!
    Merlin und seine Verbündeten vermochten so viele Dinge zu beobachten. Sie hatten sogar mehr Informationen, als sie je nutzen könnten. Sie durften ja nicht riskieren, dass sich jemand fragte, woher ihr Wissen stammte. Daher war es in vielerlei Hinsicht besonders frustrierend, ausgerechnet Zion selbst, das Herzstück der Kirche, nicht im Auge behalten zu können. Das zu überwachen wäre auf der Welt Safehold eigentlich am dringendsten.
    Nur ging es Merlin Athrawes nicht um Visionen von Zion. Es ging ihm darum, Zhaspahr Clyntahn und seine Spießgesellen sozusagen greifbar zu haben, und sei es nur für einen einzigen kurzen Moment. Genau das wünschte sich Merlin mit solcher Kraft, dass es schon an Besessenheit grenzte. In letzter Zeit dachte er häufig an Commodore Pei, vor allem seit der grausame Winter im Westen der Siddarmark schlimmer und schlimmer wurde. Als Safeholds Geschichte begann, hatte der Commodore Eric Langhornes Hauptquartier betreten, in der Brusttasche einen kleinen Nuklearsprengsatz. Merlin Athrawes hätte mühelos eine Multimegatonnen-Bombe in Zion zünden und damit nicht nur die gesamte ›Vierer-Gruppe‹, sondern auch den ganzen Tempel in einer einzigen alles vernichtenden Explosionen auslöschen können. Der Blutzoll wäre entsetzlich, ja. Aber könnte das wirklich schlimmer sein als das, was die Siddarmark durchlitt, wo die Zahl der Opfer von Tag zu Tag weiter stieg? Niemand vermochte einzuschätzen, wie viele Tote es mittlerweile schon zu beklagen gab. Wäre bei einem Anschlag auf den Tempel der Blutzoll höher als der, den dieser Krieg bereits im Königreich Charis und bei seinen Verbündeten gefordert hatte? Höher als die Zahl der Toten, die dieser Krieg in den kommenden Monaten und Jahren noch fordern würde?
    Wäre ein Opfertod nicht der Weg für Merlin, sich von seiner Schuld reinzuwaschen? Sollte er nicht besser abtreten wie der mächtige Samson aus der Bibel, der im Augenblick seines eigenen Todes all seine Feinde vernichtete?
    Ach, Schluss jetzt! , herrschte Merlin sich innerlich an. Es war doch nur eine Frage der Zeit, bis dieser Wahnsinnige Clyntahn Charis die Inquisition auf den Hals gehetzt hätte, selbst wenn ich nicht
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