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Max Weber (German Edition)

Max Weber (German Edition)

Titel: Max Weber (German Edition)
Autoren: Dirk Kaesler
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er auf das Königliche Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Charlottenburg. Der große Kreis bekannter Persönlichkeiten, die in seinem Elternhaus verkehrten und mit denen sein Vater politische und intellektuelle Diskussionen pflegte, schuf für den jungen Max Weber ein geistig anregendes Milieu. Im Frühjahr 1882 absolvierte Max Weber das Abitur und begann im folgenden Sommersemester sein Studium in Heidelberg, dem Jugendwohnsitz seiner Mutter, wo er im Hauptfach Jurisprudenz – daneben Nationalökonomie, Geschichte, Philosophie und etwas Theologie – belegte. Seine Spezialthemen waren die Geschichte der Spätantike, modernes Handelsrecht und die zeitgenössische Staatsrechtslehre. Im November 1882 trat Weber bei der Burschenschaft Allemannia zu Heidelberg ein, in der er sich leidenschaftlich engagierte. Weber verließ das Berliner Elternhaus als magerer, schüchterner Abiturient; während der drei Semester in Heidelberg wandelte er sich, physisch und in seiner Persönlichkeit, grundlegend. Doch nicht nur die akademische Freiheit veränderte ihn, auch die mehrfachen Besuche bei seinem Onkel Hermann Baumgarten (1825–1893) in Straßburg halfen ihm, sich innerlich von den Vorgaben des Charlottenburger Elternhauses zu lösen. Anfang Oktober 1883 siedelte er nach Straßburg über, um dort bis Ende September 1884 seinen Militärdienst als «Freiwillig-Einjähriger» beim 2. Niederschlesischen Infanterie-Regiment Nr. 47 abzuleisten. Der Dienst war hart für ihn, sodass er erleichtert war, als er schließlich zum Korporalschaftsführer ernannt wurde; in seinem weiteren Leben war er immer stolz auf seinen späteren Rang als Hauptmann der Reserve der Preußischen Armee. Dem als eintönig empfundenen Kasernendienst entging er durch das nebenherlaufende Studium an der Straßburger Universität, vor allem bei dem Juristen Rudolf Sohm und seinem Onkel, dem Historiker Baumgarten. Mit der Familie seiner Tante Ida, der Frau Hermann Baumgartens, verband ihn eine tiefe Freundschaft. Der Onkel war für ihn politischer und intellektueller Mentor und Vertrauter. Er gehörte zu jener kleinen Minderheit deutscher Liberaler, die sich den bürgerlich-revolutionären Geist der 1848er-Bewegung bewahrt hatten und sich über den restaurativen Charakter der Politik des Reichskanzlers Bismarck keine Illusionen machten. Baumgarten bildete, neben dem Oerlinghausener Onkel Carl David Weber, dessen unternehmerische Energien den Neffen beeindruckten, eine starke Gegenfigur zum Vater.
    1884 nahm Weber für zwei Semester sein Studium in Berlin wieder auf. Mit wenigen Unterbrechungen blieb er die nächsten acht Jahre zu Hause, damit finanziell vom Vater abhängig. An der Berliner Universität hörte er bei Georg Beseler Privatrecht, bei Ludwig Aegidi Völkerrecht, bei Rudolf von Gneist deutsches Staats- und preußisches Verwaltungsrecht, bei Heinrich Brunner und Otto von Gierke deutsche Rechtsgeschichte sowie historische Vorlesungen bei Theodor Mommsen und Heinrich von Treitschke. Der demagogische Treitschke wurde für Max Weber zum Beispiel des professoralen Agitators, dem er später als Alternative den «werturteilsfreien», historisch differenzierenden Wissenschaftler entgegenzusetzen versuchte.
    Nach dem Ersten Juristischen Staatsexamen, das er vor dem Oberlandesgericht in Celle im Mai 1886 absolvierte, setzte er seine Studien in Berlin während des Referendardiensts mit dem Ziel der Promotion fort. Er besuchte vor allem die Seminare bei August Meitzen (1822–1910) und Levin Goldschmidt (1829–1897), dessen Doktorand Weber im Mai 1886 wurde. Hinter dieser Entscheidung stand eine bewusste und kalkulierte Strategie, sowohl des Doktoranden Weber als auch des «Doktorvaters» Goldschmidt. Wie so häufig im Leben Max Webers spielten persönliche und familiäre Verbindungen eine Rolle: Goldschmidt und seine Frau waren eng mit der Familie von Max Weber senior befreundet, sie wohnten in der Heidelberger Phase Goldschmidts (1860 bis 1870) im Haus der Familie Fallenstein, Goldschmidt war ebenso wie Max Webers Vater Reichstagsabgeordneter für die Nationalliberale Partei in den Jahren 1875 bis 1877.
    Mit endgültigem Abschluss im August 1889 wurde der 25-jährige Max Weber mit magna cum laude promoviert. Danach stand er vor einer entscheidenden Weggabelung: Sollte er eine wissenschaftliche Karriere als Handelsrechtler anstreben, sollte er sein sozialpolitisches Engagement im Rahmen des Vereins für Socialpolitik fortsetzen, dem er 1888 beigetreten war,
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