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Sternenjäger (Wolkenpanther & Wolkenpiraten)

Sternenjäger (Wolkenpanther & Wolkenpiraten)

Titel: Sternenjäger (Wolkenpanther & Wolkenpiraten)
Autoren: Kenneth Oppel
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1. Kapitel
Der Himmelsturm
    Ich flog, stellte mich gegen den Wind und Paris lag ausgebreitet unter mir.
    Zum ersten Mal in meinem Leben war ich der Schiffsführer, auch wenn mein Schiff recht bescheiden war und mir nicht gehörte. An Bord der Atlas verwendeten wir nicht einmal Begriffe wie Kapitän oder Erster Offizier. Sie war kein vornehmer Luftkreuzer oder eine Privatjacht, sondern nur ein einfacher Luftkran, vierzig Fuß von Bug bis Heck, doch für den Sommer stand sie unter meinem Kommando und ich genoss jede Sekunde davon.
    »Höhenruder fünf Grad nach oben, bitte«, sagte ich zu Christophe, meinem Copiloten. »Gas auf halb!«
    Das Dröhnen der Motoren steigerte sich sofort und ich ließ das Schiff eine leichte Steuerbordkurve nehmen. Wir stiegen, und ich steuerte die Atlas so, dass die Baustelle nun unter uns lag. Obwohl ich seit zwei Wochen fast jeden Tag auf sie hinabschaute, erfüllte mich ihr Anblick immer wieder mit Ehrfurcht.
    Der Sockel des Himmelsturms ragte jetzt bereits zwei Meilen über der Erde empor. Gewaltige Stahlpfeiler und Bogen stützten seine Plattformen, von denen jede groß genug war, um eine ganze Stadt darauf unterzubringen. Die dritte Plattform war gerade fertig geworden und die Arbeit an der nächsten machte gute Fortschritte. Große Metallbogen ragten schon in den Himmel. Dutzende von Lastluftschiffen glitten über die Baustelle, um Material und vorgefertigte Pfeilerabschnitte zu den wartenden Arbeitern zu bringen. Überall auf dem Turm flammten Schweißgeräte auf, mit denen die Träger zusammengeschweißt wurden. Die Konstruktion war schon zehnmal höher als der Eiffelturm, doch sie sollte noch weitaus höher werden.
    Bis hinauf in den Weltraum sollte sie reichen.
    Um die Baustelle herum herrschte ein derartiger Luftschiffverkehr, dass sogar ein eigener Hafenmeister eingesetzt worden war. Jetzt krächzte seine Stimme aus dem Funkgerät und gab uns Anweisungen für den Anflug. An der Winsch der Atlas hing der drei Stockwerke hohe Abschnitt eines Stützpfeilers, der zur Nordseite des Turms gebracht werden sollte. Ich drehte das Steuerrad und brachte uns auf einen Kurs, der uns im weiten Bogen um den Turm herumführte.
    »Hast du gehört, dass man ihn schon das achte Weltwunder nennt?«, fragte Christophe. Er war Pariser, mächtig stolz auf den Turm und voller endloser Informationen darüber.
    Ich nickte. »Ich habe es heute Morgen in der Global Tribune gelesen.«
    »Was meint ihr, wie hoch sie dieses Ding noch bauen wollen?«, fragte Andrew, der gerade aus dem Frachtbereich kam und sich die schmierigen Hände an einem Lappen abwischte. Er, ein klobiger, rotgesichtiger Bursche, war zuständig für die Winsch. Wie so viele andere auch war er von Angelsachsen nach Paris gezogen, um Arbeit am Turm zu finden.
    »Ich habe was von sechzig Meilen gehört«, sagte ich.
    Christophe schnalzte missbilligend mit der Zunge. » Non, non, ce n’est pas vrai. Ich hab gehört, es würden mindesten sechshundert.«
    »Ist mir auch recht«, sagte Andrew. »Je höher die ihn bauen, desto länger hab ich Arbeit. Bei den Löhnen hier kann ich mich bald auf mein eigenes Schloss zurückziehen.«
    Auch ich war glücklich. Den Sommer über ein Lastluftschiff zu steuern würde meine beiden letzten Semester an der Luftschiffakademie finanzieren. Die Franzosen hatten Zehntausende von Arbeitern aus der ganzen Welt für das größte Bauprojekt in der Geschichte der Menschheit angeheuert. Der Turm würde die mächtigen Pyramiden wie Gartenhäuschen aussehen lassen, prahlten die Franzosen. Nichts, so sagten sie, könnte ihn zum Umstürzen bringen. Er war so konstruiert, dass er sich mit den Elementen biegen, doch niemals brechen konnte. Ich hoffte, dass sie recht hatten, denn würde er jemals zusammenstürzen, würde er halb Europa unter sich begraben.
    »Ich dachte, er soll bis zum Mond reichen«, sagte Hassan, unser marokkanischer Beobachter, der vorne aus dem Fenster der Führergondel blickte.
    »Wie sollen sie das denn machen, du Schwachkopf?«, fragte Andrew, dessen Ton oft etwas grob war. »Der Mond kreist doch um uns, oder? Wir können da doch nicht andocken! Da würden wir ja herausgerissen.«
    Hassan nickte freundlich. »Ja, ich verstehe schon, das wäre nicht besonders erstrebenswert.«
    »Ich hab gelesen«, sagte Christophe mit patriotischem Selbstbewusstsein, »dass von ganz oben auf dem Turm eine Flotte von Schiffen in den Weltraum starten soll, erst zum Mond und dann darüber hinaus.«
    Das schien
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