Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball
Autoren: Arnold Kuesters
Vom Netzwerk:
an einer langen Tischreihe im hinteren Teil des Raumes zu.
    Lisas Käsesahnestück war in der Tat beachtlich. Frank hatte für sich gedeckte Apfeltorte mit Sahne bestellt. Ein wirklich großes Stück, in anderen Cafés hätte man zwei daraus gemacht, dachte er. Frank drückte mit der Gabel vorsichtig ein kleines Stück von seinem Kuchenstück ab und schob es sich in den Mund. »Hm, lecker.« Kollege Schrievers hatte wahrlich nicht übertrieben: Frischer Mürbeteig, die Apfelstücke nicht zu dick geschnitten. Zusammen mit dem Zimt, den Rosinen, den Nüssen und der frischen Sahne waren die Zutaten an Geschmack nicht zu überbieten.
    »Stimmt, du hast Recht. Ist vermutlich das einzige Vergnügen, das sie noch haben. Ich stell mir das echt gemütlich vor.« Lisa trank einen Schluck von ihrem Kakao. »Hm, heiß.«
    »Nicht so hastig.« Frank unterdrückte den Zusatz »Liebes« und deutete stattdessen mit seiner Gabel vage in den Raum. »Und so schlecht finde ich es hier, ehrlich gesagt, auch nicht. Mir gefällt’s hier. Ist doch nett dekoriert. Wie ein Wohnzimmer. Ecki wäre auf jeden Fall begeistert.«
    »Ecki. Hm. Kommt er heute Abend zum Auftritt?« Lisa balancierte auf ihrer schmalen Gabel leichtfertig ein großes Kuchenstück zu ihrem Mund und sah Frank dabei aus ihren blauen Augen fragend an.
    Wie schön sie aussieht, unbekümmert wie ein kleines Mädchen. Frank musste lachen und hätte sich fast verschluckt. »Nett, dass du die Hoffnung nicht aufgibst. Aber, Ecki und Blues – das wird nie eine Liebesbeziehung. Ich glaube, er ist froh, dass ich ihn nicht mit einer Einladung für das Konzert in Verlegenheit gebracht habe. Nee, Ecki wird bestimmt nicht da sein. Soll er doch zu Hause bleiben und seine geliebte Volksmusik hören. Aber das Café werde ich ihm empfehlen.«
    »Ja, ja, Ecki zwischen all den älteren Damen. Das passt wirklich zu ihm. Da ist er Hahn im Korb.« Lisa hatte vier Frauen an einem Tisch am Fenster entdeckt. »Ist dir das auch schon aufgefallen? Die meisten Frauen haben die gleiche Dauerwelle. Guck mal. Scheint eine Besonderheit dieser Generation zu sein. Und ich möchte echt mal wissen, warum ältere Damen im Café partout ihren Hut aufbehalten und auch ihr Halstuch oder ihren Schal nicht ablegen. Meine Tante macht das auch immer. Muss sie beim nächsten Mal unbedingt danach fragen.« Lisa schüttelte gedankenverloren ihren Kopf.
    »Wie geht es ihr eigentlich?«
    »Irmchen? Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Ich muss Hanne unbedingt anrufen. Das letzte Mal ging es ihr nicht so gut. Hanne macht sich Sorgen, dass ihre Mutter möglicherweise demnächst in ein Pflegeheim muss. Sie wird immer vergesslicher und anfälliger. Keine schöne Vorstellung. Da hat man im Alter endlich Ruhe und Zeit für sich selbst, und dann hat man doch nichts davon, weil man krank wird oder, schlimmer noch, zum dauernden Pflegefall.« Lisa sah mit einem Mal traurig aus. »Ich hoffe, dass es uns später nicht auch so geht.«
    »Nun mach dir mal keine Gedanken. Dazu hast du keinen Grund. Uns geht es doch gut. Wir sind gesund. Und wir werden Eltern.« Frank nahm über den Tisch hinweg ihre Hand.
    »Eben. Ob unser Kind uns einmal pflegen will? Ich möchte nicht in einem Heim landen.« Ihre Augen wurden mit einem Schlag ganz groß. »Frank Borsch, willst du mich heiraten?«
    Rums. Frank fühlte sich völlig überrumpelt. Erst die Sache mit seinem Cabrio und jetzt das. »Ja, also, ja, klar, wir heiraten.« Der Sitz seines Stuhls wurde plötzlich glühend heiß. »Ich mein, wenn du mich so direkt fragst.«
    »Ja? Wie meinst du das?«
    Jetzt bloß keinen Fehler machen! »Lisa, keine Frage, ich möchte doch auch, dass unser Kind eine richtige Familie hat.«
    »Ach, Frank!« Lisa sprang auf und umarmte ihn über den Tisch hinweg. Um ein Haar wären ihr Stuhl und ihr Kakao umgekippt. »Ich wusste es! Ich liebe dich!«
    Frank lächelte verlegen hinüber zum Nebentisch und löste vorsichtig Lisas Arme von seinem Hals. Ihm war die Szene ein bisschen peinlich. »Setz dich wieder hin«, flüsterte er, »die Leute gucken schon.«
    »Die Leute, ach, die Leute, sollen sie doch sehen, dass sich zwei Menschen lieben.« Die letzten Worte hatte sie extra laut gesprochen und dabei triumphierend den beiden vorwurfsvoll blickenden Paaren am Nebentisch ins Gesicht gesehen. Einige der anderen Gäste hatten ebenfalls sichtlich verstört ihre Unterhaltung unterbrochen und zu ihrem Tisch hinüber gesehen. Zwei Rentnerinnen, einige Tische weiter,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher