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Marissa Blumenthal 02 - Trauma

Titel: Marissa Blumenthal 02 - Trauma
Autoren: Robin Cook
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unvernünftigen Drang, die Flucht zu ergreifen, bezwang sich aber. Wieder und wieder sagte sie sich im stillen: Ich bin schließlich Ärztin und darf mich nicht so anstellen.
    Die Tür wurde aufgerissen, und herein fegte Dr. Ronald Carpenter mit Hut und Gesichtsmaske. Er war wie für eine Operation angezogen. Ihm folgte eine Frau in gleicher Aufmachung. Allerdings hatte sie ihre Maske nicht aufgesetzt, sondern ließ sie vor der Brust baumeln.
    Marissa erkannte Dr. Carpenter trotz der Maske sofort. Seine hellen kristallblauen Augen und der sonnengebräunte Teint waren unverkennbar. »Geht es wirklich nur um die Entnahme einer Gewebeprobe?« fragte Marissa ihn nervös. Schließlich war er wie für eine große Operation gekleidet.
    »Miß Blumenthal ist nervös«, erklärte Dr. Arthur, »weil sie eine Hysterektomie befürchtet.« Er drückte die Nadel nieder, um die Luftblasen entweichen zu lassen. Dann begab er sich wieder zu Marissa.
    »Hysterektomie?« fragte Dr. Carpenter offensichtlich verständnislos. »Was reden Sie denn da?«
    Dr. Arthur hob die Brauen. »Unsere Patientin hat ein wenig nachgelesen.« Er entleerte den Inhalt der Spritze in die Röhre. Dann öffnete er sie und ließ den Inhalt schnell in Marissas Vene fließen.
    Dr. Carpenter kam zu Marissa, legte ihr die Hand auf die Schulter und schaute ihr in die dunkelbraunen Augen. »Wir entnehmen wirklich nur eine kleine Gewebeprobe. Von einer Hysterektomie kann gar nicht die Rede sein. Falls Sie sich über meinen Aufzug wundern, ich komme gerade aus der Chirurgie. Die Maske behalte ich an, weil ich erkältet bin und meine Patientinnen nicht anstecken möchte.«
    Marissa blickte in Dr. Carpenters strahlende blaue Augen. Sie wollte ihm gerade antworten, als das Blau seiner Augen ihr ein schreckliches Geschehnis in Erinnerung rief, das sie lange Zeit verdrängt hatte: Vor ein paar Jahren war sie in einem Hotelzimmer in San Francisco überfallen worden und hatte, um ihr Leben zu retten, dem Angreifer mehrere Messerstiche versetzen müssen. In diesem Augenblick kam ihr der Vorfall mit so erschreckender Klarheit wieder ins Gedächtnis, daß ihr war, als fühlte sie tatsächlich die Hände des Mannes um ihren Hals. Marissa rang nach Luft. Das Zimmer fing an, sich um sie zu drehen, und sie vernahm ein summendes Geräusch, das immer lauter wurde.
    Marissa fühlte, wie Hände sie packten und auf den Rücken zwangen. Sie wollte sich gegen sie wehren, weil sie meinte, sie könne
    leichter atmen, wenn sie aufrecht säße, aber es war zwecklos. Ihr Kopf berührte den Untersuchungstisch. Sogleich hörte das Zimmer auf, sich um sie zu drehen, und sie konnte wieder besser atmen. Plötzlich merkte sie, daß sie die Augen geschlossen hatte. Als sie sie aufschlug, blickte sie in die Gesichter von Dr. Arthur, der Frau und Dr. Carpenter mit der Maske.
    »Sind Sie okay?« fragte Dr. Carpenter.
    Marissa wollte etwas antworten, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht.
    »Wau!« sagte Dr. Arthur. »Ist sie aber empfindlich gegen Narkosemittel!« Rasch prüfte er ihren Blutdruck. »Na, wenigstens der ist okay. Ich bin froh, daß ich ihr nicht die ganze Dosis gegeben habe.«
    Marissa schloß die Augen. Jetzt kam sie endlich zur Ruhe. Die anderen unterhielten sich weiter. Aber für sie hörte es sich so an, als sprächen sie in weiter Ferne und das Ganze ginge sie nichts an. Zugleich war ihr, als legte sich eine bleierne Decke über sie. Sie merkte, daß man ihre Beine anhob, aber das war ihr gleichgültig. Dann klangen die Stimmen im Zimmer immer entfernter. Sie vernahm Gelächter. Dann ein Radio. Sie spürte Instrumente und hörte das Geräusch von Metall auf Metall.
    Sie entspannte sich, bis sie so etwas wie einen Menstruationskrampf verspürte. Es tat weh, aber nicht so wie sonst. Nicht unangenehm, doch es machte ihr angst. Sie wollte die Augen aufschlagen, aber ihre Lider waren viel zu schwer. Noch einmal versuchte sie es, gab aber rasch auf. Es war wie ein Alptraum, aus dem sie nicht erwachen konnte. Dann spürte sie erneut einen Krampf, diesmal so stark, daß ihr Kopf hochschnellte.
    Unter der Wirkung der Medikamente verschwamm das Zimmer vor ihren Augen. Sie konnte nur den Oberteil von Dr. Carpenters Kopf erkennen, der zwischen ihren hochgezogenen Knien arbeitete. Das Kuldoskop hatte er nach rechts zur Seite geschoben.
    Die Geräusche im Zimmer erreichten sie noch immer wie aus weiter Ferne. Doch hörten sie sich jetzt anders an. Wie Echos. Die Menschen im Zimmer bewegten sich in
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