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Mariannes Traenen

Mariannes Traenen

Titel: Mariannes Traenen
Autoren: Andreas M.
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Tresen und blätterte in einem Prospekt.
    „Rudolf Stadler. Ich ha be für eine Woche reserviert“, sagte er ohne aufzuschauen. Vor ihm auf dem Tresen lagen ein Reisepaß und eine Kreditkarte.
    „Äh … ja …“, sagte Marianne und schaute auf den Monitor mit dem Belegungsplan. „Das wäre Zimmer …“
    „ 314“ ergänzte er ihren Satz. „Möchten sie die Buchungsbestätigung sehen?“ Er schob den Prospekt zurück in die Auslage und schaute sie an. Marianne fielen seine Hände auf. Sorgfältig manikürt waren sie, sehnig. Und die Art, wie er sie ruhig auf dem Tresen ablegte, wirkte seltsam. Lautlos, aber zum Zupacken gespannt. Wie eine Katze, dachte sie spontan.
    „Nein, natürlich nicht .“ Mit einer hastigen Bewegung schob sie ihm den Meldebogen vor und reichte ihm einen Stift dazu. „Selbstverständlich ist alles für Sie vorbereitet, Herr Stadler. Eine Woche, mit Nutzung des Wellness-Bereichs, Zimmer 314, bitte sehr. Ich bräuchte nur noch Ihre Daten.“
    „Bitte!“ Mit den Fingerspitzen schob er ihr seinen Paß zu und begann, den Meldebogen auszufüllen. Seine Paßnummer wußte er auswendig, das war ungewöhnlich. Er schrieb schnell und flüssig, druckte alles in Kapitälchen, wie sie aus den Augenwinkeln heraus bemerkte, während sie seinen Reisepaß fotokopierte. Sehr regelmäßig sah das aus, beinahe wie aus der Maschine. Dann drehte er das Blatt zu ihr und legte den Stift darauf. Er berührt Dinge so spärlich, als ob sie heiß wären oder schmutzig, ging es ihr durch den Kopf. „Sie haben WLAN?“, fragte er.
    „ Aber ja. Selbstverständlich kostenlos.“
    Sie richtete ihm seine Unterlagen, erklärte ihm die Tannau-Karte, die im Hotelpreis inbegriffen war und mit der er alle lokalen Seilbahnen, diverse Museen und das Hallenbad der Nachbargemeinde nutzen konnte, nannte ihm die Öffnungs- und Dienstzeiten, wies ihn etwas zu demonstrativ auf die Parkmöglichkeiten am Hotel hin – sein Wagen stand direkt vorm Eingang – und überreichte ihm die Schlüssel. Herr Stadler hörte aufmerksam zu, aber ihr fiel auf, wie reglos er dabei stand. Anders als es die Gäste normalerweise taten, spielte er während ihrer Ausführungen nicht mit den Unterlagen, schaute sich nicht um, tat überhaupt so, als wären Bewegungen oder Gesten zu kostbar, um sie zu verschwenden. Ohne den Kopf zu bewegen wechselte sein Blick abwechselnd zwischen ihrem Gesicht und den Händen, mit denen sie ihm alles darlegte. Nach seinem Paß war er gerade fünfzig Jahre alt.
    Mit einem einfachen „Ich danke Ihnen, Gnä’Frau!“ , und ohne ein Lächeln oder eine sonstige Gefühlsregung zu verraten, nahm er schließlich alles an sich. Eine einzige flüssige Bewegung seiner Hände. Sie sah keinen Ehering daran. „Ich parke den Wagen später.“ Damit hob er seine Tasche auf und ging zum Treppenhaus. Man hört ihn nicht, dachte sie. Wie macht er das bloß. Aber da war er schon um die Ecke verschwunden.
    „Seltsamer Mensch “, sagte Kathrin aus der Bürotür, von wo sie die ganze Zeit zugesehen hatte. „Irgendwie schräg. Aber auch irgendwie sexy, muß ich schon sagen.“
    „ Kathrin!“, tadelte sie ihre Mutter.
    „Ach, tu doch nicht so. Dir würde es auch mal wieder gut tun , wenn dich einer flachlegt.“ Auf ihren hochhackigen Schuhen tänzelte sie um den Schreibtisch herum und blieb neben ihrer Mutter stehen. Sie hatte sie mit dieser Bemerkung provozieren wollen, aber Marianne sagte nichts, sondern schaute nur nachdenklich aus dem Fenster auf den Vorplatz. „Oder hast du etwa …?“, fragte Kathrin vergnügt und schubste ihre Mutter.
    „Ach, laß mich! “ Mit einer ärgerlichen Geste schob sie ihre Tochter zur Seite. „Mir ist gerade wirklich nicht nach kindischem Geschwätz.“ Es klang gallig, wie sie das sagte.
    „ Ooooh!“, machte Kathrin geziert und rollte neugierig die Augen: „Kenne ich ihn etwa?“
    Und ob du ihn kennst, dachte Marianne.
    „Du machst vielleicht ein Gesicht - war wohl nicht so toll, was?“
    Ganz und gar nicht war es das. Eine Pleite war’s. Einfach nur eine peinliche Pleite. Mit einer ärgerlichen Geste warf sich Marianne das Haar aus dem Gesicht und setzte sich an den Schreibtisch. „Sieh zu, daß die Zimmer gemacht werden. Und heute bitte bevor es die Zehn durch ist.“
    Kathrin stöhnte. „Oh Mann, wie geil!“
    „Laß Elsa nicht alles alleine machen. Die Zimmer sind dein Job. Ist doch nur noch für zwei Wochen “, fügte sie hinzu.
    „Oui, Madame!“ Kathrin spielte das
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