Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Kearsley
Vom Netzwerk:
einzige, was er übriggelassen hatte, war die einzelne Kletterrose, deren blütenlose, gewundene Arme sich an den zerbröckelnden Stein klammerten und nur noch Dornen trugen. Es war so ein schöner Garten gewesen, den ganzen vergangenen Sommer lang. Ich wandte meine Augen ab und lächelte Vivien an.
    »Ich glaube, ich werde mir auch einen Kaffee machen«, sagte ich. »Will jemand noch eine zweite Tasse?«
    »Dumme Frage«, grinste Iain und reichte mir seine. Vivien kam mit mir ins Haus, aber als ich ihre Tasse ebenfalls ausspülen wollte, schüttelte sie den Kopf.
    »Ich kann nicht lange bleiben«, entschuldigte sie sich. »Ich muß heute abend arbeiten. Aber ich wollte dich etwas fragen, wenn du eine Minute Zeit hast.«
    Ich setzte den Kessel auf und sah sie neugierig an. »Na klar.«
    »Ich wollte, daß du es als erste erfährst«, begann sie, verlegen ihre Finger verschränkend. »Na ja, nicht ganz als erste … Iain weiß es natürlich und meine Tante Freda, aber sonst niemand.« Sie holte tief Atem, lächelte und platzte endlich damit heraus. »Ich werde heiraten.«
    »Vivien!« Ich ließ beinahe den Kaffeebecher fallen vor Freude. »Das ist ja großartig!«
    »Und ich wollte dich bitten, meine Trauzeugin zu sein.«
    »Natürlich«, sagte ich sofort, »furchtbar gern. Und Geoff wird wohl auch Trauzeuge sein, nehme ich an.«
    Sie zog die Stirn kraus. »Wieso Geoff?«
    »Na ja«, stammelte ich, »ich dachte halt … da er und Iain sich so nahestehen, da dachte ich selbstverständlich , daß …«
    Viviens Gesichtsausdruck entspannte sich, aber sie warf mir einen merkwürdigen Blick zu, bevor sie antwortete. »Ich werde nicht Iain heiraten, Julia. Du hast das irgendwie alles mißverstanden. Ich werde Tom heiraten.«
    »Tom?«
    »Deinen Bruder.« Sie nickte. »Er hat mich gestern gefragt. Er wollte es dir selbst sagen, glaube ich, aber er sagte, du habest dich nicht gut gefühlt.«
    »Ich hatte Kopfschmerzen«, sagte ich unbestimmt. Nun bekam ich allerdings wirklich welche. »Du heiratest Tom?« fragte ich noch einmal, unfähig meinen Ohren zu trauen.
    »Ja.« Viviens errötendes Lächeln machte nun einem verwirrten, verletzten Ausdruck Platz. »Wir dachten, du würdest dich freuen.«
    »Ich freue mich auch.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Wirklich, ich freue mich. Ich bin nur so überrascht.«
    Sie grinste etwas beschämt. »Na ja, wir haben auch ein ziemliches Geheimnis daraus gemacht. Ich weiß auch nicht recht, warum. Es hat einfach so großen Spaß gemacht, sich heimlich zu treffen, ohne daß jemand davon wußte. Wir stehen beide in der Öffentlichkeit und müssen die meiste Zeit über so respektabel sein.«
    »Na, mich habt ihr jedenfalls hinters Licht geführt«, sagte ich ehrlich. »Ich kann nicht glauben, daß noch nicht einmal meine Mutter etwas gesagt hat. Sie kann normalerweise kein Geheimnis behalten.«
    »Sie weiß es noch nicht«, antwortete Vivien zögerlich. »Ich habe deine Eltern noch nicht kennengelernt.«
    Tom muß bis über beide Ohren verliebt sein, dachte ich voll Staunen, um einen Heiratsantrag zu machen, ohne das Mädchen zuerst der Familie vorzuführen. Es schien, daß mein Bruder Seiten hatte, die ich kaum kannte, trotz unseres engen Verhältnisses. Vivien biß sich nervös auf die Lippe und beobachtete mein Gesicht.
    »Glaubst du, daß sie mich mögen werden?« fragte sie.
    »Meine Eltern?« Ich lächelte bei dem Gedanken. »Sie werden entzückt sein. Sie liegen Tom damit in den Ohren zu heiraten, seit er Oxford beendet hat, und du bist ziemlich genau ihr Typ. Du wirst sie auch mögen, denke ich«, fügte ich hinzu. »Sie sind ein bißchen verschroben, aber liebenswert.«
    »Wie Tom.«
    Ich grinste. »Nicht ganz so verschroben.«
    »Und du hast wirklich nichts dagegen? Daß wir heiraten wollen, meine ich?«
    »Natürlich nicht. Warum sollte ich etwas dagegen haben?« Ja, warum, fragte ich mich selbst, während mein Blick aus dem Fenster zu dem über seine Arbeit gebeugten Mann bei der verfallenen Taubenschlagmauer wanderte. Warum sollte ich auch glauben, daß das Schicksal perfekt war? Schließlich waren Rachel und Evan miteinander fortgegangen, hatten einander geliebt, waren vermutlich miteinander alt geworden. Vielleicht hatte die Vorsehung etwas anderes mit ihnen geplant in diesem Leben.
    Richard und ich, die wir einst vorzeitig getrennt worden waren, waren wieder zusammengebracht worden. Vielleicht mußten Rachel und Evan diesmal getrennte Wege gehen …
    Der Kessel auf dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher