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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Kearsley
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dachte über die Schlüssigkeit ihres Arguments nach und akzeptierte es. »Kann ich Sie noch etwas fragen?«
    Sie lächelte. »Wenn es etwas mit Geoffrey zu tun hat – ich werde mich in dieser Hinsicht immer noch nicht einmischen.«
    »Es hat nichts mit Geoff zu tun. Es betrifft Sie.«
    »Oh?«
    »Als wir neulich miteinander sprachen, wollten Sie gerade etwas sagen. Über sich und Jabez Howard und woher Sie seinen jähzornigen Charakter kennen.«
    Sie zögerte, aber nur einen kleinen Augenblick. »Er war mein Bruder.«
    Ich starrte sie an. »Aber dann sind Sie ja … dann mußt du ja meine …«
    »Jetzt verstehst du«, sagte sie, »warum ich dir bei dieser Sache beistehen mußte. Ich hatte dich einst verlassen, als du mich brauchtest. Ich habe dich der Gnade meines Bruders überlassen, und als Geist konnte ich nur zusehen und leiden, wenn du littest. Dieses Leben ist meine Art der Wiedergutmachung.«
    Es hätte eine wunderbare, stürmische Wiedervereinigung sein sollen. Ich hätte sie umarmen und unter Tränen mit Küssen bedecken sollen. Aber ich blieb einfach auf meinem Stuhl sitzen, und sie fuhr fort, Geschirr abzuwaschen, und irgendwie flossen Liebe und Trost und Verstehen dennoch zwischen uns, wie Wellen, die an einem windigen Strand hin- und herrollen. Später würde noch genug Zeit zum Reden sein. Im Moment genügte das Wissen vollauf.
    Die schlichte Wahrheit war außerdem, daß ich im Augenblick keines Gefühls mehr fähig war. Meine Trauer um Richard war noch ein zu lebendiger Schmerz, meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und meine Augen gerötet und ausgetrocknet vor Erschöpfung und ungeweinten Tränen.
    Als ich endlich die Küche verließ, ging ich nicht zur Hintertür hinaus, sondern durch den Hauptkorridor und trat in den Innenhof. Die Luft war still dort, nichts bewegte sich. Der Efeu an der Mauer hatte in der Herbstluft seine Farbe verändert und war nicht mehr nur grün, sondern grün mit lebhaften tiefroten und goldenen Einsprengseln, die so stark leuchteten, daß es beinahe in den Augen weh tat, sie anzusehen. Ich schob den Efeu zur Seite und beugte mich herab, um nach der Tür zu suchen.
    Sie war geölt worden, wie ich vermutet hatte. Nicht nur das Schloß, sondern auch die Angeln. Mein Schlüssel steckte immer noch, und als ich ihn drehte und herauszog, war er voll Öl, das an meinen Fingern klebte. Ich zog die kleine Tür auf und trat auf den Weg hinaus, während sich meine Hand besitzergreifend um den Schlüssel legte.
    Richard hatte mir diesen Schlüssel gegeben, rief ich mir in Erinnerung, und ich würde mich nicht von ihm trennen. Richard …
    Ich blinzelte resolut die Tränen fort und lenkte meine Schritte heimwärts, wobei ich auf dem unebenen Boden des abgeernteten Feldes ein wenig stolperte. Ein Gesicht erschien verschwommen vor meinen Augen, ein dunkles, schmerzlich schönes Gesicht mit ernsten, grünen Augen. »Wen von uns beiden siehst du?« hatte Geoff mich gefragt. »Geoff oder Richard?«
    Ich war weiter denn je von einer Antwort entfernt.

Kapitel dreiunddreißig
     
    Ich glaube, ich wußte sogar schon in dem Moment, bevor ich meine Augen schloß, daß dies meine letzte Reise in die Vergangenheit sein würde.
    Nur ein paar Stunden waren seit meiner Rückkehr nach Greywethers vergangen, aber mir war es wie eine unerträglich lange Zeit vorgekommen. Ich war sofort zu Bett gegangen und hatte mein Bestes versucht, dem Rat von Mrs. Hutherson und der Stimme meiner eigenen Erschöpfung zu folgen – und so hatte ich dann dagelegen und an die Decke gestarrt, während die Sonne über das Haus wanderte und ihr Licht durch die tanzenden Pappelblätter, die mein Schlafzimmerfenster abschirmten, hereinfiel.
    Der Schlaf wollte nicht kommen. Der Gedanke an diesen unsichtbaren Kreis, der sich in einem unaufhaltsamen Bogen schloß, entzündete in mir ein Gefühl der Dringlichkeit, das mich immer ruheloser machte. Dasselbe Gefühl hatte mich nun auch zu dieser Stelle vor dem Haus gebracht, und ich hatte genug gelernt, um es nicht anzuzweifeln.
    Hinter meinem Rücken erschauerte die Pappel, als Wolken über die Mittagssonne zogen, und ein Hauch der Erwartung strich durch das Gras zu meinen Füßen und wehte hinaus über die weiten Felder.
    Dies war der Garten, in dem die Grüne Frau gestanden hatte. Nicht in dem Taubenschlaggarten, den Iain in den Ruinen angelegt hatte, sondern hier in dem ursprünglichen Küchengarten, der seit langer Zeit überwuchert war, hatte Marianas Geist all die
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