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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
Autoren: Nicole Joens
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riecht wirklich wahnsinnig betörend. Ein ganz klein wenig Zimt ist auch in der Mischung, so als hätte er gerade Kekse gegessen. Zudem ist sein Ohr, umrahmt von den ersten grauen Haaren, noch nicht einmal eine volle Armeslänge von Miriam entfernt. Sie würde zu gerne einmal an diesem Ohrläppchen saugen. Nur ganz kurz. Versprochen. Genau in dem Moment räuspert sich der Cowboy und öffnet den Mund, um wieder etwas zu sagen. Erst jetzt fällt Miriam auf, wie ernüchternd seine Mundart ist.
    »Jetzt samma glei da. Die nächste Ausfahrt is schon Erding. Dann noch ungefähr fünf Minuten, sozusagen einmal durch die Mitte, und dann samma scho da.«
    »Gut. Dann sind wir ja pünktlich.«
    Das Bayerische ist immer ein wenig erschreckend für Miriam, aber dafür mag sie sein knappes Lächeln. Seine warmen Augen signalisieren ihr im Rückspiegel, dass sie und die Kinder in seinem Taxi in guten Händen sind. Ja, doch, der Mann hat das ganz gewisse Traumprinzpotenzial. Allein schon deshalb kann er gar nichts taugen. Der Cowboy muss ein Womanizer sein, ein Lügner oder wahrscheinlich etwas noch viel Schlimmeres. Sie sollte ihre Nase dringend in Schach halten, sonst würde sie am Ende wirklich noch zu flirten anfangen. In ihrem Zustand! Diese wunderbaren Gedanken von Unzucht und Sünde müssen bitte sofort aufhören! Ihre Wangen werden bereits verräterisch rot, ein untrügliches Zeichen für größte Gefahr. Entschieden wühlt Miriam in ihrer großen Umhängetasche nach einer Runde Bonbons, die seinen Geruch neutralisieren und ihre Gedanken zurück auf den Teppich bringen sollen.
    »Salbei?«
    Der Cowboy akzeptiert und lutscht. Auch Miriam bringt das Hormongewitter in ihrem Inneren mit dem erdenden Geschmack zum Schweigen. Kaum sind Gaumen und Nase beschäftigt, erweitert sich auch schon ihre Wahrnehmung. Mit einem Mal entdeckt sie einen bitteren Zug an den Mundwinkeln des Cowboys. Er hat begonnen, mit Bene über die Unmöglichkeit zu reden, seine Musik so zu vermarkten, dass er davon leben kann. Miriam weiß genau, wovon dieser Mann träumt, denn sie komponiert bereits seit Jahren und hatte sich selbst Hoffnungen auf den großen Erfolg gemacht. Erst viele verschwendete Briefmarken später ist sie klüger geworden. Wenn etwas geht in der Musikbranche, dann überhaupt nur mit Vitamin B. Miriam hat Mitgefühl mit dem musikalischen Dilemma des Cowboys, hofft aber sehr, dass er sie nicht um ihre Meinung zu seinem Können bitten wird. Gerade läuft sein Gitarrensolo, das Miriam leider schon sehr viel besser interpretiert gehört hat. Aber gerade auf dieses Solo ist der Mann besonders stolz.
    »Na, was sagt ihr?«
    Anna-Sophie reagiert sehr diplomatisch. Ganz wie ihre Mutter lächelt sie zunächst, wiegt dann ihren Kopf von Seite zu Seite, so als müsste sie innerlich etwas abwägen.
    »Gitarre spielen ist wohl sehr schwer?«
    Der Cowboy antwortet mit einem selbstgefälligen Monolog über die Vorteile seines vielen Übens von Kindesbeinen an. Anna-Sophie ist aus dem Schneider und lehnt sich erleichtert zurück.
    »Und du, Bene? Was sagst du?«
    Miriam weiß, wie kritisch ihr Neffe ist. Er ist hoch musikalisch, war jahrelang im Kinderchor der Münchner Staatsoper und hat durch seine Eltern zahllose hochkarätige Aufführungen miterlebt. Aber Bene weiß heute ganz genau, worauf es ankommt.
    »Super! Einfach super! Ist halt leider nicht die Art von Musik, die meine Freunde und ich so hören!«
    Jetzt ist Miriam dran. Umständlich räuspert sie sich. Wie soll sie diesem gut riechenden Cowboy möglichst schonend beibringen, dass für sie eine Interpretation eben leider immer nur eine Kopie bleiben wird und Miriam bei Jazz und Blues ausschließlich die Originale gelten lässt? Das kann sie ihm doch unmöglich so sagen. Aber als sie im Rückspiegel die erwartungsvolle Verletzlichkeit in seinen Augen sieht, fällt ihr die Notlüge plötzlich ganz leicht.
    »Ausgezeichnet! Wirklich ein sehr gelungenes Gitarrensolo. Das Stück ist wunderschön, und Sie spielen einfach traumhaft.«
    Die Antwort des Cowboys ist jetzt noch mehr als selbstgefällig.
    »Ja, net wahr? Unsere Band sollt’ doch leicht zu vermarkten sein! Aber leider haben die Musikproduzenten von heut’ so gar koa Ahnung mehr. Dabei ist doch nur noch Schrott auf dem Markt!«
    Diese überhöhte Selbsteinschätzung findet Miriam dann doch ein wenig zu dreist. Meint der Cowboy das ernst? Wenn ja, dann kann sie das keinesfalls so stehen lassen. Ihr Temperament geht mit ihr
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