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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht!
Autoren: Jan Weiler
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mit Sicherheit sagen, dass Piselli, der mit seiner Vergangenheit so weit abgeschlossen
    hat, dass er sie vollkommen vergaß, von allen Justizan-gestellten der Region Molise am wenigsten korrupt ist.
    Zum Abschied bittet Piselli meinen Schwiegerva-
    ter, ihn nie mehr zu besuchen, denn das sei für ihn, den Geläuterten, doch sehr anstrengend. Dann umarmt er Antonio kurz, aber heftig, gibt mir seine
    lasche Kopiererhand und verschwindet wie ein Geist
    im sicherheitsrelevanten Bereich.
    Antonio ist gerührt und fühlt sich als Wohltäter,
    was er abends ausführlich im Kreise der Familie
    schildert. Dann nimmt er Zimmerreservierungen für
    seine Pensione Toni entgegen. Schon am nächsten Morgen soll es nach Termoli gehen.

    Diesmal sind wir nicht ganz so zahlreich. Marco und seine Freundin, die Pati heißt, kommen natürlich mit und Maria und Egidio ebenfalls. Also sind wir zu
    acht, als wir in Antonios »Refugium am Meere« ein-
    treffen.
    Ich habe vor der Reise lange mit meinem Rücken
    über Termoli gesprochen. Ich habe ihm erklärt, dass ich seinetwegen lieber nach Griechenland wollte,
    aber nun einmal eine Italienerin geheiratet hätte und keine Griechin, dass mir dies im Prinzip auch nicht Leid tue, ich ihn, meinen Rücken, jedoch wegen dieser Entscheidung aus Liebe bedauere.
    Im Haus stelle ich fest, dass jemand die Bettgestelle gestohlen hat. Oder sie haben sich beim Verrosten
    buchstäblich verkrümelt. Jedenfalls sind sie nicht
    mehr da. Dies gibt uns die Möglichkeit, ein anderes Zimmer auszuprobieren. Dort lege ich einen großen
    Atlas, den ich zu diesem Zweck extra mitgebracht
    habe, unter die Matratze. Diese Idee erweist sich so ziemlich als die blödeste in meiner Laufbahn als Italien-Tourist, weil das Buch nur das Loch vergrößert, in dem ich liege und leide. Ich beschließe also, mir wieder ein aufblasbares Krokodil zu kaufen, denn das alte ist ebenfalls verschwunden, vielleicht brauchten die Bettendiebe ja ein Gästebett.
    Da Sara ohnehin einkaufen muss, fahren wir ge-
    meinsam in den Ort, wo es großartige Supermärkte
    mit eingeschweißten Innereien und vollkommen ge-
    schmackloses Weißbrot gibt. Wir müssen uns beeilen, die Geschäfte machen bald zu und dann weiß ich
    nicht, wo ich schlafen soll.
    Auf dem Parkplatz kommt mir ein Kleinbus entge-
    gen und fährt meinen Blinker kaputt, als ich links ab-biegen will. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, denn wir entscheiden, dass Sara schnell das Nötigste ein-kauft und ich in der Zwischenzeit mit der Unfallgeg-nerin alles Nötige bespreche. Wir sind Europäer, Him-melherrgott!, und erwachsen sind wir auch. Wo ist
    also das Problem? Das Problem ist, dass ich meine
    Italienischkenntnisse wieder mal vollkommen über-
    schätze. Sara hat mir noch eingeschärft, dass ich
    sagen soll, der Blinker blinke noch. Ich hätte also geblinkt und sie auch passieren lassen, wenn sie nur gefahren wäre. Als sie aber nicht gefahren sei, sei ich eben links abgebogen und da habe sie einen Satz
    nach vorne gemacht und mich gerammt. So war’s ja
    auch. Sara nennt mir vorsorglich auch den italie-
    nischen Begriff für Blinker (freccia), den ich aber in der Aufregung sofort wieder vergesse. Außerdem
    steht die Dame aus dem Kleinbus ganz offenbar auf
    dem Standpunkt, mein Blinker habe einen Anschlag
    auf ihren Wagen verübt.
    Da mir nicht mehr einfällt, was Blinker heißt, sage ich einfach, sie habe meine Verzierung (fregio) gerammt, die Verzierung leuchte ja noch, da könne doch jeder sehen, dass ich die Verzierung eingeschaltet
    hatte. Die Frau sieht mich an, als habe ich eine Papp-nase im Gesicht, und hört auf zu schimpfen. Nun
    eilen einige Passanten herbei und schauen zu, wie
    ich erkläre und gestikuliere.
    Komischerweise sind die alle extrem belustigt, und
    irgendwann kommt auch noch ein carabiniers hinzu, was in Italien nicht unbedingt von Vorteil ist. Dieser Kerl amüsiert sich wenigstens nicht über meine Versuche, den Sachverhalt zu schildern, ganz im Gegen-
    teil: Er macht eher einen latent aggressiven Ein-
    druck auf mich. Langsam wird mir bewusst, dass
    ich da offenbar etwas verwechsele, ich weiß nur
    nicht was.
    Später klärt mich Sara darüber auf, dass es die
    Wörter fregio und fregna waren. Letzteres benutze ich ausführlich und es bedeutet Möse:
    »Sie sehen doch, hier, bitte schön, meine Möse
    leuchtet. Möse an, Möse aus, Möse an, Möse aus. Ich habe die Möse ganz normal bedient und jeder konnte
    sie sehen. Oder haben Sie meine Möse etwa
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