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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht!
Autoren: Jan Weiler
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Antonio listig und
    wirft mir einen Blick zu. Ogott, das geht ja gut los.
    Ich ahne, dass das hier eine längere Veranstaltung
    wird. Kleinschmid denkt dasselbe und setzt sich
    widerwillig in Bewegung.
    Er steuert ein Auto aus dem oberen Preisbereich
    an, dem so genannten Premiumsegment, und stellt
    sich davor, als sei er Museumswächter im Louvre
    und das Auto die Mona Lisa.
    »Fangen wir mal oben an. Oder ist der hier zu weit
    oben? Runterkochen können wir es immer noch, das
    ist ja das Schöne.«
    »I bin eine Stammkunde. Fahre immer Merce-
    des ... «. Antonio versucht ein Gespräch.
    »Wir haben ja viele italienische Kunden«, unter-
    bricht ihn Kleinschmid mit gespielter Leutseligkeit.
    »So Pizzabäcker der ersten Stunde, die ja doch heute alle sehr wohlhabend sind. Und dann natürlich die
    ganzen Schlosser mit Mutti. Als Italiener will man ja auch irgendwann nicht mehr FIAT fahren.« Antonio
    müsste jetzt eigentlich den Wagenheber aus seinem
    Benz holen und dem Kerl damit die Knie brechen.
    »Ha, nee, Fiat, bin i nie gefahren«, wehrt Antonio
    ab, »fahre seit lange Jahre nur Mercedes.«
    »Da haben Sie Recht. Ich sage immer, Fiat ist die
    Abkürzung für ›Fehler in allen Teilen‹.« Kleinschmid lacht, Antonio nicht.
    »Aber vielleicht heißt es auch: ›Für Italiener aus-
    reichende Technik‹.« Hahaha! Was für eine Betriebs-
    nudel.
    »Sie haben eine kleine Satire gemacht, Sie sin lus-
    tig«, sagt Antonio mit dem ernstesten Gesichtsaus-
    druck, den man sich vorstellen kann. Er will mit diesem Menschen klar kommen. Er muss es. Oder einen
    Fiat kaufen. Also beißt er die Zähne zusammen. Was
    für ein tapferer kleiner Mann.
    »Also: ich denke, wir sehen uns in der Mittelklasse um«, sagt Kleinschmid und klatscht leise in die
    Hände. Er geht voraus, dahinter Antonio und dann
    ich. Kleinschmid weiß, dass er nun ein Geschäft ma-
    chen wird. Er kennt ja die Gastarbeiter und deren
    Streben nach Anerkennung. Dieses willfährige Zu-
    stimmen, dieses sich fügen in dreiste Kreditverträge.
    Es ist ein Gefecht ohne Kampfansage: Antonio will,
    dass Kleinschmid ihn respektiert. Und Kleinschmid
    will, dass Antonio ihm sein Geld gibt. Letztlich wird Kleinschmid gewinnen. Aber dafür muss er wenigstens arbeiten und erklären, Türen öffnen, die Antonio zuschlägt, Motorhauben anheben, Kofferräume ent-riegeln und Fragen beantworten.
    »Hat der Klimaluft?«, will Antonio wissen. Und:
    »Sage Sie, wie viele Persone passen in der Koffer-
    raum? War nur ein Scherz. Habe eine kleine Satire
    gemacht! Bin i lustig?«
    Wir begutachten ein Kombimodell, denn die Ita-
    liener haben ja viel zu transportieren, wenn es in die Heimat geht, nicht wahr? Antonio ist zum ersten Mal leicht beleidigt.
    »Glaube Sie, dassi das muss?«
    Dann lässt sich Antonio nur so zum Spaß in ein
    gelbes Cabrio einsargen.
    »Wie seh’ i aus, seh i gut aus?«
    Kleinschmid ist begeistert, allerdings kommt der
    Wagen dann doch nicht in Frage, weil ich beharrlich auf meinen Schwiegervater einrede, dass in diesem
    Auto seine grauen Felle einfach nicht wirken. Antonio braucht also definitiv eine Limousine, schon wegen
    der Schonbezüge. Außerdem kann man da leichter
    ein- und aussteigen. Er ist über die Maßen glücklich, als wir ein Modell finden, das sowohl ein Dach als
    auch vier Türen aufweist. Erstaunlicherweise ist es trotz dieser erheblichen Vorzüge auch noch viel günstiger im Preis als das Cabrio.
    Dann die Farbe. Moosgrün findet Antonio toll.
    Oder Aubergine. Gibt’s aber nicht, also wählt er tan-sanitblau. Auch schön, oder? Ich nicke. Antonio legt großen Wert auf meine Meinung, denn schließlich
    wird es das letzte Auto sein, das er sich in diesem Leben kauft. Und davon soll ich auch noch etwas
    haben.
    Kleinschmid hackt alle Wünsche in seinen Rech-
    ner und trinkt dabei Kaffee aus einem Gefäß, das einem Golfsack nachgeformt wurde. Wir bekommen
    keinen Kaffee. Bei der Sonderausstattung bleibt An-
    tonio sparsam, freut sich aber über den Getränkehalter und das Schiebedach.
    »Das wäre alles? Gut, dann sind wir bei 39 503
    Euro und 80 Cent, die wir jetzt mal vernachlässigen.«
    Kleinschmid haut auf die Enter-Taste und druckt das Angebot aus. Zeit zum Handeln, finde ich.
    »Iste viel Geld für ein alten Mann.« sagt Antonio.
    »Ja, sicher, aber das Fahrzeug ist ja sehr wertbe-
    ständig. Den können Sie ja immer gut wieder ver-
    kaufen, wenn Sie mal müssen, was keiner hofft.«
    Nun mische ich mich ein, denn ich finde, dass
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