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Marcos Verlangen

Marcos Verlangen

Titel: Marcos Verlangen
Autoren: Laura Gambrinus
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an Liebe auf den ersten Blick glauben.“
    „Ich habe Ihnen geantwortet“, erinnerte sie ihn nun mit einem nachsichtigen Lächeln. „Die Antwort hat Ihnen nur nicht gefallen.“
    Er seufzte. „Das ist wahr! Ich selber glaube übrigens daran.“
    „Liebe auf den ersten Blick ist ungefähr so zuverlässig wie eine ärztliche Diagnose auf den ersten Händedruck“, zitierte sie altklug.
    „Wo haben Sie das denn her?“
    „Vor vielen Jahren mal auf einem dieser Kalender gelesen, die jeden Tag einen neuen intelligenten Spruch bereithalten.“ In ihren Augen blitzte es schelmisch. „Aber fragen Sie mich jetzt bitte nicht nach der Quelle – ich habe den Urheber vergessen.“
    „Nein, ich werde Ihnen eine andere Frage stellen: wenn ich Ihnen jetzt meine Telefonnummer gebe, werden Sie sie dann behalten und mich anrufen?“, wiederholte er seinen Versuch von vorhin, der ins Leere gegangen war.
    Sie erwiderte forschend seinen dunklen, glühenden Blick und schwieg. Dann schloss sie für einen Moment ergeben die Augen und streckte wortlos mit einer leicht übertriebenen Geste die Hand aus. Er ließ sich nicht zweimal auffordern, sondern legte sofort seine Visitenkarte auf die offene Handfläche, die sie ihm anbot.
    Sie warf einen kurzen Blick darauf.
    „Marco Mingoni“ stand da nur, und darunter eine Telefonnummer. Das war mehr als schlicht.
    Es war puristisch.
    „Werden Sie mich anrufen?“ drängte er. „Bitte!“
    „Wir werden sehen“, versetzte sie ungerührt. „Aber jetzt muss ich wirklich gehen, meine Freunde werden sich schon fragen, wo ich so lange bleibe. Danke für den caffè!“
    Er winkte ab. „Gern geschehen! Schade, dass Sie schon gehen müssen.“
    Sie machte eine undefinierbare Geste, die sowohl Bedauern als auch Gleichgültigkeit ausdrücken konnte, stand auf und verließ das Lokal mit den gleichen fließenden Schritten, mit denen sie es betreten hatte.
    Marco Mingoni war ebenfalls aufgesprungen, doch nun setzte er sich wieder. Er war fassungslos. Fassungslos über seine eigene Dummheit. Zum zweiten Mal hatten sich ihre Wege zufällig gekreuzt und zum zweiten Mal hatte er ihr seine Karte aufgedrängt. Zum zweiten Mal allerdings war er nicht geistesgegenwärtig genug gewesen, sich von ihr mehr als eine Abfuhr zu holen. Ganz offensichtlich hatte sich sein Verstand bei ihrem Anblick schlagartig und vollständig verabschiedet. Er wusste weder wie sie hieß noch hatte er einen Anhaltspunkt, wie er sie erreichen konnte. Er wusste nur, mit welcher Fluglinie sie geflogen war, doch das half ihm nicht wirklich weiter.
    Seine Finger umklammerten das Glas, das vor ihm auf dem Tisch stand. Wie hatte er nur so versagen können! Anstatt sich vorzustellen, was ihr hübscher Mund ihm Gutes tun konnte, hätte er sie zum Beispiel nach ihrer Telefonnummer fragen können!
    Er erkannte sich selbst kaum wieder. Diese Momente kopfloser Verwirrung, in denen sein Gehirn von anderen Regionen gesteuert wurde, sollte er in seinem Alter doch längst hinter sich haben!
    Sein Telefon klingelte. Einen wahnwitzigen Moment lang hoffte er, sie könnte es sein. Aber es war nur einer seiner Freunde - die Gruppe, mit der er die Ausstellung besucht hatte, vermisste ihn inzwischen.
    „Wo steckst du? Wolltest du nicht gleich wieder hier sein?“
    „Ich komme schon! Was gibt es denn so Dringendes?“
    „Dass hier etliche Leute auf dich warten! Wir wollten noch was Essen gehen, falls du dich erinnern kannst, wenn du also mitkommen möchtest, solltest du dich schleunigst wieder hierher bequemen. Diese Frau läuft dir schon nicht davon, aber wir gehen in Kürze woanders hin. Bring sie doch einfach mit!“
    Marco brummte etwas Unverständliches, ehe er auflegte, um nicht damit herauszuplatzen, dass diese Frau bereits davongelaufen war !
     
    Nach diesem Abend vergingen Tage, dann vergingen Wochen.
    Er wartete vergeblich auf einen Anruf.
    Schließlich, nach fast einem Monat, hatte er plötzlich eine Frauenstimme am Telefon.
    „Salve, professore, hier spricht Ella.“
    Er stutzte. Wusste, dass ihm die Stimme bekannt vorkam, konnte sie aber nicht zuordnen.
    „Ella! Schön, dass wir uns mal hören. Wie geht es denn so?“
    Wer zum Teufel war Ella?
    Mit äußerster Vorsicht legte er gerade so viel Begeisterung in seinen Tonfall, dass es weder übertrieben noch unterkühlt klang und hoffte, sie damit zum Sprechen zu bringen.
    „Gut, danke. Und selber?“
    Sie schien ihm den Gefallen nicht tun zu wollen, sondern blieb leider einsilbig. Ihre
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