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Manta 02 - Orn

Manta 02 - Orn

Titel: Manta 02 - Orn
Autoren: Piers Anthony
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die Angst vor ihm hatten, huschten aus dem Weg. Sie gehörten harmlosen Gattungen an. Er durchschritt ein flaches Tal, das gemächlich zu einer Wasserfläche hinabführte. Zarte, niedrige Vegetation der neuen Art breitete sich am Rand des Wassers und auf seiner Oberfläche aus. Ein großer Teil davon trug Blüten. Dort wo ein Bächlein über nackten Stein strömte und sich zwischen runden, bemoosten Felsen hindurchwand, blinkten kleine Fische auf. Sie gehörten uralten und mannigfaltigen Gattungen an, und dann und wann kam einer von ihnen hoch, um die Oberfläche des Sees zu küssen.
    Abermals erinnerte sich Orn. Fließendes Wasser war ein ganz anderes Element als die träge Tiefe des Meeres. In gewisser Weise unterschied es sich so sehr vom Land wie die Luft. Das weiche Fleisch aus den ruhigen Meerestiefen hatte in seiner ganzen Länge eine Stange aus versteiftem, aber flexiblem Knorpel entwickeln müssen, um dem neuen Phänomen der Strömung gefahrlos begegnen zu können. Diesem Knorpel lagerte sich das Muskelgewebe an. Das Fortkommen war nicht länger zufällig, sondern vorwärts gerichtet, gegen die Strömung. Bevor sich seine Gattung von. der der Fische getrennt hatte, war sie in die weniger bewohnten Regionen oberhalb der Strömung eingedrungen und hatte sich dabei verändert. Das Rückgrat schützte immer wichtiger werdende Nerven, denn Koordination war lebensnotwendig geworden. Schließlich verhärtete sich der Knorpel zu Knochen. Das Skelett war ein Geschenk des fließenden, frischen Wassers, und so hatte das Land bereits das Meeresleben beeinflußt.
    Aber die Flüsse der Vergangenheit waren schnell und flach und strömten aus der öden, unwirtlichen Landmasse, die den Kontinent bildete, und von Zeit zu Zeit strandete der ehrgeizige Schwimmer in irgendeinem stillstehenden Tümpel. Er mußte sich sein Leben von der Oberfläche holen, so wie es die Fische in diesem See jetzt taten, und die Blase in seinem Maul halten, um ihr den Atem zu entziehen, der das Wasser verlassen hatte. Aber sein Maul war jetzt angefüllt mit Kiefern und Zähnen und Zunge, die er zur Ernährung benötigte. So wurde er gezwungen, in seiner Kehle eine spezielle Höhlung zu entwickeln, einen Sack, eine Kammer, eine... Lunge. Als das Wasser seines isolierten Tümpels schließlich völlig versickerte, mußte er seine Flossen zu vier kräftigen Gliedern werden lassen, um den Körper gegen die Eingeweide zerquetschende Schwerkraft des Landes abzustützen, und die neuen Lungen erhielten das Leben vollkommen. Es war ein kurzer, aber verheerender Zug, diese erste Reise über das grausame Land, und fast jeder Fisch, der es versuchte, kam dabei um. Aber jene wenigen, die nicht nur entschlossen und stark, sondern auch glücklich waren - Orns eigene Gattung -, wurden durch einen tieferen, frischeren Teich belohnt.
    Orn erinnerte sich an die ursprüngliche Heimat: das Wasser. Er erinnerte sich an die allmählich länger werdenden Aufenthalte auf dem Land, das nur von fleischiger Vegetation und den hurtig dahinhuschenden Gliederfüßern bewohnt wurde, bis er den größten Teil seines Lebens darauf verbrachte und nicht mehr länger ein echter Fisch war. Er erinnerte sich daran, wie sich die Hülle um die weichen Eier verhärtete, bis sie in gewissem Maße den Gewalten von Sonne und Luft widerstehen konnte. Ein kleiner, aber wichtiger Schritt, denn er bedeutete, daß die See ihren letzten noch verbliebenen Griff verloren hatte. Ein vollständiger Lebenszyklus konnte sich vollziehen, ohne daß das Meer noch seinen Anteil daran hatte.
    Am Ufer des Sees, fand er den Körper des männlichen Vogels. Auch dieser war gewaltsam ums Leben gekommen, aber im Gegensatz zu seinem Partner hatte er seinen Gegner mitgenommen. Ein langes, mächtiges Reptil lag mit dem Bauch nach oben im Sand, den Schwanz im Wasser, die Augen zwei blutige Höhlen, die Eingeweide ein gähnendes Loch. Geronnenes Blut am Schnabel und an den Krallen des Vogels verrieten die Wildheit seines Angriffs, den er hier an der Grenze der Reptiliendomäne geführt hatte. Aber die verstreuten Federn und das Blut auf seiner Brust zeigten an, daß die Zähne des Krokodils nicht nur nach der leeren Luft geschnappt hatten.
    Hätte das Reptil das Wasser erreicht, bevor der Vogel angriff, würde es den Kampf leicht gewonnen haben. Aber das war nicht der Fall gewesen, vielleicht wegen der Wunden, die der weibliche Vogel geschlagen hatte. Nun waren alle drei Kämpfer Nahrung für die versammelten
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