Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manner Lieben

Manner Lieben

Titel: Manner Lieben
Autoren: Hanna Julian
Vom Netzwerk:
Vertrauen immer noch nicht ganz wieder hergestellt war.
    „Vielleicht sollte ich besser gehen", überlegte Raphael laut. Der andere schüttelte den Kopf und erwiderte: „Hauptsache der Schirm ist weg. Sie wird schon kommen. Schade, dass ich kein Leckerli dabei habe."
    Raphael griff in die Tasche, zog den Keks hervor und schützte ihn mit der zweiten Hand vor dem Regen. „Ginge der hier?"
    Der Hundebesitzer betrachtete den Keks einen Moment, dann nickte er eifrig: „Der wäre perfekt. Kira liebt Kekse." Solange sie keinen Kaffee dazu wollte, würde es dann wohl funktionieren. Raphael reichte dem Mann das Gebäckstück. Als ihre Finger sich berührten, lächelte der Fremde plötzlich. Ein kleiner Schauer durchfuhr Raphael, der nichts mit dem kalten Regen zu tun hatte.
    Sofort wandte der Mann sich wieder dem durchnässten Hund zu, der sich abermals ein Stück ins Gebüsch zurückgezogen hatte.
    „Schau mal, Kira, was wir hier für dich haben", lockte der gut aussehende Kerl nun mit der verführerischsten Stimme, die wohl je einem Hund zuteilgeworden war.
    Raphael wurde ganz schummrig von dem Locken — irgendwie klang das hypnotisierend. Ob der andere doof gucken würde, wenn er sich nun den Keks wieder aus dessen Hand schnappen würde - mit dem Mund natürlich!
    Raphael riss sich zusammen. Immerhin hatte der sturmerprobte Fremde in der Mehrzahl gesprochen, was darauf schließen ließ, dass Raphael nach seinem Geschenk wirklich nicht mehr unwillkommen war.
    Im Gebüsch tat sich etwas. Kira robbte aus den Büschen, die lange Leine folgte ihr und blieb dann an einem der stärkeren Äste hängen, sodass der Hund nicht mehr vorankam. Ohne zu zögern, stapfte Raphael ins Gebüsch und befreite die Leine, worauf der Hund voranpreschte und sich statt des Kekses erstmal das Gesicht seines Herrchens vornahm. Er schleckte ihm den Regen hemmungslos von der Nase, und Raphael erkannte endlich die Vorzüge, die es hatte, ein Hund zu sein. Als die Hand des Besitzers ein paar Mal streichelnd durch das nasse schwarz-weiße Fell geglitten war, schnappte sich Kira ganz vorsichtig den Keks, und schwupps, weg war er! Neugierig betrachtete die Hündin ihr Herrchen, ob er noch mehr davon hervorzaubern konnte. Der zeigte seine leeren Handflächen, die nun ebenfalls abgeschleckt wurden.
    Dass Derrick ihm die Finger ableckte, war eher selten, dachte Raphael, obwohl, wenn er eine Thunfischdose öffnete und ihm die Brühe über die Hände lief, dann sollte es wohl klappen. Für einen Keks würde sein Kater jedenfalls nicht so ein Spektakel veranstalten.
    Der Fremde lachte erleichtert und griff nach der Leine.
    „So, dann wollen wir mal", sagte er in Aufbruchstimmung. Er drehte sich zu Raphael um.
    „Danke für Ihre Hilfe, für den Keks und ähm ... den Schirm." Raphael lächelte schief.
    Besagter Schirm lag immer noch ein paar Meter hinter ihm und nun war es wohl an der Zeit, ihn zu holen, auch wenn er jetzt nur noch wenig von Nutzen war.
    „Hab ich gerne gemacht", erwiderte er und versank für einen Moment in den braunen Augen. Er konnte sein Glück kaum fassen, als der Hundebesitzer fragte: „Kann ich mich bei Ihnen vielleicht mit einem Kaffee bei mir Zuhause bedanken?" Dann presste der Mann kurz die Lippen aufeinander, verdrehte die Augen und sagte: „Ich bin ein Idiot. Sie kommen ja sicher gerade aus dem Cafe, da hat mein Angebot wohl nur wenig Reiz."
    Raphael war für einen Moment sprachlos, dann brachte er hastig hervor: „Doch, das hat eine Menge Reiz für mich. Äh ... Der Kaffee ... Bei Ihnen."
    Die peinliche Stille wurde nur vom heftigen Klappern eines Metallschildes unterbrochen, das für Eis warb. Schließlich streckte der Mann die Hand aus und sagte: „Thilo Westkamp." Raphael ergriff sie und erwiderte: „Raphael Engel." „Engel?", wiederholte der andere lächelnd.
    Raphael war diese Reaktion durchaus gewohnt und nickte nur bestätigend.
    „Der Engel mit dem rettenden Keks", sagte Thilo, und es klang nicht im Geringsten spöttisch. Dann fuhr er gestikulierend fort: „Ich wohne nur ein paar Straßen weiter. Das ist auch der Grund, warum ich hier mit Kira zum Tierarzt gehe, obwohl es bessere gibt. Aber bei diesem brauche ich nicht mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Kira hasst es, zu fahren."
    Raphael lachte auf. „Gibt es auch etwas, das sie nicht hasst, außer Keksen?"
    Auch Thilo lachte nun, zog den durchnässten Kragen etwas höher und sagte: „Ja, einiges. Wenn es Ihnen recht ist, dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher