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Manner Lieben

Manner Lieben

Titel: Manner Lieben
Autoren: Hanna Julian
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Ahmet ebenso unpassend und unnatürlich waren, wie der kurze Ausflug eines Schmetterlings, den es zu einem Maschinengewehr zog. Mit dem Unterschied, dass man ihm selbst sinnbildlich die Flügel ausreißen und seinen Körper im Sand zertreten würde, wenn je jemand erführe, wie es in seinem Inneren aussah. Das Problem war nur, dass er es nicht abstellen konnte, wie sehr er sich auch bemühte — und wenn er ehrlich zu sich selbst war, wollte er es auch gar nicht.
    Yusuf konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe.
    Es sollte Kameraden geben, die sogar auf Eichhörnchen schossen, die sich über die unsichtbare Grenze wagten.
    Vermutlich töteten sie die Tiere aus Langeweile.
    Yusuf selbst empfand eine tiefe Abneigung dagegen, und er war froh, dass Ahmet ein Kamerad war, der wohl ähnlich dachte, denn dieser schien nur Menschen gegenüber einen Groll zu hegen. Manchmal fühlte sich Yusuf deswegen beinahe schuldig, obwohl er sich keiner realen Schuld gegenüber Ahmet bewusst war.
    Bis auf die eine natürlich.
    Wenn Ahmet auch nur ahnen würde, dass Yusuf ihn begehrte, dann wäre dies ganz sicher eine Schuld, für die der andere das Recht hätte, ihm den Schädel einzuschlagen. Yusuf biss sich erneut auf die trockene Lippe. Sie begann zu bluten, unwirsch wischte er mit der Hand darüber.
     
    Ahmet nahm plötzlich Haltung an. Sein Blick war auf die Straße gerichtet, hinter deren Biegung ein Auto auftauchte. Das Fahrzeug näherte sich. Ein deutsches Fabrikat, das vermutlich über eine Klimaanlage verfügte, denn alle Fenster waren geschlossen. Der Fahrer nahm die Haarnadelkurve geradezu vorbildlich. Die Kinder im Font richteten ihre Finger wie Pistolen auf die Soldaten.
    Yusuf hob spielerisch den Lauf des Gewehrs, die Kinder lachten, sich nicht darüber bewusst, wie grotesk hier Spiel und Ernst vermischt wurden. Der Wagen verschwand auf dem geschlängelten Weg, der die Touristen an den herrlichen Kiesstrand führte.
    Yusuf wollte nicht darüber nachdenken, er konzentrierte sich darauf, nicht den Staub einzuatmen, den der Wagen aufgewirbelt hatte.
    Auch Ahmet hatte den Kopf abgewandt und die Lider geschlossen.
    Yusuf wagte einen Blick auf die Lippen des anderen Mannes. Er stellte sich vor, wie wundervoll es wäre, sie zu küssen. Und er malte sich aus, wie Ahmets Augen sich genießerisch schließen würden, wenn er den Körper des attraktiven Mannes mit Küssen bedeckte.
    Yusuf würde sich dessen Brust vornehmen; die Brustwarzen mit seiner Zungenspitze umkreisen, um sie dann hart zwischen seine Lippen zu saugen. Vielleicht dürfte er sogar vor Ahmet auf die Knie gehen, um sich von dessen Bauchnabel abwärts zu küssen, bis er das dunkle Schamhaar erreicht hätte. Ahmet würde dann gewiss darauf bestehen, dass Yusuf sich seiner Erektion annähme. Er würde es genießen und seinen Kopf von Ahmets Händen in die richtige Richtung drängen lassen, um ihn sinnlich mit seinem Mund zu verwöhnen.
    Yusuf spürte, dass die Gedanken ihm ein handfestes Problem bescherten.
    Ahmet hatte die Augen inzwischen wieder geöffnet und griff zu der Feldflasche, die sie in den Schatten gestellt hatten. Er öffnete sie und trank ein paar gierige Schlucke, bevor er sie Yusuf zuwarf. Als dieser sie an den Mund hob, zitterte er leicht bei dem Gedanken, nun doch über diesen Umweg von Ahmets Lippen zu kosten. Sein Körper reagierte mit einem Fieber, dem er nichts entgegensetzen konnte.
    Seit einer Woche ging das nun schon so, und mindestens eine weitere Woche würden sie hier noch abkommandiert sein. Yusuf war emotional völlig hin-und hergerissen, wenn er darüber nachdachte. Es war schön, Ahmet so nahe sein zu können, aber es war auch gefährlich ... viel zu gefährlich!
    Ahmet selbst schien es völlig egal zu sein, wo er sein Dasein fristen musste. Er befolgte Befehle wie eine Maschine. Seine Hände waren schwielig von der Arbeit auf den Feldern, die er bereits als Kind hatte verrichten müssen.
     
    Einmal hatte Yusuf einen Blick auf seinen Rücken erhascht, als Ahmet in ein neues Hemd geschlüpft war — er war übersät mit Narben. Es war müßig, Ahmet zu fragen, ob er als Kind oft geschlagen worden war. Nein, er war nicht nur geschlagen worden ... man musste ihn halb tot geprügelt haben. Yusuf selbst hatte ebenfalls oft Prügel bezogen, doch kein einziger Schlag hatte solche Spuren bei ihm hinterlassen. Er wagte sich kaum vorzustellen, welche Qualen Ahmet hatte durchleiden müssen. Kein Wunder, dass dieser hier nicht viel zu entbehren
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