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Manner Lieben

Manner Lieben

Titel: Manner Lieben
Autoren: Hanna Julian
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haben", wies Chris seinen Fotografen Rick Carter an, der ihm rasch gefolgt war. „Ja, das ist perfekt", entschied Chris, dann sah er sich erneut um, während Rick seine Kamera ausrichtete. Als Chris den grauhaarigen Leiter der Galerie entdeckte, eilte er zu ihm.
    „Verzeihen Sie, Dr. Johnsson, ich bin Christopher O'Gehry vom Magazin Art'n live. Ich würde gerne ein Interview mit dem Künstler führen, aber ich konnte Mr Marriott bisher leider noch nicht ausfindig machen."
    „Das liegt daran, dass er nicht hier ist", erwiderte der Galerieleiter knapp.
    „Er bleibt seiner eigenen Ausstellungseröffnung fern? Aber das ist sein Abend! Ist er erkrankt?", fragte Chris überrascht. „Nein, er ist nicht krank. Er ist extrem menschenscheu und hat mir diese Tatsache erst heute Nachmittag mitgeteilt. Es tut mir leid, Mr. O'Grady, aber ich bin ziemlich beschäftigt." „O'Gehry", korrigierte Chris, während Dr. Johnsson bereits davonging.
    Chris sah sich nach dem Fotografen um und griff sich erst einmal zwei Sektgläser, die von einer jungen Frau mit einem charmanten Lächeln angeboten wurden. Eines der Gläser reichte er Rick, der ihn fragend ansah. „Was ist mit dem Interview?"
    „Es gibt kein Interview. Der Künstler hat es vorgezogen, zu Hause zu bleiben, während er gefeiert wird." Sein Blick wurde düster. „Ohne Interview kann ich unmöglich einen Artikel schreiben. Bei solchen Bildern wollen die Leser wissen, was der Künstler sich dabei gedacht hat. Ich meine, sieh dir das da mal an. Das mit dem Titel „Koyotenfutter", er deutete auf besagtes Bild. Es war ausschließlich in Grautönen gehalten. Perspektive und Bildtiefe waren so geschaffen, dass der Betrachter förmlich in das Kunstwerk gezogen wurde. Und kaum war dies geschehen, fand er sich in der Position des Mannes wieder, der als Motiv im Zentrum des Gemäldes stand. Einsam, winzig klein im Vergleich zu den scheinbaren Urgewalten aus Formen und dem Fächer aus Graustufen, schien er schutzlos und unbedeutend, obwohl doch er den eigentlichen Mittelpunkt des Bildes darstellte.
    Chris zog eine Augenbraue hoch und sagte an Rick gewandt: „Ich interpretiere das mal als Marriotts Art, New York und sich selbst darin darzustellen."
    Der Fotograf nippte nachdenklich an seinem Glas und erwiderte nach einer Weile: „Kann sein, aber ehrlich gesagt, würde ich es darauf nicht ankommen lassen. Es wäre besser, du fragst entweder Marriott selbst nach seinen Gedanken und Vorstellungen, oder du lässt den Bericht sausen."
    „Einen Bericht sausen lassen? Ich?!", fragte Chris herausfordernd.
    Rick zuckte mit den Schultern. „Wie willst du es anstellen, das Interview doch noch zu bekommen?"
    „Ich werde ihn besuchen gehen. Mal sehen, ob ich den viel bestaunten Künstler so nicht dazu bekomme, ein paar Worte mit mir zu wechseln."
    Rick lachte. „Soll ich dich begleiten, falls du rausbekommst, wo er wohnt?"
    Chris winkte ab. „Das lass mal lieber. Fotografen wirken wie Monster auf so scheue Typen." „Na, danke auch!", grummelte Rick.
    „Nimm's nicht persönlich. Liegt ja nur an dem fetten Teil, das du immer mit dir rumschleppst."
    Der Fotograf taxierte ihn und fragte: „War das jetzt eine deiner Anmachen, O'Gehry?"
    Chris grinste und erwiderte: „Nein, keine Sorge. Wenn mir ein Typ wirklich gefällt, lege ich mich schon etwas mehr ins Zeug." „Wie beruhigend", sagte Rick ironisch. Er deutete auf seine Kamera. „Dann werden mein fettes Teil und ich jetzt nach Hause gehen. Miranda wird sich freuen, dass ich früh zurück bin."
    „Macht euch einen schönen Abend, während ich mich abrackere", scherzte Chris.
    „Viel Glück", erwiderte Rick lächelnd, stellte sein Sektglas auf einen der Stehtische und verabschiedete sich. Chris schaute ihm hinterher. Rick sah wirklich alles andere als schlecht aus. Leider war er durch und durch hetero. Chris seufzte leise, dann versuchte er erneut, mit Dr. Johnsson ins Gespräch zu kommen.
    „Ich würde Mr Marriott gerne zu Hause aufsuchen. Ich könnte mir vorstellen, dass ihm das mehr zusagt, als eine Menschenmenge auf einer Vernissage. Und vermutlich auch mehr, als ein negativer Artikel über seine Arbeit, der auch die Galerie in ein schlechtes Licht rücken würde, falls ich nicht die Gelegenheit erhalte, mir ein besseres Bild über sein Werk machen zu können."
    Der Galerieleiter verstand den Fingerzeig sofort. „Er ist ein wirklich beachtenswerter Maler. Es ist bedauerlich, dass er Beachtung jedoch so sehr ablehnt, dass er
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