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Manner Lieben

Manner Lieben

Titel: Manner Lieben
Autoren: Hanna Julian
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werden kann. Das Gleiche in Grün wie bei dir vermutlich." Raphael war erstaunt, als Thilo plötzlich freudlos schnaubte. „Ja, so hatten meine Frau und ich uns das vorgestellt. Meine ExFrau und ich. Hat nicht so ganz geklappt. Wir haben sehr früh geheiratet und waren voller Träume. Nur dass das irgendwie nicht hingehauen hat."
    Thilo sah zu dem Hochzeitsbild und dann auf seine Hände, die er nun betont locker in seinen Schoß gelegt hatte. Die abweisende Haltung war gänzlich verschwunden und seine Stimme klang schwach, als er erläuterte: „Da stimmte von Anfang an etwas nicht. Sie und ich, das war . Wir kannten uns schon von Kindesbeinen an und ich glaubte irgendwann, dass unsere Ehe nicht funktionierte, weil sie für mich wie eine Schwester war. Ich glaubte das, solange bis ...", er verstummte. Plötzlich stand er auf und ging ein paar Schritte durchs Wohnzimmer. Raphael betrachtete ihn erstaunt.
    Nun hatte Thilo eindeutig etwas Verwegenes, denn der Mann kämpfte eine Schlacht gegen sich selbst, die greifbar in der Luft lag. Raphael hoffte, dass Thilo es schaffen würde, sich den Kummer von der Seele zu reden.
    Plötzlich blieb Thilo stehen und sein Gesicht zeigte Entschlossenheit.
    „Ich glaubte, es läge daran, dass Karin für mich wie eine Schwester war . Bis ich merkte, dass keine Frau für mich emotional gesehen mehr als eine Schwester ist. Also . ich meine . ach, Scheiße!"
    In Raphaels Kopf spielte sich in Sekundenschnelle ein ganzer Film ab. Thilo, der früh heiratete, nur um festzustellen, dass er mit Frauen nur wenig anfangen konnte. Scheidung. Die Suche nach sich selbst. Plötzlich dämmerte Raphael, dass Thilo hier gerade vor ihm an seinem Coming Out arbeitete. Und nun verschränkte er erneut die Arme vor der Brust. Kein Zeichen von Ablehnung, sondern von Unsicherheit.
    Raphael erkannte all das bei Thilo wieder, was er selbst einmal durchlebt hatte. Thilo war zutiefst verunsichert, und das, obwohl er bereits so viel Bestätigung von Raphael erhalten hatte. Der Kampf mit sich selbst war jedoch noch nicht abgeschlossen — er begann gerade erst, und er rührte Raphael auf eine Art, die ihn völlig unter Strom setzte.
    Das Fenster hatte es Thilo plötzlich angetan, er starrte hinaus, als gäbe es dort Johnny Depp nackt zu sehen — okay, Raphael räumte gedanklich ein, dass der Vergleich vielleicht ein wenig subjektiv gewählt war.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass ich wirklich einer vom anderen Ufer bin. Und jetzt kommst du daher, sprichst mich an und ich bin ... keine Ahnung."
    Thilo klang wütend und zugleich auf eine hilflose Art erregt, wie Raphael feststellte. Er entschied sich dazu, den Stier bei den Hörnern zu packen. Was hier fehlte, war offensichtlich ein kleiner Anstoß . ein Schubs in die richtige Richtung . ein mutiger Vorstoß, der klar machte, ob Ja oder Nein.
    Sei es bewusst oder ohne Absicht, Thilo verlangte nach Gewissheit, die er alleine einfach nicht in der Lage war, zu erreichen. Egal wie es ausging, Raphael war bereit, den Schritt zu tun, um den Thilo offensichtlich nicht bitten konnte. Er erhob sich aus dem Sessel und näherte sich seinem Gastgeber vorsichtig. Dieser sah immer noch angestrengt aus dem Fenster, obwohl seine Körpersprache verriet, dass er die Annäherung wahrgenommen hatte. Raphael spürte die ambivalenten Gefühle Thilos, die ein deutliches Komm-her-bleib-weg signalisierten — er legte seine Hand auf dessen Schulter.
    Thilo zuckte zusammen, und Raphael war klar, dass er sich nicht zum ihm umwenden würde. Umso mehr versuchte er, auf Thilos nonverbale Kommunikation zu achten, um sich zurückzuziehen, falls sein Vorstoß tatsächlich nicht erwünscht war. Er führte seine zweite Hand sanft an Thilos Hüfte. Eine lockere Berührung, die dem anderen jeglichen Freiraum ließ, und die doch zwischen zwei Männern weit mehr als nur eine freundschaftliche Geste war. Einen Moment verharrten sie so. Raphael spürte, dass Thilos Jeans immer noch feucht vom Regen war. Auch das Hemd war klamm.
    Entschieden fasste Raphael den anderen nun mit beiden Händen bei den Schultern und zwang ihn mit sanfter Gewalt, sich zu ihm umzudrehen. Thilo wich seinem Blick aus, die Augen auf einen Punkt an der hinteren Wohnzimmerwand gerichtet. „Du hast mich gefragt, wie es ist, schwul zu sein. Ich werde es dir sagen — doch noch lieber möchte ich es dir zeigen." Raphael griff nach dem obersten Knopf von Thilos Hemd und öffnete ihn.
    „Wenn ich jemanden sehe, der mir gefällt, dann
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