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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang
Autoren: Gitta von Cetto
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geschäftlichen Mitteilung fort: »Wissen
Sie, daß auch ich eigentlich gekommen bin, um mir Jeannette als Frau zu holen?«
Sein Gesicht nahm den Ausdruck eines besorgten Arztes an. Er wandte sich an
Jeannette. »Bist du auch sicher, daß du richtig gewählt hast?«
    Jeannettes Züge belebten sich.
In ihre Augen kam das alte belustigte Funkeln. »Du meinst, daß ich mit Sami
Korthes vielleicht besser fahren würde?«
    »Genau.«
    Jeannette hakte sich bei Ronald
ein und lehnte den Kopf gegen seine Schulter. »Ich kann es nicht ändern. Sie
muß einmal ausgetragen werden, diese Sache mit Roni und mir. Wir haben beide so
lange an unserem Schicksal herumgebastelt, daß jetzt endlich einmal etwas
Konkretes geschehen muß. Ich glaube, wir könnten nicht ruhig ins Grab sinken,
wenn wir uns das Experiment unserer Ehe entgehen ließen. Wir müssen endlich
einmal wissen, ob unsere Vorstellungen voneinander ein Hirngespinst waren, oder
ob wir wirklich sehr glücklich miteinander leben können.«
    »Der langen Rede kurzer Sinn:
du gibst mir einen Korb.« Sami Korthes hob bedauernd die Schultern. »Das trifft
mich hart, Jeanni«, sagte er betrübt, und es war nichts Gespieltes an dieser
Geste, es war die ehrliche Reaktion auf eine große Enttäuschung. Ronald
bewunderte die Art, wie er seine Niederlage hinnahm. Er mußte sich eingestehen,
daß er an diesem sympathischen Burschen einen beachtenswerten Gegenspieler
hatte. »Es tut mir leid, Mr. Korthes, ich wußte nicht...«
    Korthes unterbrach ihn mit
einer Handbewegung. »Ach was, zum Teufel, ich habe eben verspielt. Aber sagen
Sie bitte nicht Mr. Korthes zu mir, nennen Sie mich Sami.«
    Sie schüttelten sich die Hand.
»Ich hoffe, ich sehe Sie noch oft, Sami, hier und in Deutschland.«
    Korthes umarmte Jeannette
flüchtig und küßte sie auf die Stirn. »So long, Jeanni. Ich gehe jetzt in eine
wüste Kneipe und betrinke mich.«
    »Aber laß die Hände vom Steuer,
nimm ein Taxi«, beschwor ihn Jeannette.
    »Gut, ich verspreche es. Wenn
mir dann später besser ist, komme ich zurück. Bitte, verfüge dann über mich,
wenn du mich brauchst.«
    Sami Korthes verließ das Zimmer
mit einem vagen Gruß. Jeanette stand immer noch Arm in Arm mit Ronald. »So ist
er. Morgen wird er anrufen, und er wird seinen Anwalt und seine Bank
mobilisieren und seine Beziehungen zur Presse spielen lassen, um mir zu helfen.
Er ist ein wunderbarer Verlierer.«
    »Hör zu, Jeannette: ich habe
bis vor einer halben Stunde noch nichts von der Existenz Sami Korthes’ gewußt.
Ich würde ihn gern unausstehlich finden, aber leider kann ich das nicht. Ich
hätte gern eine harte Sprache mit ihm gesprochen, aber es geht einfach nicht,
mit so einem netten Kerl kann man nicht umspringen wie mit einem Ekel. Ich bin
ein bißchen eifersüchtig, auch neidisch, weil er zehn Jahre jünger ist als ich.
Ich erkenne seinen Charme an und seine Hilfsbereitschaft, aber da ist eine
Sache, die kann ich ihm nicht zubilligen: er soll deine Angelegenheiten nicht
in die Hand nehmen. Laß mich das machen, Jeannette, mich ganz allein. Ich
möchte dich ‘raushauen aus deinen ganzen Schwierigkeiten, ich möchte endlich
einmal verantwortlich sein für dich. Verstehst du das?«
    »Roni.« Sie holte tief Atem.
»Ich bin so glücklich, wie ich es gar nicht sagen kann.«
    »Ich auch. Weißt du, als Goggi
heiratete, wurde mir plötzlich ganz herbstlich zumute. Aber jetzt ist es wieder
Sommer.«
    »Ja, komisch.« Sie legte die
Arme um seinen Hals. »Mit all den Falten im Gesicht, mit einer erwachsenen
Tochter, mit drei mißlungenen Ehen, mit einem Massengrab von Wünschen — —o
Roni!«
    Sie küßten sich, und es war wie
der erste Kuß, ein Zurückfinden zu einem sehr vertrauten Geheimplatz im Land
ihrer Jugend.
     
     
     

15
     
    Die nächsten Tage verbrachte
Ronald mit dem, was er Schuttaufräumen nannte. Er leitete die Liquidierung von
Henry Bonnards Hinterlassenschaften ein. Er hatte Sami Korthes’ Hilfe
liebenswürdig, aber entschieden abgelehnt, und Sami hatte begriffen, worum es
ging. Ronald wollte Jeannette zeigen, was für ein Kerl er war. Er kämpfte um
ihre Anerkennung, und das leuchtete ihm ein.
    Sami dinierte mit Jeannette
noch einmal allein und gestand ihr mit ehrlich betrübtem Gesicht, wie
sympathisch er Ronald Gutting fände. »Es gab im Leben nur eine Frau für mich,
und das war meine Mutter. Und du siehst ihr so ähnlich, Jeanni, darum hänge ich
an dir. Eine andere Frau gibt es für mich nicht. Du bist schuld daran,
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