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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang
Autoren: Gitta von Cetto
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daß Mr.
Korthes vorzüglich aussah und daß er kaum vierzig Jahre zählen mochte. Außerdem
nannte er Jeannette »mein armer Liebling« und hatte in seiner Art zu sprechen
etwas außerordentlich Gewinnendes. Ronald war zu ehrlich, diese positiven
Eigenschaften zu übersehen.
    Jeannette schenkte Sami Korthes
ein Lächeln. »Du bist wunderbar, Sami, ich danke dir, daß du so rasch gekommen
bist.« Sie machte die beiden Männer miteinander bekannt. »Ein sehr alter, sehr
sporadisch auftauchender Freund«, setzte sie bei Ronald hinzu.
    Ronald und Sami maßen einander
mit dem abschätzenden Blick der Rivalen. Sie reichten sich die Hände. Ronald
zeigte auf die Flaschen. »Darf ich Ihnen etwas eingießen, Mr. Korthes?« Er
wollte damit bekunden, daß er sich hier zu Hause fühlte.
    Aber Sami Korthes entging diese
Feinheit. Er sagte: »Sehr liebenswürdig. Darf ich um ein Glas Kognak bitten.«
    Ronald mischte sich einen
zweiten Campari mit Soda. Jeannette zerbiß schweigend eine Salzmandel. Sie
hatte ihr Glas erst zur Hälfte geleert.
    Sami Korthes brachte das
Gespräch ohne Umschweife auf Henry Bonnard, auf die unglücklichen Umstände
seines Todes und den finanziellen Wirrwarr, den er hinterlassen hatte. Er
sprach über all diese Dinge mit der nüchternen Unbekümmertheit des Amerikaners,
der klare Sachlichkeit über Pietät setzte. »Ich habe ihm immer gesagt, daß er
einmal ein böses Ende nehmen würde. Er hätte lieber mit mir nach Alaska fahren
und jagen sollen, als sich für nichts und wieder nichts den Kopf einschlagen zu
lassen. Arm Henry, ich konnte ihn verdammt gut leiden.«
    Er wandte sich mit einem
ehrlich betrübten Gesicht Ronald zu. »Was sagen Sie zu dem Schlamassel? Henry
war im Grunde doch ein guter Kerl.«
    »Ich kannte ihn leider nicht.«
    Korthes wurde stutzig. »Oh?
Aber ich darf doch annehmen, daß Sie orientiert sind.«
    »Zum Teil. Ich bin erst seit
einer halben Stunde hier. Ich kam mit dem Flugzeug aus Madrid.«
    »Haben Sie Geschäfte in Rio?«
    »Ja. Unaufschiebbare.«
    Ronald steckte sich eine
Zigarette an und sah durch den Rauch Jeannettes geliebtes Gesicht. Er merkte,
daß er es vorhin in der ersten Wiedersehensfreude durch eine rosa Brille
betrachtet hatte. Jetzt hatte er ein Frauengesicht vor sich, das gezeichnet
war, abgespannt, nicht mehr erpicht darauf, immer wieder von vorn anzufangen.
Diese Feststellung erleichterte ihn. Er hatte die Pflicht, Jeannette vor einer
Unüberlegtheit zu bewahren, sie war einfach nicht mehr jung genug für Sami
Korthes.
    »Und welcher Art sind Ihre
Geschäfte, ohne indiskret sein zu wollen? Vielleicht haben wir ähnliche
Interessen. Ich mache in Baumwolle und mexikanischen Fleischkonserven.«
    Dieser Sami Korthes war ein
großer Junge, der händereibend, geschäftemachend, jagend, gut essend und gut
trinkend durchs Leben ging. Er war zu gut zu leiden, um ärgerlich auf ihn zu
sein. Ronald überlegte, wie er reinen Tisch machen sollte.
    »Wissen Sie, Mr. Korthes, ich
habe hier keine Geldgeschäfte, ich will ein Geschäft mit dem Zufall machen, der
mir eine Chance gibt, vielleicht auch ein Geschäft mit dem Himmel, oder nennen
Sie es Schicksal oder sonstwie.« Er sprach feierlich, und Korthes, der kein
Wort begriff, warf einen besorgten Blick auf das Glas, das Ronald zum
drittenmal gefüllt hatte.
    Bevor er weiterreden konnte,
berührte Jeannette ihn am Arm. Sie nickte ihm zu. »Laß mich das erledigen,
Roni, ich mach das einfacher und für Sam verständlicher.«
    Die Blässe unter dem leichten
Rouge, das sie aufgelegt hatte, ließ ihre Augen noch dunkler erscheinen. Jetzt
sah sie wieder viel jünger aus als wenige Minuten zuvor.
    »Die Sache ist nämlich die,
Sami: es besteht da ein uraltes Eheversprechen zwischen Roni und mir. Wir
wollen eigentlich seit mehr als zwanzig Jahren heiraten, aber wir haben es uns
immer verpatzt. Roni ist herübergekommen, weil er glaubt, daß wir es diesmal
schaffen.«
    Sie legte die Spitzen ihrer
unberingten Finger zusammen und dachte kurz nach. »Ich teile seinen Optimismus.
Ich finde, was man sich einmal vorgenommen hat, das soll man auch durchführen.«
    »Oh, was für eine
Überraschung«, rief Korthes, und auf seiner Stirn zeigten sich dunkle Flecken.
Aber er faßte sich im nächsten Augenblick und sah Ronald mit Neugier und
ehrlicher Bewunderung an. »Ich hatte keine Ahnung von dieser lebenslangen
Romanze. Ich gratuliere Ihnen«, sagte er und schüttelte Guttings Hand. Dann
fuhr er im Tonfall einer vertraulichen
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