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Mann der 1000 Namen

Mann der 1000 Namen

Titel: Mann der 1000 Namen
Autoren: A. E. van Vogt
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langsam tun, damit er nicht aufmerksam wird!
    Steven rollte den Bröhm-Körper auf den ausgestreckten Arm und schaltete die Nachttischlampe ein.
    »Was ist los?« fragte Lisa mit ehrlicher Verwirrung. »Was hast du denn?«
    Steven umklammerte ihre Rechte und setzte sich auf. Er nahm ihr das Messer ab, das sie offenbar unter ihren abgelegten Kleidungsstücken neben dem Bett hervorgezogen hatte.
    Erst jetzt begann sie sich ein wenig verspätet zu wehren. »Laß mich los! Was willst du? Woher hast du das Messer? Bitte tu mir nichts ... Bitte!«
    Steven stand auf und legte das Messer auf eines der hohen Regale. Dann durchsuchte er hastig und mit zitternden Händen ihre Sachen. Die ganze Zeit war er sich ihres Weinens und ihrer flehenden Stimme bewußt – und auch, daß sie in aller Wahrscheinlichkeit unschuldig war.
    Man hat sie hierhergeschickt, um mich umzubringen, dachte er. Ein analysierender Teil seines Gehirns sagte ihm: Das war Mutter persönlich. Ein weiterer Gedanke kam ihm. Er sollte herausfinden, wie sie an das Mädchen gelangt waren.
    »Beruhige dich«, murmelte er und legte sich wieder neben sie. »Jemand hat dich hypnotisiert und den Auftrag gegeben, mich zu besuchen und umzubringen.«
    »Nein, nein!«
    »Du hattest das Messer in der Hand, als ich das Licht andrehte. Also fangen wir dort an. Erinnerst du dich, daß du danach gegriffen hast?«
    »Nein, nein!«
    »Nimm dich zusammen!« knurrte er. »Denk nach. Was hat dich dazu bewogen, heute nacht hierher zu kommen?«
    »Mir – mir wurde plötzlich klar, daß ich dir nicht mehr böse sein konnte.«
    Steven fragte weiter. Widerwillig identifizierte Lisa das Messer. Es war Eigentum der Bar, in der sie arbeitete. Sie entsann sich nicht, es mitgenommen zu haben.
    Amnestie. »Mutter«, hatte es ausgenutzt, daß Menschen hypnotisiert werden konnten. Steven, der sich früher mit Hypnose beschäftigt, sie aber bald als langweilig aufgegeben hatte, war ausnahmsweise einmal richtig interessiert, als er erkannte, daß Mutter offenbar nichts von seiner Aufnahmefähigkeit ahnte, was ihre geistigen Befehle anbelangt. Triumph erfüllte ihn, bis ihm die Befürchtung kam, daß er möglicherweise nur dann »mithören« konnte, wenn sie mit jemandem in Verbindung trat, den Mark Bröhm persönlich gekannt hatte. Was war, wenn sie mit einem Fremden verhandelte? Der vermochte ihn dann vielleicht einfach aus der Ferne zu erschießen.
    Er war zutiefst erschrocken, und zum erstenmal in seinem Leben kam ihm plötzlich die Idee, daß er anfangen müsse nachzudenken – ja, aber worüber?
    Neben ihm sagte die Frau: »Ich gehe jetzt wohl besser.«
    »Bleib liegen«, knurrte Steven, »und stör mich nicht, ich muß überlegen.«
    Ich muß mir etwas einfallen lassen, was Mutter betrifft, dachte Steven.
    Noch nie hatte jemand gewagt, Steven Masters auch nur anzudeuten, er brauchte einen Lebenszweck. Daß er überhaupt das College besuchte, war eine reine Laune von ihm. Und er blieb auch nur und graduierte sogar, weil er sich so allerhand herausnehmen konnte. Nicht, daß er dumm war, das mußten sogar seine Professoren zugeben, aber er dachte gar nicht daran, sich ernsthaft mit einer Arbeit zu beschäftigen. Masters sen. hatte ziemlich am Anfang seine Anwälte beauftragt, diskret herauszufinden, in welcher Höhe eine Spende die aufgeriebenen Nerven der Lehrerschaft beruhigen könnte. Es stellte sich heraus, daß jeder der Professoren ein Lieblingsprojekt hatte, das, wenn finanziell auf die Beine gestellt, es sogar wert war, über Gewissensbisse hinwegzusehen und Steven das Vorrücken und den Abschluß zu ermöglichen, denn schließlich würde er ja auch später ohnehin nie darauf angewiesen sein oder Wert darauf legen, sein nicht wirklich erworbenes Wissen praktisch zu verwerten.
    Was war nötig, Steven anzutreiben? Vielleicht ein ganz klein wenig das Bewußtsein, in einem Körper wie Bröhms zu stecken. Es setzte ihm das Ziel, wieder der echte Steven Masters zu werden. Allerdings war dieses Bewußtsein nicht sehr stark. Er zögerte zu planen – nach Mittend zurückkehren zu müssen. Eine vage Ungeduld mit seiner Lage beherrschte ihn, aber andererseits auch eine unbestimmte Erwartung, daß alles sich automatisch zu seinen Gunsten wenden würde.
    Er verscheuchte seine innere Unruhe, indem er der sich aus einer Mischung von Schuldgefühl und Angst widerspruchslos hingebenden Lisa seine unersättliche Leidenschaft aufzwängte. Schließlich gestattete er ihr jedoch zu gehen. Und nun war er
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