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Mann der 1000 Namen

Mann der 1000 Namen

Titel: Mann der 1000 Namen
Autoren: A. E. van Vogt
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überlegte er, wenn man einem fremden, noch dazu vierzehn Jahre älteren Körper steckt! O verdammt!
    Als er sein ungewohnt einfaches Frühstück zu sich nahm, kam ein grobgesichtiger, betont jovialer Mann auf ihn zu. Steven hatte ihn nie zuvor gesehen – und doch erkannte er ihn plötzlich. Das war der Wirt der Ellbogenfreiheit, wußte er mit einem Mal. Sein Name war Jess Reichter.
    Der gewichtige, schlechtgekleidete Mann grinste Steven an. »Hallo, Mark. Du stehst groß in der Zeitung. Bei uns blüht das Geschäft nur so, und ich muß immer wieder versichern, daß du bald zurück bist. Na, wie wär's? Und solange der Andrang anhält, zahl' ich dir sogar das Doppelte.«
    Eine ungeheure Beleidigung! Das werde ich dir noch heimzahlen! Steven öffnete den Mund. Etwas hielt ihn zurück. Vielleicht brauchte er dieses Großmaul noch, um hier herauszukommen? Außerdem hatte sein vertrottelter Vater ihm geraten, in die Ellbogenfreiheit zurückzukehren, dort würde er ihn dann sicher auch suchen, wenn die alte Dame ihn überzeugt hatte.
    »Mhm«, brummte er beherrscht.
    »Du warst immer ein kluger Kopf«, sagte Reichter bewundernd. »Aber diesmal hast du dich selbst übertroffen. Bleib bei deiner Geschichte, eh, Mark? Und beeil dich!« Hastig verließ er das Krankenzimmer.
    Der Besuch ließ ein unruhiges Gefühl in Steven zurück. Junge, dachte er, wenn der alte Trottel das Gequassel von wegen paranoider Delusion und so glaubt ... Allein der Gedanke, daß sein Vater nichts für ihn unternehmen würde, machte ihn krank. Denn dann würde er Mark Bröhm bleiben müssen. Mit seinen dreiundzwanzig Jahren steckte er nun in einem uralten häßlichen Körper von siebenunddreißig!
    Nach dem Mittagessen erklärte ihm eine Schwester, daß er entlassen würde. Erleichtert atmete er auf. Die Dinge könnten schlimmer sein, dachte er (ein für ihn ungewohntes Zugeständnis!). Auf Mittend wäre ich höchstwahrscheinlich Gefangener dieser Wilden.
    Doch seine gute Stimmung senkte sich erheblich, als man ihm beim Verlassen des Krankenhauses eine sofort zu bezahlende Rechnung über $ 1378,50 aushändigte. Eine gründliche Durchsuchung der Taschen und Geldbörse Bröhms brachte zwei Dollarscheine und achtunddreißig Cents in Münzen zutage, glücklicherweise aber auch zwei zerknitterte und fettfleckige Schecks der Nationalbank. Ohne zu zögern, füllte Steven einen der Schecks aus. An die Möglichkeit, daß Bröhm vielleicht gar nicht soviel Geld auf seinem Konto hatte, dachte er nicht – noch nicht.
    In der nächsten Telefonzelle suchte er nach der Adresse der Ellbogenfreiheit. Da die Kneipe nicht allzu weit entfernt war, machte er sich zu Fuß auf den Weg.
     

 
3.
     
    Steven spielte den Geistesabwesenden.
    Es war ein Trick, den er sich vor langem angewöhnt hatte, wenn es ihm langweilig war und er die Zeit totschlagen wollte. Er hatte ihn auch benutzt, um sich selbst vorzumachen, daß er gar nicht anwesend war, selbst wenn sein Körper sich hier befand.
    Er trug Bier- und Schnapsgläser auf Tabletten und bewegte sich wie ein Schlafwandler. Er sprach mit tonloser Stimme. Er nahm Bestellungen entgegen und gab sie unbewegt an den Wirt weiter. Und er sagte, »ja, Sir« und »nein, Sir«, als wäre es ein Spiel.
    Erstaunlicherweise schien es niemanden zu stören, noch fand man sein Benehmen ungewöhnlich. Grinsende Gäste neckten ihn: »Na, ist dein Alter schon in seinem Rolls-Royce vorgefahren, Mark?« »Hast du deinen Anteil an seinen Milliarden bereits bekommen, Mark?« »Mark – oder soll ich Steven sagen –, was wirst du machen, wenn ...?« Und so weiter, bis zum Übelwerden.
    Steven ließ die Andeutungen ganz einfach nicht in sein Bewußtsein dringen. Er hatte einen Grund, hier zu sein. Draußen war es kalt, und hier herinnen warm. Und wo sollte er schon hin? Natürlich hatte er gewußt, daß die armen Narren arbeiten mußten, und das hatte er auch weidlich ausgenutzt. Und nun, zumindest ein paar Stunden lang, war er ebenfalls ein armer Narr.
    So verging der Nachmittag, der Abend und der größte Teil der Nacht. Gegen zwei Uhr verließ der letzte Gast das Lokal. Reichter fummelte noch eine Weile hinter der Theke herum. Er holte das Geld aus der Kasse, zog sich einen Mantel über und schritt auf die Tür zu. »Falls du es nicht wissen solltest, Mark«, er grinste, »du hast das Bett im Hinterzimmer.«
    »Okay«, brummte Steven.
    »Dann gute Nacht«, wünschte ihm der wohlbeleibte Wirt. Er drehte sich vor dem Hinausgehen noch einmal
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