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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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genug hat, um uns mal eben so fünfzehntausend in die Hand zu drücken, dazu muss ich nicht das Forbes -Magazin lesen.«
    »Das Forbes -Magazin ist ein englisch sprachiges Wirtschafts magazin, die beschäftigen sich nicht mit deutschen Schauspielern«, klärte mich der Mandel auf.
    »Du Hirsch! Du weißt, was ich meine«, sagte ich.
    Der Mandel nahm ein Stück Gulasch in den Mund.
    »Wir praktizieren die schwarzen Künste«, sagte der Mandel, immer noch mit dem Gulasch im Mund.
    »Wie bitte?«
    »Was wir da jetzt machen, also das Privatleben einer prominenten Person mit detektivischen Mitteln auskundschaften, das nennt man in England schwarze Künste. Dark arts.«
    »Schwarze Künste?«
    »Ja. Wenn zum Beispiel ein Spruch auf der Mailbox von Prinz Charles an die Öffentlichkeit gerät, wo Camilla ihm unterstellt, dass er eigentlich stockschwul ist, dann hat vermutlich ein Privatdetektiv die Leitung angezapft oder sich in das Telefon gehackt. Oder wie auch immer man das heutzutage anstellt.«
    »Aha«, sagte ich.
    »Im Auftrag irgendeines schmierigen Nachrichtenmagazins. Hochbezahlte Leute sind das. Aber der Ruf ist furchtbar.«
    »Der von den Detektiven?«
    »Ja, weil es eben schwarze Künste sind. Damit brüstet man sich nicht.«
    Eine Stunde später saß der Mandel, und das weiß ich, weil er es mir im Nachhinein erzählt hat, in seinem Auto und fuhr nach Hause in seine Wohnung nach Kreuzberg. Er hatte dort eine Tiefgarage, weil bei einem Audi war es nun mal brandgefährlich, den in der Wildnis abzustellen, selbst wenn es nur ein A4 war.
    Der Mandel wohnte am Chamissoplatz in einer großen Vierzimmerwohnung, wobei ich nicht weiß, wofür er vier Zimmer braucht. In einem typischen Altbau, wie ich ihn unerträglich finde. Ich selbst wohne in einem Fünfziger-Jahre-Haus tief im Westen, kompakt, gemütlich, überschaubar. Diese Möchtegern-Stadtpaläste mit den hohen Decken und dem Stuck können gerne die Neureichen samt ihren wöchentlichen Lieferungen Biogemüse aus dem Umland beziehen. Es geht allen nur noch um den Status. Niemand denkt mehr an die Gemütlichkeit. So eine hohe Decke ist furchtbar kalt und ungemütlich. Und wenn man alleine wohnt, wird es dadurch noch leerer in der Wohnung. Ich bin froh um diese Neubauten. Der Zweite Weltkrieg hat dieser Stadt nicht nur geschadet.
    Der Mandel suchte im Regal nach einer CD . In einem der drei Regale, die drei Wände von seinem Wohnzimmer totalitär einnahmen. So wie überhaupt der Tonträger an sich über die halbe Mandelsche Residenz herrschte. Im Wohnzimmer die riesigen Batterien aus CD s und im Schlafzimmer dann stapelweise Schallplatten.
    Der Mandel nahm eine ältere CD von DEMO und legte sie in den CD -Spieler. Spartacus . Ganz alte Nummer noch aus den Neunzigern. Der Tilmann klingt da original so wie der Rio Reiser.
    Todesstille in der Arena
    Lebenslänglich in deiner Hand
    So muss sich Spartacus gefühlt haben
    Als er vor dem Kaiser stand
    Der Mandel ließ das Lied und die nachfolgenden laufen, während er sich einen Beefeater-Gin mit Tonicwasser mischte. Gin und Tonic. Sein einziger Longdrink. Sonst nur Bier. Und wenn Gin, dann nur Beefeater. Aber Leute ab vierzig sind bei Vorlieben immer ein bisschen absonderlich. Weinkenner, Biogemüseanbauer, Gasgriller, Designermöbelbesteller, Golfspieler; je älter die Leute werden, desto mehr raffinieren sie ihren Geschmack und nerven andere Leute damit. Der Mandel war bei drei Dingen sehr eigen, und zwar schon eine ganze Weile vor vierzig, zugegeben. Das betraf seinen Beefeater, seine Armbanduhren und seine Frisur. Die Armbanduhr musste immer eine eklatant teure Marke sein, sollte aber nicht aufdringlich teuer ausschauen. Für den Mandel fing eine akzeptable Uhr bei siebenhundertfünfzig an und hörte bei dreitausend auf. Und weil der Mandel so höllisch auf seine Uhren aufpasste, ging auch nie eine kaputt. Trotzdem kaufte er sich jedes zweite Jahr eine neue, egal, ob er das Geld dazu hatte oder nicht. Und was die Frisur betrifft, da will ich mich eigentlich gar nicht lange darüber auslassen. Ich sag nur: alle vier Wochen zum Friseur und drei Wochen vorher Termin machen. An den Seiten kurz, vorne ein bisschen länger, eine Haarkur, eine Kopfhautmassage und eine Fönage, und selbst das Haarwachs lässt er sich von der Antje auftragen.
    Mit dem Beefeater-Tonic in der Hand und dem Tilmann im Lautsprecher stellte sich der Mandel ans Fenster und schaute vom fünften Stock aus auf den Chamissoplatz. So lange, bis das
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