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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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darstellte, sondern einen Ritterschlag. Nichtsdestoweniger war er einer von Mandels zahlreichen guten Bekannten bei Global Records und in Fachkreisen für die Modernisierung und die monetäre Renaissance von DEMO bekannt. Er hatte das Schlachtross Tilmann vor fünf Jahren nochmal richtig zum Geldverdienen rausgeschickt, als andere Plattenfirmen dachten, DEMO wären nur noch eine schlechte Angewohnheit auf Studenten-Partys.
    Waren DEMO früher eher eine linke Punkband mit einer Unmenge loyaler Fans gewesen, fanden sie sich mit ihrem ersten Album unter Urbaniaks Fittichen plötzlich mitten im Massengeschmack wieder. Abbruch war Nummer eins in den Albumcharts, fast ein ganzes Jahr lang. Dennis Horvath, dieser Regisseur, der zu der Zeit nur noch in den USA arbeitete, führte beim Video zu »Ewiges Leben« Regie, und eine gewisse Veronika Malleck spielte im Video die Gangsterbraut vom Tilmann. Der Rest ist – wie man so schön sagt – traurige Geschichte.
    Man kann nicht mehr ergründen, was genau an dem Erfolg das Verdienst vom Urbaniak war. Er war wohl nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Denn eigentlich waren DEMO genau wie damals Robokopp oder Traunstein längst eine Tour- und Merchandise-Maschine gewesen, auch ohne Major-Label. Das gnadenlose Verpulvern von Marketingbudgets durch Bauzaunplakatierung und ganzseitige Anzeigen in Männermagazinen brachte ihre Verkaufskraft auch bei Tonträgern und DVD s ans Tageslicht. Plötzlich hatten DEMO auch Anteil am berüchtigten Weihnachtsgeschäft, samt Greatest-Hits-Alben, und traten bei Wetten, dass … ? auf. Der Schulterschluss mit dem Boulevard war dem perfekten Timing des Videos zu »Ewiges Leben« zu verdanken. Die Malleck wurde seit dieser Zeit auf Kinopremieren und in Restaurants mit dem Tilmann gesichtet, und die Presse hatte ihr junges und wildes Traumpaar. Der Bildzeitung kam der Tilmann gerade recht. Hatte sie sich vorher einen Scheiß für die Band interessiert, gab der Tilmann als – Zitat – »Rockrüpel« jetzt eine schillernde Figur an der Seite der beliebten Malleck ab. Für die Spießer war er eine Reizfigur und für die anderen Lemminge endlich wieder ein großer deutscher Rockstar. Ab der Hochzeit dann sowieso Vollgasboulevard, was aber auch daran lag, dass der Tilmann und die Malleck einem anderen Magazin exklusive Fotos von der Hochzeit in einem kleinen, unaussprechlichen Ort bei Venedig verkauft hatten. Damit hatten sie quasi dem Klatschvampirismus eigenhändig Tür und Tor geöffnet. Alle wussten jetzt: Bei Tilmanns gibt’s was zu holen. Und wenn auch nicht ganz so freiwillig, war der Tilmann immer für ein paar Schlagzeilen wegen seiner Ausraster auf Tour gut. Manchmal denke ich, die Presse hat das exzessive Dasein vom Tilmann nicht nur ans Tageslicht gezerrt, sondern es überhaupt erst hervorgerufen. Manchmal denke ich, der Tilmann hat damit erst angefangen, nachdem die Presse auf ihn aufmerksam geworden ist.
    Und der Urbaniak war all die Zeit hinter seinem Schreibtisch mit Flussblick gesessen wie der Sonnenkönig höchstpersönlich und hatte Erfolgsmeldung um Erfolgsmeldung an den Chef von Domestic weitergeleitet, während er in den verspiegelten Gläsern seiner Ray-Ban Aviator seine mit Haarwachs eingeriebenen Korkenzieherlocken zurechtkräuselte.
    Der Urbaniak konnte den Mandel gut leiden. Weil der Mandel nicht so ein notorischer Verreißer war. Kein Zyniker und aggressiver Besserwisser wie die meisten seiner Kollegen aus dem Musikjournalismus. Wenn der Mandel mal etwas über DEMO geschrieben hat, dann war das immer mehr oder minder wohlwollend. Wie eigentlich fast alles, was der Mandel schrieb, nebenbei gesagt. Und bei den ganzen wohlwollenden Interviews mit den Künstlern von Global Records, die der Mandel im Lauf der Jahre geführt hatte, da war der Urbaniak meistens dabei gewesen. Der Mandel hat sich auch nie über den Urbaniak beschwert, weil a) war der Urbaniak immer scheißfreundlich zu ihm gewesen, und b) war der Urbaniak dem Mandel einfach vollkommen egal.
    Wie die meisten Leute. Ausnahmen vielleicht ich und der Bruder vom Mandel und die eine oder andere Pressepromoterin früher. Der Mandel hatte aufgrund seiner großzügigen Gleichgültigkeit auch bestimmt kein Problem damit, vor dem Urbaniak zu sitzen und ihm ins Gesicht zu lügen.
    »Und das wird also was Größeres, sagst du?«, fragte ihn der Urbaniak und lispelte dabei leicht, bei weitem nicht mehr so schlimm wie früher.
    »Genau, ich würde gerne den Leo eine Weile im
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