Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
Vom Netzwerk:
Nobeltrainingshosen und den viel zu unbenutzt aussehenden Turnschuhen. Die Frauen in kurzen Kleidern und hohen Absatzschuhen. So sahen Leute aus, die ihr Geld mit Musik verdienten und sich nach Feierabend trotz der tiefsitzenden Spießerseele ein bisschen rockig fühlen wollten. Zwischen den ganzen Business-Rockern und Gelegenheits-Rockludern strömten Dutzende von schreienden Kindern umher, und es herrschte ein striktes Rauchverbot. Mittendrin der Mandel und ich mit der Gewissheit, dass gleich etwas passieren würde.
    Der gastronomische Teil des VIP -Bereichs verfügte über eine riesige, ununterbrochene Fensterfront, von der aus man den Hamburger Abendhimmel sehen konnte. War der Tag noch ziemlich sonnig gewesen, sah es jetzt schon wieder nach Regen aus. Es hielt sich eben nie, das gute Wetter. Ein sich aufblähender Wolkenhaufen verdeckte die letzte Sonne des Tages. Es dauerte nicht lange, bis sich das gelbe Licht auch in der VIP -Bar breitmachte und auf die Gesichter der Business-Rock’n’Roller fiel.
    »Sigi«, sagte jemand. Es war das erste Mal, dass die Malleck mich in der Reihenfolge vorm Mandel begrüßte. Weiß Gott, was sie damit bezweckte.
    »Veroni … Aua«, sagte ich, weil die Malleck mich so herzlich umarmte.
    »O nein, hab ich dir wehgetan?«, fragte die Malleck.
    »Dem Sigi haben sie in den Bauch gestochen«, erklärte der Mandel.
    »Wirklich? O Gott, wer denn?«, tat die Malleck entsetzt.
    »Ein paar von den Rechtsekzemen auf der Suche nach den Bändern vom Leo«, sagte ich in der Hoffnung, dass die Malleck mein Wortspiel bemerkte.
    »O Gott, Sigi, o Gott. Das tut mir so leid.«
    »Muss es nicht. Kannst du ja nichts dafür«, sagte ich.
    »Und wie geht es dir?«, fragte die Malleck.
    »Strikte Bettruhe, sagt der Arzt«, sagte ich.
    »Ach so. Aber gut siehst du aus. Dafür, meine ich.«
    »Du auch. Dreharbeiten zu Ende?«
    Ich deutete auf ihre blonden Haare, die sie offen trug, aber dieses Mal aus dem Gesicht geklammert. Die Schwärmerei über die Beine in der schimmernden blauen Latexhose mit nichts als einem T-Shirt darüber spare ich mir.
    »Nein, nur Drehpause. Das Braun war nur eine Farbe. Das mach ich wieder drauf, wenn wir weiterdrehen.«
    »Wir haben die Aufnahmen gefunden«, sagte ich, und ehrlich gesagt, weiß ich im Nachhinein gar nicht mehr genau, warum ich das gesagt habe. Vielleicht, weil ich dem Mandel zuvorkommen wollte, mit seiner Taktik der bedingungslosen Wahrheit. Oder weil ich spürte, dass die Malleck in Eile war und wollte, dass sie noch bei uns blieb. Und sicher auch, weil ich ihr zeigen wollte, dass wir keine unfähigen Esel in unserem Beruf waren, auch wenn wir nach jetzigem Stand wohl kein IHK -Zertifikat bekommen würden wegen der Anwesenheitsliste. Der Mandel jedenfalls warf mir einen äußerst vorwurfsvollen Blick zu. Ausgerechnet er.
    »Ach echt? Das ist ja ein Ding. Wo waren sie denn?«
    »Bei der Tochter vom Schredder. Lana. Und jetzt hat sie die Band.«
    »Die Tochter vom Schredder? Wie kommt die denn dazu?« Die Malleck wirkte für eine Millisekunde empört.
    »Das erzählen wir dir nach dem Auftritt. Ganz lange und kuriose Geschichte«, sagte der Mandel.
    »Okay, alles Weitere dann nachher. Ich muss jetzt eh los, hinter die Bühne. Ich habe einen Gastauftritt, ich darf einen der Songs von Leo singen.«
    »Ach ja? Das ist ja toll«, sagte ich.
    »Ja, und auch traurig. Aber irgendwie muss man jetzt auch an die guten Zeiten denken. Es ist ja so viel Schlimmes passiert, der Leo und der Holger würden sich wünschen, dass wir nach vorne schauen und dass wir sie ein bisschen hochleben lassen.«
    Ein merkwürdiges Bild tat sich mir in Gedanken auf, während die Malleck das sagte: Der Edelstein sitzt auf einer Wolke in einem weißen Nachthemd. Auf seinem Hinterkopf eine klaffende Wunde von dem Sturz auf die Bootskante. Der Edelstein hat seinen Kopf auf seinen Arm gestützt und sieht genervt aus. »Schau mal, Holger, die feiern uns!«, schreit der Tilmann von der Nachbarwolke rüber. Er sieht super aus, er trägt ein enges schwarzes Nachthemd mit einem Nietengürtel um die Hüfte. Seine Haare glänzen frisch gewaschen, und sein Bart wirkt ebenfalls sehr gepflegt. Nur etwas verrenkt sitzt er da. Der Edelstein sieht weiter genervt drein, und der Tilmann sagt: »Na ja, vielleicht feiern sie ja auch nur mich. Weil so ein Mord, das ist schon was. Du dummer Hund hast dich ja aus Versehen selber umgebracht. Das muss man erst mal schaffen. Wie die Roni dich bumsen konnte, weiß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher