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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal
Autoren: Heiner Lauterbach
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Und warum verdammt noch mal soll auf einmal alles authentisch sein?
    Das heißt, eigentlich frage ich mich gar nicht, warum es denen keiner sagt. Weil sie alle so sprechen. Vom Taxifahrer bis zur Bundeskanzlerin. Ich finde in letzter Zeit hat sich eine große Affektiertheit in unserer Sprache breitgemacht.
    Natürlich verändert sich eine Sprache im Laufe der Generationen, und das finde ich auch gut so. Die Jugendsprache mit ihren Wortschöpfungen und neuen Begriffen (fast hätte ich »innovativ« gesagt, auch so ein dämliches Wort) ist teilweise sehr originell, witzig und hier und da sogar bereichernd. Aber die erwähnten Sprachalbernheiten sind einfach nur grausam. Sie finden, ich übertreibe? Na gut, ein ganz, ganz klein bisschen vielleicht.
    In der Talkshow von Bettina Böttinger wurde ich gefragt, was ich denn einem Bayern zeige, den ich das erste Mal mitnehme in meine Heimatstadt Köln. Also, wenn möglich fahre ich mit einem Bayern über die Deutzer Brücke. Bei Nacht, wenn es sich irgendwie einrichten lässt. Dann ist der Dom beleuchtet, und wem da nicht das Herz aufgeht, der hat keins. Jedenfalls wird man Zeuge dieses wunderbaren Panoramas über dem Rhein. Das ist einfach schön. Dann geht es weiter durch die Innenstadt am Heumarkt vorbei über den Rudolfplatz Richtung Lindenthal, wo ich geboren bin und meine Mutter immer noch lebt. Am alten Melaten-Friedhof biege ich links in die Klosterstraße ein und dann rechts in die Friedrich-Schmidt-Straße. Hier bin ich aufgewachsen. Und schon wird mein Bayer Zeuge eines Phänomens, das bislang noch bei jedem tiefen Eindruck hinterlassen hat: einer echten grünen Welle. Und zwar vom Flughafen bis zu meiner Mutter.
    Für Kölner ist das Normalität und in Bayern Rarität. In München gibt es allenfalls die rote Welle. Man kann eine Wette eingehen: Sobald man an die nächste Ampel kommt, ist diese auf rot geschaltet. Vermutlich musste ein mathematisches Genie beschäftigt werden, um das flächendeckend so hinzubekommen. Denn eigentlich müsste sich das ja in etwa die Waage halten. Das gehört zu den mathematischen Mysterien dieser Welt.
    In etwa so wie das Verwechseln von rechts und links bei bestimmten, signifikanten Bevölkerungsgruppen. Wenn man keine Ahnung hat, wo rechts und links ist, und jedes Mal einfach nur wahllos tippte, müsste man bei 100000 Versuchen ziemlich genau 50000 Treffer landen. Diese bestimmte signifikante Bevölkerungsgruppe setzt diese mathematische Regel der Wahrscheinlichkeit aber außer Kraft. Wenn man diese signifikante Bevölkerungsgruppe 100000 Mal fragen würde wo rechts ist, würden sie locker über 75000 Mal nach links zeigen. Weiß der Henker wieso. Da sind auch die schlauesten Mathematiker überfragt. In bestimmten Macho-Kreisen wird ja gerne vom »signifikanten Bevölkerungsgruppen-Rechts« gesprochen, wenn von Links die Rede ist. Wenn also zwei Machos in ihrem Manta unterwegs sind, sagt der Beifahrer nicht einfach: »Fahr mal die nächste links«, sondern: »Fahr mal die nächste Frauen-rechts.« Hups – jetzt ist es mir doch rausgerutscht.
    Ja, jetzt wären wir ja fast schon beim Macho-Lieblingsthema: Frauen und Auto fahren. Ich will mich darüber gar nicht großartig auslassen. Es gibt sehr viele Männer, die ganz schlecht Auto fahren. Der Vorteil der Damen liegt wohl in der weniger aggressiven Fahrweise. Wenn man überhaupt einen Vergleich ziehen mag, würde ich sagen, dass Männer unter Umständen ein bisschen vorausblickender fahren. Ich würde gerne einmal einen Test entwickeln, um das zu beweisen. Es gibt ja Messgeräte, mit denen man prüfen kann, wohin die Augen eines Menschen gehen, so eine Art Blickwinkelmessung, wie man sie bei Zeitungsanalysen verwendet. (Daher weiß man, dass die Mehrzahl der Zeitungsleser nur die Überschriften und Bilder anguckt. Was ja die Bild -Zeitung gleich zum Konzept erhoben hat). Das Gerät müsste man jedenfalls mal am Armaturenbrett anbringen und ermitteln, wohin Frauen beim Fahren eigentlich schauen. Ich meine, wenn sie nach vorne schauen und nicht in ihre Handtasche. Ich befürchte, Viktorias Blick geht so etwa zehn Meter vor der eigenen Stoßstange auf den Boden, alles was danach kommt, hat sie schon nicht mehr auf dem Schirm.
    Wenn Viktoria an eine Baustelle oder Ampel heranfährt, fängt sie immer erst fünf Meter vor dem Hindernis an zu bremsen. Und ist dann ganz überrascht – hoppsa, da steht ja was! Eine Ampel! Nanu, die war ja die letzten fünfzehn Jahre noch nicht hier!
    Oder
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