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Man Down

Man Down

Titel: Man Down
Autoren: André Pilz
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aussetze, müsste es klappen.“
    „Ich lege drauf, wenn dir was dir fehlt.“
    „Ich schaff das schon, Burcak.“
    Wir saßen in irgendeinem von Burcaks vielen Lieblingscafés in einer Seitenstraße der Sendlinger Straße. Neben Burcak fühlte ich mich immer abgefuckt. Sie war geschminkt, nie aufdringlich, immer dezent, aber nie ohne Farben unterwegs. Sie trug die feinsten Sachen, alles perfekt abgestimmt. Ich saß da mit meiner schwarzen Bomberjacke, meinem Levispulli und meinen ausgewaschenen Jeans, meine Turnschuhe waren staubig und meine Gesichtshaut hatte seit Monaten keine Creme mehr gesehen.
    „Hat Shane dir von Max erzählt?“
    „Max Schmeling?“
    „Pflegefall für den Rest seines Lebens.“
    „Ist er auch von nem Dach gefallen?“
    „Er ist vor ein Auto gefallen.“
    „ Shit happens. “
    „Keiner glaubt, dass es ein Unfall war.“
    Ich gab mich cool, aber in Wirklichkeit machte mich Burcaks Auftritt nervös. Ich hatte einiges über Öcal und Ugi gehört, aber ich dachte, ich wäre mit Shane befreundet, so what ? Die würden mich schon nicht umlegen.
    „Bald steh ich wieder auf nem Dach. Dann ist der Albtraum vorbei.“
    „Du kannst was Besseres machen, als auf Dächern rumzuklettern.“
    „Ich habe den verdammten Job geliebt.“
    „Und bist vom Dach gefallen.“
    „Ich war völlig übermüdet.“
    „Warum gehst du nicht zurück auf die Uni? Weißt du, wie viele Leute gerne studieren würden und nicht können?“
    „Glaubst du, ich könnte es mir leisten zu studieren? Glaubst du, ich hätte auch nur einen Cent für Studiengebühren?“
    „Du würdest bestimmt ein Stipendium bekommen. Oder ein Darlehen von der Bank. Versuch es wenigstens!“
    „Oh ja, die Banken warten nur auf mich, Burcak.“
    „Man muss es versuchen, Kai! Du kannst es nicht wissen, ehe du es nicht versucht hast. Wenn man etwas wirklich will, dann schafft man es auch.“
    „Ich will wieder als Dachdecker arbeiten.“
    „Du solltest studieren, Kai.“
    „Ich bin zu alt dafür! Ich muss jetzt Geld verdienen. Wenn ich drei Stunden in einem geschlossenen Raum sitze, drehe ich durch. Ich war meine ganze Kindheit an der frischen Luft.“
    „Habt ihr unter der Brücke gehaust?“
    „Auf einem Bauernhof.“
    „Du vergeudest dein Leben, wenn du nicht studierst.“
    „Onkel Wilfried hat studiert.“
    „Und?“
    „Arbeitet seit 25 Jahren für ne Unternehmensberaterfirma in Hamburg. Hat ne Eigentumswohnung dort.“
    „Klingt doch nicht so schlecht, oder? Das klingt doch gut!“
    „Fährt nen Ferrari.“
    „Siehst du!“
    „Trägt nen Herzschrittmacher und ein Toupet.“
    „Keiner bleibt ewig jung.“
    „Er ist erst 37, Burcak. Er ist 37 und völlig am Arsch. Studium ist Garantie für gar nichts. Die lassen den genauso bluten wie nen Hilfsarbeiter.“
    Burcak seufzte.
    „Ich muss“, sagte sie, nachdem ihr Handy zweimal gepiept hatte. „Drück mir die Daumen.“
    Sie legte einen 10-Euro-Schein auf den Tisch, las die SMS und stand auf.
    „Schwangerschaftstest?“
    „Vorstellungsgespräch.“
    „Ich würde dir jeden Job geben.“
    „Ich leihe dir das Geld, Kai. Ich leihe nie wem Geld, aber dir würde ich es geben.“
    „Vergiss es. Ich steig wieder auf ein Dach.“
    Sie lächelte traurig. „Du erinnerst mich an den Typen, der sich unbedingt den Namen seiner Freundin tätowieren lassen musste.“
    „Und? Hat er den Namen falsch buchstabiert?“
    „Ich habe ihn gewarnt, habe ihm gesagt, er soll es bleiben lassen, aber der Sturkopf tat es doch.“
    „Er ist nicht mehr mit seiner Freundin zusammen?“
    „Er war nur drei Wochen mit ihr zusammen.“
    „Sandy war jeden Buchstaben wert, Burcak.“
    „Drei Wochen.“
    „Diese drei Wochen waren mehr wert als dreißig Jahre.“
    „Du Dickschädel.“ Burcak packte ihr Handy in ihre Handtasche und holte einen Zettel heraus. „Dein Passwort. Für die Mailadresse.“
    Sie warf sich den Schal um den Hals.
    „Mailadresse?“
    „[email protected].“
    Sie verabschiedete sich mit einem Kopfschütteln und einem Lächeln.
    „Dickschädel“, fluchte sie, als sie die Tür öffnete und noch einmal zurücksah.
    Die Nazis über mir lärmen jede Nacht. Sie schlafen am Tag, feiern in der Nacht und kotzen am Morgen. Keiner im Haus wagt es, sich zu beschweren oder die Polizei zu rufen. Ich doch auch nicht. Vor einem Jahr hat der Hausmeister, ein dicker, gutmütiger Riese mit osteuropäischem Akzent, die Bullen geholt, aber die Nazis haben die nur ausgelacht. Und dem armen
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