Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Man Down

Man Down

Titel: Man Down
Autoren: André Pilz
Vom Netzwerk:
Mittagspause gestrichen hat, der uns Überstunden hat machen lassen. Der, der uns Samstag- und Sonntagmorgen anrief, um uns auf die Baustelle zu holen. Du.“
    „Ach, hör doch auf. Du hast keine Ahnung vom Geschäft. Da muss man eben die Ärmel hochkrempeln. Immer noch besser als arbeitslos zu sein. Ich habe nichts Illegales getan. Ich habe mich immer an die Gesetze gehalten, dreißig Jahre lang.“
    „Hat dir Rensing dabei geholfen?“
    „Wobei geholfen?“
    „Beim Recht-Biegen. Damit alles immer schön legal bleibt?“
    „Ich biege gar nichts, Samweber.“
    Er ist auf einmal gar nicht mehr so cool, der Meyer. Der Schweiß rinnt dem Schwein über die Stirn. Es stinkt nach Furz in dem Raum. Nach Schützenhauptmannsfurz. Nach Schützenhauptmannsschweiß. Ich positioniere die Lambretta neu, mein Eisen immer auf ihn gerichtet. Er wirft das Geld auf den Tisch, ich nehme die Scheine und stecke sie ohne zu zählen in meine Jackentasche.
    „Kai …“, sagt Burcak, die in der Tür steht, neben den beiden Security-Affen. „Gib mir die Waffe.“
    „Willst du die beiden abknallen, Burcak?“
    „Bitte. Gib mir die Waffe.“
    „Was ist denn mit Ihnen, Doktor Rensing? Ich dachte, Sie wären auf meiner Seite? Warum haben Sie mich verraten?“
    Rensing hat die Hosen voll.
    „Dass dieser Prolet hier Ihr Golfspezi ist, enttäuscht mich. Ich dachte, Sie hätten Niveau. Ich habe mir Ihr ganzes Leben ausgemalt. Ihre Wohnung in Bogenhausen, Ihre Freundin, Ihre Diskussionen mit Freunden, Ihr Auto, die Musik, die Sie hören, die Bücher, die Sie lesen, die Filme, die Sie sich anschauen, die Nobelrestaurants, in denen Sie essen. Ich habe mir vorgestellt, wie Sie im Gerichtssaal Plädoyers halten. Ich habe Sie ein bisschen beneidet, Wenzel. Sie haben mich so enttäuscht.“
    Ich drücke aufs Gas und lächle. Ich steige ab, gehe zu Meyer, drückte ihm das Eisen in die Wampe. „Mitkommen.“
    Ich sehe den Hass in seinen Augen. Seine Verachtung. Und ein bisschen Angst.
    Ich marschiere mit ihm zum Fenster. Ich öffne es.
    „Raussteigen“, sag ich.
    „Du bist nicht ganz dicht.“
    „Du bist doch nie da oben gestanden, oder? Kein einziges Mal habe ich dich auf einem unserer Dächer gesehen.“
    Meyer sieht zu Rensing, dann zu den Securityleuten, aber da ist mein Eisen an seiner Stirn, da ist der Tod so nah, dass er nicht widerspricht. Er steigt hinaus.
    „Du bist noch jung“, sagt er. „Wirf dein Leben nicht weg.“
    „Umdrehen! Dreh dich um! Schau hinunter!“
    „Ich bin nicht schwindelfrei.“
    „Wenn Sie ihn töten, Herr Samweber, kommen Sie nie wieder aus dem Gefängnis“, sagt Rensing. „Ein Leben lang Gefängnis, weißt du, was das bedeutet?“
    Er ist so nervös, dass er mich mal mit „Sie“, mal mit „du“ anspricht und sich ständig durchs Haar fährt.
    „Du auch“, sage ich zu Rensing. „Du auch da raus!“
    „Hören Sie“, sagt er. „Wir können das alles regeln, ohne dass du … dass Sie … Ihr Leben wegwerfen müssen.“
    „Können wir nicht, Wenzel. Es gibt keinen Notausstieg mehr.“
    „Herr Meyer hat Ihnen jetzt doch das Geld gegeben. Wir vergessen die ganze Aufregung hier und Sie gehen nach Hause.“
    „Ich kann nicht mehr nach Hause.“
    „Mensch, Burcak, sag ihm, er soll endlich zur Vernunft kommen!“
    Burcak sieht mich an, ähnlich wie Tage zuvor Marion. Mit fremden Augen.
    Sie weiß, niemand wird mich mehr stoppen können.
    Auch Rensing steigt hinaus. Auch Rensing wagt es nicht, in die Tiefe zu blicken.
    Ich schließe das Fenster, steige auf meine Vespa, das Eisen auf die beiden Schwuchteln gerichtet.
    „Ihr habt Marion und mich getötet“, rufe ich, als sie ihre Köpfe zu mir drehen, und hebe entschuldigend die Arme. „Und jetzt töte ich euch.“
    Mittlerweile sind auch die Bullen da. Ich befehle allen, das Büro zu verlassen. Allen außer Burcak.
    Als die Schwuchteln draußen sind, sagt Burcak, deren verschwitztes Haar auf der Stirn klebt: „Dafür musst du ins Gefängnis.“
    „Ich geh nicht in’ Knast. Hab ich dir das nicht schon einmal gesagt?“
    Ich gebe ihr das Geld, so unauffällig wie möglich, drücke ihr die Scheine in die Hand. „Gib das Shane“, sage ich. „Das schulde ich ihm.“
    „Du weißt nicht, was du tust“, sagt Burcak.
    „Sieh dir die beiden an“, sage ich. „Wie lächerlich sie sind!“
    „Gib auf“, sagt Burcak. „Bitte gib auf!“
    „Die beiden stehen da draußen so lange, wie ich auf dem Dach gestanden bin. Jede Minute stehen sie da
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher