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Man Down

Man Down

Titel: Man Down
Autoren: André Pilz
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betrunkener Mann und drei junge Frauen stiegen aus.
    Drei Mädchen.
    Eins davon war Marion.
    Sie stolperte aus dem Bus, als sie mich sah. Ich fing sie auf, aber sie schubste mich weg.
    „Nicht“, sagte sie, riss sich von mir los und lief davon. Sie drehte sich um. „ NICHT !“
    Ich lief ihr hinterher, sie konnte nicht über die Straße, weil zu viele Autos fuhren. Sie rannte Richtung Supermarkt. Sie wusste, dass ich nicht laufen konnte. Ich hetzte, ich hinkte ihr hinterher. „ MARION !“
    Sie drehte sich um und zeigte mir den Mittelfinger. Für einen Moment zögerte sie, dann lief sie weiter.
    Der Schmerz machte mir nichts aus. Der Schmerz konnte mich nicht aufhalten. Ich kam ihr immer näher. Sie hatte nicht gerade das beste Schuhwerk, um einen Sprint hinzulegen.
    „ MARION !“
    „HAU AB!“
    „ MARION !“
    Ich hatte sie fast, da kam mir dieser Skater auf seinem Board entgegen. Ich wollte rechts an ihm vorbei, aber er hatte sich für dieselbe Richtung entschieden, ich musste vom Gehsteig springen, um nicht mit ihm zusammenzustoßen. Ich rutschte aus und knallte auf den Asphalt. Der Schmerz schoss in meinen Rücken. Er lähmte meinen ganzen Körper.
    Ich blieb liegen. Der kleine Junge fuhr weiter. Die Autos rauschten vorbei. Ich musste lachen.
    Fuck.
    Ich versuchte, meinen Oberkörper aufzurichten. Was für ein verfluchter Schmerz.
    Ich war n Krüppel.
    „Mein Gott, was ist mit deinem Arm?“
    Ich sah hoch, sie stand vor mir, in einem kurzen Kleid.
    „Was ist mit deinem Arm?“
    Ich hob ihn hoch.
    „Du hast dir den ganzen Arm tätowieren lassen?“
    „Himmel, Fegefeuer und Hölle.“
    „Ist das echt?“
    „Das geht nie mehr ab.“
    „Du spinnst.“
    „Ich weiß.“
    „Darf ich mal angreifen?“
    Ich versuchte aufzustehen, aber irgendwas hielt mich am Boden. Als wäre da ein tonnenschweres Gewicht am Ende meines Rückgrats. Ich streckte ihr meinen Arm entgegen.
    „Du hast einen Knall“, sagte Marion und strich über den Arm. „Du hast einen totalen Knall.“
    „Du auch, Marion.“ Sie half mir auf die Beine. Sie sah mich mit fremden Augen an. Das machte mir Angst. Dieser Blick machte mir Angst. „Du gehst für deinen Bruder aufn Strich. Das tut doch kein normales Mädchen.“
    „Ich bin kein normales Mädchen.“
    „Wir hätten das doch anders …“
    „Bei uns zuhause ist alles schiefgelaufen, Kai. Da war nichts normal.“
    „Du hättest nur mit mir reden müssen. Wir hätten das hinbekommen. Ich hätte die Kohle besorgt, ich schwör. Ich hätte das alles geregelt.“
    Ihr Haar war kürzer denn je. Sie war eine Mischung aus Bursche und Mädchen. Aber sie sah nicht wie eine Lesbe aus, die kurzen Haare waren sexy und warm. Ich wollte sie anfassen, aber sie erlaubte es nicht.
    „Du hast mich mehr gedemütigt als all die Kerle“, sagte sie. „Was du auf dem Spielplatz getan hast, war schlimmer als all das andere. Ich verstehe, wenn du mich hasst, wirklich, Kai, ich verstehe das. Aber auch wenn du es nicht glaubst – selbst in der Zeit, als ich fremde Männer traf, habe ich dich geliebt. Ich habe das nur durchgestanden, weil ich dich geliebt habe. Ich habe an dich gedacht und an die Zeit danach. Wenn ich das Geld beisammen hätte. Ja, ich habe dich geliebt, auch wenn du mir nicht glaubst. Aber jetzt ist sowieso alles kaputt.“
    „Kaputt?“
    „Shane hat mir gesagt, ich soll mich um dich kümmern, und ich habe mich um dich gekümmert. Aber irgendwann war mir das Geld egal, Kai. Irgendwann habe ich mich in dich verliebt. Ich wollte es dir so oft sagen, das mit Shane, aber ich hatte nicht den Mut.“
    „Du hast mich geliebt? Mich, die Witzfigur? Den Proll in der Bomberjacke? Hast du meine grünen Unterhosen schon vergessen, die Unterhemden mit den Mottenlöchern?“
    „Du könntest rosa Unterhosen tragen und rumlaufen wie Mr. Bean und ich würde dich trotzdem sexy finden und dich trotzdem lieben. Mich haben Typen gefickt, die jeden Tag Stunden im Fitnesscenter verbrachten, aber du bist trotzdem 1000-mal so sexy. Du bist 1000-mal so schön!“
    Wir gingen die Strecke zurück bis zur Bushaltestelle und überquerten dann die Straße. Wir blieben vor der Eingangstür stehen. Eine Gruppe Schüler, Gäste der Jugendherberge, saßen lärmend auf den Stufen.
    Ich umarmte Marion, sie wehrte sich nicht. „Ich liebe dich immer noch, Marion. Egal, was geschehen ist. Ich liebe dich.“
    „Du hast Davids Schulden bezahlt?“
    Ich hielt sie, hielt sie so fest, aber ich wusste, dass es aus war. Dass
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