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Man Down

Man Down

Titel: Man Down
Autoren: André Pilz
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den Bildschirm, spritzte auf ihren Hintern, weil das Klopapier in meiner Linken nicht alles auffangen konnte. Außer Atem und verschwitzt lag ich vor dem Laptop und starrte in ihr Gesicht. „Baby, Baby“, sagte ich leise und berührte mit meinen Fingerspitzen den Bildschirm, wollte sie spüren, wollte ihre Haut berühren, aber sie lebte in dieser kalten Schattenwelt. Wie wünschte ich mir, ihren nackten, warmen Körper umarmen zu können, ihre roten Bäckchen nach ihrem Orgasmus zu sehen, den Duft ihres Saftes und ihres Schweißes zu riechen, ihren Herzschlag zu spüren, mit ihr zu lachen, einzuschlafen, aufzuwachen, aber das alles hier, das war so kalt und unwirklich, dass ich das Gefühl hatte, selber nur Illusion zu sein.
    „Du wichst zu viel“, sagte Shane, als wir beide gleichzeitig zugedröhnt in die Kloschüssel pissten.
    „Woher willst du das wissen?“
    „Die Flecken auf deiner Matratze.“
    „Ich sabbere im Schlaf.“
    „Sabberst du aus deinem Bauchnabel? Die Flecken sind genau in der Mitte!“ Shane spuckte in die Schüssel. „Zu viel wichsen ist nicht gut. Du gewöhnst dich an den Druck, verstehst du? Und wenn du dann in ner Muschi steckst, dann kannst du nicht mehr abspritzen. Zu wenig Reibung, verstehst du mich?“
    „Wichsen ist die beste Vorbeugung gegen Hodenkrebs.“
    „Und wozu brauchst du die verdammten Hoden, wenn du nie ne Schlampe besteigst?“
    „Wichsen ist nicht so schlecht, Shane. In Gedanken treib ich’s mit allen. Sogar mit deiner Mutter.“
    „Am Wochenende geh’n wir in’ Puff.“
    „Wieso? Ist dort deine Mutter?“
    „Wir geh’n in’ Puff.“
    „Ich will aber nicht in’ Puff.“
    „Ich lade dich ein.“
    „Scheiß drauf. Ich will nicht.“
    „Bist du schwul?“
    „Mir tun die Nutten leid.“
    „Du bist schwul.“
    Shane glotzte auf den tropfenden Boiler, der bedrohlich über dem Spülkasten hing. „Sag dem Vermieter, er soll das in Ordnung bringen. Das ist ja lebensgefährlich.“
    „Ich hab die Wohnung zum Sonderpreis bekommen. Ich zahl nur drei viertel von der ursprünglichen Miete.“
    „Du bezahlst eines Tages mit deinem Leben, wenn der Boiler runterkommt und du da sitzt.“
    „Ich sitz da nie.“
    „Du kackst im Stehen?“
    „Was soll ich kacken, wenn ich nichts zu fressen habe?“
    Shane klopfte seinen Schwanz trocken und musterte mich von oben bis unten. „Scheiße, du hast Recht. Du wirst immer dünner.“
    Ich starrte in die Schüssel, die an mehreren Stellen Risse aufwies und selbst nach stundenlangem Schrubben nicht mehr sauber wurde. „Kannst’ mir was leihen, Shane?“
    „Hm.“
    „Fünfzig?“
    Shane kramte in seiner Hosentasche und legte ein paar Scheine auf den Spülkasten. Ich wollte sie nehmen, da schlug er mit der flachen Hand drauf. „Keine Schmerztabletten!“
    „Scheiße, Shane.“
    „Rauch Gras. Das ist gesünder.“
    „Ich brauch das Zeug. Manchmal fährt mir was in’ Rücken, das ist wie n Hexenschuss, da kann ich mich stundenlang nicht mehr rühren, da kann ich nur mehr schreien. Manchmal humple ich rum wie Goebbels und das verdammte Bein wird so steif, dass ich mit den Händen nachhelfen muss, wenn ich ne Treppe hochsteige. Dann brauch ich ein paar Hammertabletten, verstehst du?“
    Ich pisste immer noch. Das Zeug, das da aus mir kam, gehörte auf den Sondermüll. Shane ließ nicht locker. „Überleg mal, warum der Doc sich weigert, dir das Zeug länger zu verschreiben.“
    „Weil’s die Krankenkasse ruiniert.“
    „Nein! Der weiß, was bei dir abgeht.“
    „Was geht denn bei mir ab?“
    „Das mit dem Schmerz, das ist doch nur ne Kopfsache. Du musst den Kopf freikriegen, Babyface! Da ist n Knoten drin, den musst du lösen.“
    „Ach, du glaubst, ich bilde mir das ein? Glaubst du, ich bin n Hypochonder?“
    „Ich glaube, dass du dich gut fühlst, wenn du dich selbst bemitleiden kannst. Du hast den Sturz überlebt, sei dankbar! Du sitzt nicht im Rollstuhl, du bist noch mal davon gekommen! Was für n scheiß Glück du hattest, verdammt noch mal! Du solltest jeden Tag eine Party schmeißen!“
    „Mir ist schon lang nicht mehr nach Party, Shane.“
    „Fuck. Du kapierst es nicht. Das Leben ist ein Furz. Das ist schneller vorbei, als du es fühlen kannst. Ich will den alten Kai zurück. Den, der mit mir so viel gelacht hat. Der mit mir die verdammte Welt erobern wollte.“
    „Was soll ich lachen, wenn ich mich scheiße fühle?“
    „Weil du vielleicht tot bist, ehe du dich besser fühlst, und dann bereust du es,
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