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Malory

Malory

Titel: Malory
Autoren: 03. Sturmwind der Zaertlichkeit
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als Motiv für diese Hochzeit schloß er rundweg aus. Nachdem Anthony in den vielen Jahren, in denen sie gemeinsam dem schwachen Geschlecht nachgestellt hatten, niemals diesem törichten Gefühl erlegen war, mußte sein Bruder dagegen eigentlich genauso immun sein wie er selbst. Auch die Notwendigkeit eines Erben konnte er als Grund für diese Ehe getrost vernachlässigen, denn die Ver-erbung des Titels war in ihrer Familie bereits gesichert. Jason, ihr ältester Bruder, hatte bereits einen erwachsenen Sohn, Dereck, der schon in die Fußstapfen seiner jüngeren Onkel getreten war. Edward, der Zweitälteste Malory, hatte fünf Kinder, alle im heiratsfähigen Alter, mit Ausnahme von Amy, der Jüngsten. Er selbst hatte auch einen Sohn - illegi-tim aber, wie er erst vor sechs Jahren erfahren hatte. Bis dahin hatte er nichts von der Existenz dieses Burschen geahnt, der von seiner Mutter in einer Taverne aufgezogen worden war und dort nach deren Tod weitergearbeitet hatte. Jeremy war erst siebzehn, stand jedoch seinem Vater in seinem Hang zu Ausschweifungen in nichts nach. Nur aus Sorge um den Fortbestand des Familiennamens hätte Anthony nun wirklich nicht heiraten müssen.
    James machte es sich mit seinem Brandy auf einem Sofa bequem, das für seine Größe eigentlich viel zu kurz geraten war. Noch immer grübelnd ließ er seine Gedanken zu den Frischvermählten und ihrem Treiben im oberen Stockwerk schweifen: Vollendete Kurven und sinnliche Lippen, die sich zu einem spöttischen Lächeln kräuseln konnten, das konnte man dieser Person weiß Gott nicht absprechen. Trotz allem fand er immer noch keine ausreichende Erklärung für Anthonys wahnwitzigen Entschluß. Eine Ehe - diesen Fehler würde er niemals begehen. Dennoch mußte er zugeben, wenn Anthony sich schon freiwillig ins Unglück stürzen wollte, dann wenigstens mit solch einer Klassefrau wie Roslynn Chadwick. Nein - seit heute war sie eine Malory, aber trotz allem eine Klassefrau.
    James selbst hatte schon früher mit dem Gedanken gespielt, Roslynn zu verführen, obwohl, oder gerade weil Anthony bereits im Rennen war. Das war zwischen ihnen beiden nichts Ungewöhnliches. In den langen Jahren ihres zügellosen Lebens hatten sie sich oft genug gleichzeitig an dieselbe Frau herangemacht. Für sie war es eine Art Sport gewesen: Sieger war derjenige geworden, dem die Dame zuerst zugezwinkert hatte. Anthony war ein verdammt attraktiver Schürzenjäger, dem die holde Weiblichkeit nur schwer widerstehen konnte - ebensowenig aber wie ihm selbst.
    Doch konnten zwei Brüder im Aussehen kaum unterschiedlicher sein. Anthony war größer und schlanker und hatte den dunklen Teint ihrer Großmutter geerbt, ihre schwarzen Haare und die kobaltblauen Augen, genau wie Regan und Amy - und auch Jeremy, James' Sohn. Dessen Ähnlichkeit mit Anthony war schon fast kompromittierend.
    James hingegen kam mehr nach den Malorys. Blond, mit grünen Augen und der Figur eines Preisboxers. Groß, blond und imponierend, wie Regan ihren Onkel immer zu beschreiben pflegte.
    James lächelte, als er an die geliebte Regan dachte. Seine einzige Schwester, Melissa, war früh gestorben. Ihre kleine Tochter war damals gerade erst zwei Jahre alt gewesen. Er und sein Bruder hatten daraufhin die kleine Regan zu sich genommen und gemeinsam aufgezogen. Jetzt war sie mit Eden, diesem Schuft, verheiratet, und er hatte nichts dagegen unternehmen können. Zu seinem größten Leidwesen mußte er sogar zugeben, daß sich Eden wider allen Erwar-tungen als vorbildlicher Ehemann entpuppt hatte.
    Schon wieder Ehemann. Alles nur wegen Anthony! Eden hatte wenigstens eine Entschuldigung - er betete Regan an.
    Aber Anthony betete alle Frauen an. James war jetzt sechs-unddreißig Jahre alt geworden, doch bis heute hatte ihn noch keine einzige Frau auf Erden unters Ehejoch zwingen können. Lieben und Lassen - das war schon immer seine De-vise im Umgang mit den Frauen gewesen, sein Credo, dem er auch die kommenden Jahre die Treue zu halten beabsichtigte.
    3. Kapitel
    Ian MacDonell, Amerikaner in der zweiten Generation, konnte sein schottisches Erbe, karottenrote Haare und die nuschelige Aussprache, nicht verleugnen, wenn ihm auch das typisch schottische Temperament fehlte. Er hatte sich in den siebenundvierzig Jahren seines Lebens stets ein eher ruhiges und besonnenes Gemüt bewahrt, das jedoch während der letzten Nacht und dem darauffolgenden Morgen von dem jüngsten der Anderson-Geschwister auf eine harte Probe gestellt
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