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Mallorca Schattengeschichten

Mallorca Schattengeschichten

Titel: Mallorca Schattengeschichten
Autoren: Alex Conrad , Elke Becker
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freute. Sie mochte keine Pilze.
    »Womit habe ich das verdient?«
    »Darf ich dir etwa keine Freude machen?« Sie stellte einen großen Krug Brunnenwasser auf den Tisch. Für sich selbst holte Gabriella einen Gemüseauflauf aus dem Ofen.
    »Hast du eigentlich mal mit dem Klempner gesprochen?«
    Gabriella drehte den Schraubverschluss der Wasserflasche auf, wobei die Kohlensäure zischend entwich. »Ja, sie machen es im September, vorher passt es nicht so gut.«
    »So lange noch. Hast du keinen Druck gemacht?«
    »Doch, schon. Wenn sie es vorher machen können, rufen sie an. Guten Appetit.«
     
    Nach dem Essen ging Bernhard nach nebenan. »Ich will noch ein paar Emails schreiben.«
    »Ist gut, Schatz. Ich gehe in den Garten.«
    Pfeifend schlenderte Gabriella zur kleinen Casita bei der Brunnenpumpe, wo sie die alten Bleirohrstücke versteckt hielt, die sie sich beim Schrotthändler besorgt hatte. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit raspelte sie in mühevoller Kleinarbeit winzige Bleipartikel ab.
    Immer dann, wenn Bernhard nicht da war, nutzte Gabriella diese Zeit, um seine Lieblingsgerichte zu kochen. Großzügig würzte sie sein Essen mit Bleiabrieb.
    Nach zwei ergebnislosen Wochen ging Gabriella dazu über, alle seine Speisen zu verfeinern. Dazu verwendete sie die Pfefferdose mit dem weißen Pfeffer, in der sie die Bleipartikel untergemischt hatte. Wie gewohnt griff Bernhard nach dem Pfeffer und würzte nach.
     
    Endlich trugen ihre Anstrengungen Früchte. Bernhard sah mit jedem Tag blasser aus.
    »Mir geht es gar nicht gut, ich muss mich schon wieder hinlegen.«
    »Geh doch zum Arzt«, forderte Gabriella mit sorgenvoller Miene.
    »Ach, es sind sicher wieder die Leberwerte. Was soll er da schon machen? Aber vielleicht kann er mir was zur Stärkung geben.«
    Gabriella wusste durch ihre Internetrecherche, dass keiner gezielt im Labor nach einer Bleivergiftung suchen würde. Die Ärzte gingen in der Regel von einer Anämie aus und behandelten zunächst mit Vitamin B12 und Eisenpräparaten. Gabriellas einziger Druck war, dass es schnell mit Bernhard bergab gehen musste, bevor der Arzt sich veranlasst sähe, weitere Untersuchungen durchzuführen, die über das übliche Maß hinausgingen.
     
    Wie Gabriella es sich gedacht hatte, erhielt Bernhard die Spritzen sowie ein Rezept über Tabletten. Um zu verhindern, dass es ihm besser ginge, erhöhte sie täglich die Dosis. Bernhard wurde immer schwächer. Fast täglich klagte er über Bauchschmerzen und ließ sich von Gabriella regelmäßig Wärmflaschen bringen.
    Das Siechtum verlief in Schüben. Eines Morgens stand er in der Küche und machte Mandelkekse.
    »Du sollst dich doch nicht anstrengen. Komm, leg dich wieder hin, ich mache dir einen Tee«, sagte Gabriella und lächelte ihm zu. Schon seit Wochen mischte sie nicht nur Bleipulver unter den losen Tee, zusätzlich hatte sie in die Wasserkaraffe Mineralsteine gelegt, von denen Bernhard überzeugt war, sie seien für ihn gesund. Das angeraute Stückchen Blei fiel unter den Kristallen nicht weiter auf. Gabriella verfolgte unnachgiebig ihren perfiden Plan.
    »Aber der Arzt hat gesagt, ich soll aufstehen, wenn ich mich besser fühle, damit der Kreislauf in Schwung kommt. Übrigens sind nicht mehr genug Eier da, kannst du bitte welche aus dem Dorf holen?«
    »Mache ich, bin gleich wieder da.«
    Bei ihrer Rückkehr hackte Bernhard gerade die Schokolade klein und warf sie zu den Mandelstücken in die Schüssel.
    »Du kommst genau richtig.« Mit schokoladenverschmierten Fingern griff er nach der Eierschachtel.
    »Brauchst du Hilfe, oder kann ich in den Garten gehen?«
    »Nein, alles ist gut, geh nur«, wandte sich Bernhard ab.
     
    Das Haus duftete nach den Keksen. Lächelnd sah Gabrielle die leere Teekanne; Bernhard hatte sie wie immer ausgetrunken.
    Kurz darauf erbrach er sich in Gabriellas Beisein. Sie bemerkte die weiße Einfärbung des Erbrochenen.
    »Was für eine Scheiße ist das alles hier?«, schrie er, und fegte mit der linken Hand die Wasserkaraffe vom Tisch. Seine rechte Hand hing schlaff nach unten. »Ruf einen Arzt! Ich halte diese Schmerzen nicht mehr aus.« Bernhard griff sich ans Herz.
    »Ja, ich rufe ihn sofort an.« Jetzt wusste sie, es war nur noch eine Frage von wenigen Stunden.
    » D er Arzt kommt am Nachmittag. Kommst du zurecht, wenn ich eine Runde laufen gehe? Ich bin auch bald wieder da.«
    »Ja, mein Herz«, flüsterte Bernhard. »Bring mir bitte von den Keksen, und nimm dir selbst ein paar davon mit,
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