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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde
Autoren: Ralf Kramp
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außerordentlich klein. Er war blond und trug die Haare weder kurz noch lang. Er trug einen hellgrauen Sommermantel und in der Rechten hielt er einen großen Koffer.
    »Na, so eine Überraschung. Das sind doch Theo und Harald«, sagte Herbie mit einem scheuen Lächeln. »Hätte ich mir doch denken können, dass mindestens einer von euch hier rumhängt.« Er setzte seinen Koffer vor der Theke ab und kam näher. »Habt ihr was dagegen, wenn ich mich ’nen Moment zu euch setze?«
    Harald Bongart, der Museumsleiter der Stadt Bad Münstereifel und sein Freund, der Fotograf Theo Broere, starrten ihn mit offenstehenden Mündern an.
    »Du bisst der Herbie«, sagte Domingo lächelnd und rückte den Stuhl zurecht.
    »Aha. Wie ich sehe, eilt mir mein Ruf schon voraus«, sagte Herbie ein wenig beschämt. »Woher wusstet ihr, dass ich heute zurückkomme, Jungs?«
    *
    Wenig später schlürfte Herbie geräuschvoll an seinem Tee und blickte hin und wieder zu dem Koffer hinüber, der immer noch vor der Theke stand. Die beiden anderen klebten an seinen Lippen und hatten immer noch irgendwie das Gefühl, als hätten sie ihn nach den Jahren seiner Abwesenheit geradewegs herbeigeredet.
    Domingo hatte sich wieder hinter die Theke verkrümelt und begann, die Abrechnung zu machen.
    »München ist nicht meine Stadt«, sagte Herbie zerknirscht und fuhr mit dem Finger über den Rand seines Teeglases. »Eigentlich gehöre ich überhaupt gar nicht in irgendeine Stadt. Ich hatte verschiedene Jobs da, wisst ihr. McDonald’s am Stachus, Second-Hand-Möbelladen in Leim … so was. Kaum zu glauben, dass ich hier eine Tante habe, die geradezu im Geld schwimmt. Ihr wisst ja, wem dieses Geld eigentlich …«
    Harald und Theo nickten synchron. Der Kellner hinter der Theke nickte ebenfalls.
    »Aber mit Tante Hettie hatte ich es mir ja leider verscherzt. Nach der Geschichte mit ihren Möbeln und ihrem Parkett. Sie hätte mit mir das gemacht, was bei Karl May die Indianer mit den Weißen zu machen pflegten, wenn sie mich zu packen gekriegt hätte. Haut in Streifen und so … Ich habe morgen einen schweren Gang vor mir, Jungs.«
    Theo räusperte sich. »Ähhhm, was ist denn mit …« Er versuchte, es möglichst beiläufig klingen zu lassen, »… mit Nina?«
    Herbie seufzte und verfiel in düsteres Schweigen. Nach einer Zeit sah es so aus, als sei er für den Rest des Abends in die Betrachtung eines Bierdeckels versunken, und Theo bereute schon, überhaupt gefragt zu haben. Herbie seufzte schließlich erneut und sagte, ohne den Bierdeckel aus den Augen zu lassen: »Nina geht’s hoffentlich gut. Sie hatte ja damals diesen Freund, diesen Chris.« Er sah die beiden anderen an und setzte ein schiefes Grinsen auf. »Nun, jetzt hat sie ihn wieder. Mehr ist da eigentlich nicht zu sagen. Die beiden gehören wohl zusammen. Da bin ich überflüssig.«
    »Sie ist in München geblieben?«, fragte Harald.
    Herbie nickte. »Bei Chris. Ich musste weg. München ist was für Münchner und solche, die sich dafür halten. Nicht für mich. Neulich bin ich über den Hut eines siebenköpfigen Orchesters gestolpert, das im strömenden Regen in einem Arkadengang in der City Rossini fiedelte. Sie dachten, ich wollte ihr Kleingeld mopsen und haben mich verhauen.«
    Er winkte zur Theke und bestellte einen Eifelgeist. Dann besann er sich und rief: »Für die zwei auch!«
    Theo und Harald winkten ab. »Wir sind auf dem Absprung.«
    Nachdem er seinen Kräuterschnaps geschluckt hatte, fuhr er fort: »Im Englischen Garten bin ich der ersten Exhibitionistin meines Lebens begegnet. Das war im Sommer.« Als Harald wollüstig grinste, schickte er hinterher: »Sie war dreiundsiebzig, stand später in der Zeitung. So was passiert dir nur in München.«
    Harald winkte ab. »Komm mal sonntags zum Heino-Rathauscafé. Wenn Heino mit den Fingern schnippen würde, würden sich alle Omis sofort und ohne zu zögern die Chiffonblusen aufreißen, dass die Perlmuttknöppchen nur so durch die Gegend prasseln.«
    »Ich bin in eine Kurdendemo geraten und verhaftet worden, in der S-Bahn hat mir ein Besoffener in die Tasche gekotzt, und im Biergarten bin ich mit der Bank umgekippt. Direkt in eine Kellnerin mit sechs Maß Bier in den Pranken. Glaubt mir, Jungs. So was passiert einem wirklich nur in München.«
    Er kippte den restlichen Schnaps und sah auf die Uhr.
    »Hat sich eigentlich Köbes noch nicht gemeldet?«
    Die anderen verneinten. Auch der Kellner wusste nichts.
    »Sollte er?«, fragte Theo.
    Herbie
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