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Malchatun

Titel: Malchatun
Autoren: Johannes Tralow
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körperlichen Wesen geglichen.
    Denn gekommen war sie. Ganz zuletzt noch hatte eine von allen und gerade die, der nichts bei verspäteter Heimkehr gedroht hatte, sich zum Wagnis bereit gefunden.
    Mit umschäumten Schenkeln hatte sie stolzen Ganges die Flut zerteilt. Dann plötzlich war der rauschende Kranz um ihren Knien verebbt. Beim Anblick des übermütigen, bekleideten Mannes hatte jähe Scham die eben noch so tapfer Entschlossene übermannt.
    Aber noch im Verharren war sieeine sonnenumflammte Göttin geblieben ein zweites Mal Göttin im Spiegel der schwarzen Gewässer. Und gesagt hatte sie auch etwas.
    Weich war und tief aus ihrer Kehle die Frage gekommen, eine Frage ohne mitschwingenden Scherz.
    »Ist Ihnen, Hochgeborener, so wohl, wenn Mädchen sich schämen?« Diese Frage hatte auf bärtiger Lippe ein Lächeln getötet. Ein Sichnähern war nun völlig unmöglich geworden. Vielmehr hatten des Mannes Arme sich langsam gesenkt, und den allzu dreisten Händen waren die weißen Geheimnisse entglitten.
    Dann waren die Mädchen wieder allein gewesen.
    Noch am gleichen Abend hatten beide Freundinnen die Bekanntschaft des Kir Salmenikos gemacht. Der regierende Sultan Mesud hielt sich kaum noch in Ikonium auf, bis an den Euphrat hatte Salmenikos ihm nachreisen müssen, und dort hatte ihn vieles zu bleiben gezwungen, bis ihm dann endlich die Rückkehr nach seinem Biledschik möglich gewesen war.
    Seinen ersten Besuch aber hatte Salmenikos Asanes in Eskischehr bei den Kontophres gemacht, wo die Tochter des Hauses sehr über die Ehrerbietung des Gastes ihrer Freundin Malchatun gegenüber erstaunt gewesen war. Und noch heute verwunderte sie sich, wenn ihre Gedanken zu diesem Tag zurückkehrten. Denn eines setzte ihrem Weiterdenken immer ein Ziel: Es sei doch nun einmal nicht zu leugnen, daß der Burgherr von Biledschik ihre liebe Marula ohne Kleider gesehen habe.

3
    Immer noch wartete Salmenikos vor dem Haus. Er wartete auf Malchatun.
    »Wenn Arzt und Priester sich am Krankenbett treffen, hat meist der Priester das Wort«, vernahm er jetzt eine Stimme -sah jedoch nur eine Kappe, deren oberer, eingeknickter Teil windmunter in der Gegend herumschwenkte.
    Malchatuns wegen hatte Salmenikos beim ersten Hinschauen an einen Derwisch gedacht. Nun jedoch erblickte er das der Brust aufgenähte Kreuz und verneigte sich leicht vor dem Priester seines eigenen Glaubens. Eine Form, sei es welche immer, verletzte Salmenikos nie. Was den Priester - dem Anschein nach ein Mönch - hergeführt hatte, war leicht zu denken: Im Haus lag eine Frau krank auf den Tod. Ihrem
    Vernehmen nach, erklärte Malchatun ihm nun, sei ihre eigene Mutter an der gleichen Krankheit gestorben, an der die Frau darniederliege. »Aber das Kind ist gesund«, fügte sie hinzu.
    Das letzte nahm der Mönch als einen willkommenen Trost vorweg. Denn er war ein fröhlicher Pessimist und rechnete nur deswegen immer mit dem Schlimmsten, um sich hinterher freuen zu können, wenn das Unheil wieder einmal vorübergegangen sei. Salmenikos dagegen empfand die heitere Sicherheit dieses minderen Mönches als unziemlich. Auch mißfiel ihm, daß er selbst wenig beachtet beiseite stehe. »Vater -«, wollte er gerade seinen Angriff beginnen, als ihm der andere auch schon gleich dazwischenfuhr.
    »Nur, Bruder«, verbesserte er, »Bruder Aratos, der gern möchte und in seiner Unwissenheit so gar nichts vermag, ungleich unserer gelehrten Kirina, unserer jungen Herrin, der Gott oft schon Gelingen verlieh und langes Leben verleihe!«
    »Vor allem aber Erkenntnis«, versuchte Salmenikos den Mönch durch den Hinweis auf Malchatuns Islam zu verwirren. »Nach der Lehre Ihrer - vielmehr unserer Kirche öffnet das Paradies sich doch nur dem, der sich dem Kreuz geneigt?«
    Dem Kleinen verschlug das gar nichts. Unbeschadet seiner ohnehin geringen Würde lachte er herzlich und laut.
    »Liebet euch untereinander! Von der Hagia Sophia in Konstantinopel oder einem andern Dom mögen sich die Dinge ja verwickelter anschauen. Aber bei mir in den Höhlen von Ögi sind sieganz einfach.«
    »Einfältig wähnen Sie Gott?« verbog Salmenikos um ein kleines das Wort.
    »Du sagst es, Bruder«, wischte Aratos jedoch jede Versuchung fort, »eine einzige Falte und ohne Hinterhalt - das ist unser Vater im Himmel.«
    Gott allein sei allwissend, legte Salmenikos unverdrossen einen neuen Fallstrick, und wie lange der Bruder die Kirina schon kenne, um sich hinsichtlich ihrer so zuversichtlich zu zeigen ?
    »Schon
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