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Malchatun

Titel: Malchatun
Autoren: Johannes Tralow
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der seinigen. Es könne gar nicht anders sein. Sie, Malchatun, sei der Grund, daß Apollonia statt des Herrn von Biledschik, der jetzt neben ihr sitze, dessen kleinen Vetter David heiraten müsse.
    In den Kreisen der arabischen Gelehrsamkeit wurde Malchatun stets als Gleichberechtigte behandelt, und so kannte sie genug Männer, mit denen sich zu unterhalten Gewinn war. Es gab stattliche Erscheinungen unter diesen Gelehrten, und würdig sahen sieaus in ihren weiten Gewändern.
    Dagegen hatten es die Griechen des heruntergekommenen Grenzlandes zumeist verlernt, ihren Prunk aus besseren Tagen mit Anmut zu tragen. Gerade von Salmenikos galt das jedoch nicht. Er war in Wahrheit noch immer in jener älteren, gesättigten Welt jenseits des Bosporus zu Hause. Seine Kleidung wirkte, als sei sie ihm angewachsen.
    Ein enganliegendes schwarzes, goldornamentiertes Wams trug er heute, von seinem Doppelgurt hing lässig der geschmückte Dolch, goldumrandet waren auch seine in die roten Strumpfhosen eingearbeiteten Stiefel mit den fußlangen goldenen Radsporen. Schwarz wieder war die hohe, sich oben verbreiternde Kappe, die einer Priesterhaube zu vergleichen gewesen wäre, wenn nicht eine aus einer Juwelenspange steil aufsteigende Feder sie überschattet hätte.
    Nichts verbarg der Körper, nichts das Gesicht. Die braunen Haare legten sich, um im Nacken zu verrieseln, wellig über die Ohren. Ein bärtiger Strich bedeckte die Oberlippe - das Kinn ein lockiger Bart. Leicht, aber bestimmt wölbten die Brauen sich über den dunklen Augen.
    Auf der Waage lag beider Schicksal, und es war die Stunde des großen Pan. Von Malchatuns Schultern war der blaue Mantel geglitten. Unverhüllten Gesichtes saß sie da im matten Glanz ihres silbergrauen Gewandes. Wie eine lichte Wolke stand das gelbliche Weiß eines blütenschweren Holunderstrauches über ihren sprühenden Haaren.
    Viel, viel älter als das Haus war die marmorne Bank. Als man die Stadt noch nicht Eskischehr genannt hatte, war die Bank schon Jahrhunderte dagewesen. Witterung und Gewalt hatten das Werk ihrer Zerstörung beinahe vollendet; aber hier und da ein halbes Gesicht oder die Andeutung eines menschlichen Leibes zeugten von der größeren Beschwingtheit des heidnischen Doryläums. Unsichtbare Götter einer alten Anbetung umschwebten die Städte, und weit mehr zu ihnen, dünkte es Salmenikos, gehöre die sinnende Malchatun als in den Tartaros des entgötterten Heute. Tief senkte die Sonnenstunde ihm ungestillte Sehnsucht in die Brust. Das Bild der weit ausschreitenden Göttin, die sich ihm einst an gleicher Stelle genaht hatte, verschmolz mit dem der harrenden Nymphe vor ihm. Gewaltig lockte ihn die Flucht in dieses Mädchens höhere Sphäre.
    Dazu Pauke und Fahne und vielleicht erlebe er noch den völligen Verfall der Sultansmacht, deren er jetzt noch bedürfe dann werde er Münzen mit dem eigenen fürstlichen Bilde sehen, und der Name »Salmenikos« müsse in den vorgeschriebenen Gebeten genannt werden.
    Er erhob sich. Malchatun zur Fürstin zu machen erschien ihm in diesem Augenblick als das große Ziel seines Lebens.
    Dicht stand auch sievor ihm. Er brauchte sie nur zu berühren, nur in seine Arme zu ziehen. Nicht einmal ein Wort war nötig. Keine Abwehr der Unerschlossenen empfand sie, nicht das leiseste Grauen, nichts als die beglückende Bereitschaft für den Gatten ihrer Wahl.
    An sein Biledschik mußte er denken. Unterhalb der Burg schäume das Wasser weithin zur Sakaria, dem Fluß, und Lorbeer und Myrte dunkelten grün aus den Schluchten. Alles, was das Leben wert mache, sei in Biledschik. Nur dort sein mit diesem Mädchen, auslöschen die Qual des Sehnens - dem Chaos, das sie beide umgebe, ihr Leben und sein eigenes entreißen. Der Vollendung entgegenreifen in Stille, in Sicherheit und ohne Unrast.
    Er sah ihren Mund ... er atmete sie . . .
    Jäh schloß er die Augen.
    Pauke und Fahnen - die Münze mit fürstlichem Bild . . .
    Doch was sei das mit Osman? - Malchatun heiraten heiße Osman mit rotem Lappen unter die Augen gehen, und noch sei er, Salmenikos, nicht Fürst, nicht Statthalter und Stellvertreter der seldschukischen Majestät! Noch könne er sich keine Feindschaften leisten. Auch nicht die eines türkischen Hirtenstammes. Die schon gar nicht! Oh, dieses Noch! Noch müsse er warten. Erst Eskischehr, die Fahne, die Statthalterschaft . . .
    Und nun sprach er.
    Natürlich sei er mit den Ertoghrulern befreundet, dem so hochbegünstigten Stamme der Grenzreiter, mit
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