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Makers

Makers

Titel: Makers
Autoren: Chris Anderson
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der Blaupause als Orientierung schnitten, bohrten, schliffen und drechselten wir an diesen Metallblöcken herum. Wirarbeiteten eine Kurbelwelle, Kolben, Lager und Ventile aus den massiven Messing- und Stahlblöcken heraus, wie ein Künstler eine Skulptur aus einem Marmorblock herausarbeitet. Die Stahlspäne häuften sich unter der Drehbank um meine Füße, und ich staunte, wozu Werkzeuge in geübten Händen fähig waren (die meines Großvaters, nicht meine). Wir hatten aus einem Klumpen Metall eine Präzisionsmaschine hervorgezaubert. Wir waren eine Miniaturfabrik, und wir konnten alles herstellen.

    Ich wurde älter und kehrte irgendwann nicht mehr in Großvaters Werkstatt zurück. Ich vergaß, wie faszinierend es war, Dinge selbst herzustellen. Schuld daran waren die Bildschirme. Ich gehöre zur ersten Generation, die mit einem eigenen Computer aufwuchs, und Computer begeisterten mich mehr als das Handwerk meines Großvaters. Ich lernte zu programmieren, und meine Schöpfungen bestanden aus Code statt Stahl. Neben der Macht, die ein Mikroprozessor eröffnete, wirkte die Bastelei in der Werkstatt unbedeutend.
Zines, Sex Pistols und die Geburtsstunde des Indie
    Mein zweites DIY-Erlebnis hatte ich erst mit über 20. In den frühen 1980er-Jahren lebte ich in Washington, D. C., damals ein Zentrum der amerikanischen Punkrock-Bewegung. Weiße Teenager aus den Vororten gründeten Bands wie Minor Threat und Teen Idles und spielten in den Kellerräumen von Kirchen. Ich konnte kein Instrument spielen und hatte kaum Talent, aber ich ließ mich von der Begeisterung mitreißen und spielte in ein paar unbekannteren Szenebands mit. 2 Es war eine prägende Erfahrung.
    Um bei einer Garagenrockband mitzuspielen, brauchte man nur eine elektrische Gitarre und einen Verstärker. Neu bei der Punkwelle der 1980er-Jahre war, dass die Bands nicht mehr nur auftraten; sie veröffentlichten auch. Fotokopierer waren gerade im Kommen, und durch sie entstand die »Zine«-Kultur der DIY-Magazine, die in Läden, bei Konzerten und per Post verteilt wurden. Mit billigen Vierspur-Aufnahmegeräten konnten die Bands ihre eigene Musik aufnehmen und abmischen, ganz ohne professionelles Tonstudio. Da es immer mehr kleine Vinylpresswerke gab, konnten Singles und EPs auch in niedriger Auflage hergestellt und dann per Versandhandel oder im örtlichen Einzelhandel verkauft werden.
    Dies waren die Anfänge der DIY-Musikindustrie. Jetzt hatten auch Einzelne die Möglichkeiten, die zuvor nur den großen Musiklabels zur Verfügung standen: Aufnahme, Herstellung und Marketing von Musik. Schließlich gründeten einige Bands, unter der Führung von Minor Threat und später Fugazi, ihr eigenes kleines Indie-Label, Dischord, das im Lauf der Jahre Hunderte von Platten veröffentlichte und auch heute noch existiert. Die Bands mussten mit ihrer Musik keine Kompromisse eingehen, um sie veröffentlichen zu können, und es war egal, wie viele Platten sie verkauften oder wie oft sie im Radio gespielt wurden. Sie fanden ihre Fans auch so, oder besser gesagt: Die Fans fanden sie über Mundpropaganda, und die kleinen Labels bekamen haufenweise Postkarten mit Bestellungen von Platten, die es in kaum einem Plattenladen gab. Der niedrige Bekanntheitsgrad verlieh ihnen Glaubwürdigkeit und trug zum Aufstieg einer globalen Subkultur bei, die die moderne Webkultur prägt.
    Von meinen Bands gab es alles, von fotokopierten Flyern über selbst gemachte Magazine und Vierspuraufnahmen bis zu Alben beieinem Indie-Label. Wir haben nie den großen Durchbruch geschafft, aber darauf kam es uns auch gar nicht an. Wir hatten alle noch reguläre Jobs, aber wir machten gleichzeitig etwas, das wir für wirklich neuartig hielten. Es kamen immer Leute zu unseren Auftritten, und wir tourten sogar durch New York und andere Städte, die ihre eigenen Indie-Szenen hatten. Aus diesen Anfängen entstand der heutige alternative Rock.
    Mit Mitte 20 war mir klar, dass meine Talente woanders lagen, und ich gab die Musik auf. Ich ging wieder aufs College und entschied mich, teilweise als Wiedergutmachung für die verlorene Zeit, für das schwerste Hauptfach, das ich finden konnte: Physik. Ich war zwar nicht wirklich gut darin, aber ich erlebte dadurch die ersten Anfänge des Internets, das bekanntermaßen entwickelt wurde, damit Forscher in akademischen Laboren sich miteinander austauschen konnten. Dies war vor allem für Physikinstitute nützlich, deren teure Ausrüstung von Forschern aus der ganzen Welt
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