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Make Me Gluecklich

Make Me Gluecklich

Titel: Make Me Gluecklich
Autoren: Christiane André
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gerade mit Liebesschwüren verwöhnt, aber ich wollte nichts von Jamie, und es war einfach unfair, ihn weiter ins offene Messer laufen zu lassen . . .
    »Warten Sie, Jamie, bevor Sie . . .« Was war denn das ?! Beziehungsweise wer ? Ganz eindeutig war eben in dieser Sekunde jemand draußen vor dem Fenster vorbeigegangen – jemand, den ich kannte, dessen Anblick hier mir aber die Sprache verschlug: Raoul. Raoul, Denises heimliche Liebe, der Doorman aus der Fifth Avenue, der Nachbar von Raf und Brenda . . . Er war es hundertprozentig. Da hinten sah man noch seine rundliche, etwas untersetzte Gestalt, seinen Kopf mit den drahtigen, schwarzen Löckchen . . . bevor er um die Ecke in Richtung Hoteleingang verschwand.
    Das war ja der Hammer. Ich sprang auf und sagte zu Jamie: »Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment. Ich habe da jemanden gesehen, den . . . ich kann’s gar nichtglauben, dass er hier ist, ich muss mich eben kurz vergewissern – ich bin gleich wieder da, okay?!«
    Dann rannte ich davon. Auf dem Weg zur Lobby hielt ich mir noch einmal vor Augen, dass ich den Puertoricaner wirklich gesehen und nicht nur eine Halluzination produziert hatte, nur damit ich vor Jamie flüchten konnte. Nein, Raoul war tatsächlich über die Fasanenstraße gelaufen, und ich würde mich meinem übereifrigen Anwalt stellen, sobald ich Raoul hallo gesagt hatte und wusste, wieso er hier war.
    In der Lobby war nicht viel Betrieb, und ich hatte im Bruchteil einer Sekunde alle Leute gescannt. Er konnte nicht weit sein, denn ich war schließlich gerannt – da, in einem Gang, der links in die Tiefen des Hotels hineinführte, erhaschte ich einen kurzen Blick auf den nicht unbedingt topmodischen braunen Anzug, den Raoul getragen hatte. Wo wollte er denn hin?
    Egal – ich sprintete ihm hinterher. In der Empfangshalle des altehrwürdigen Baus wollte ich nicht brüllen, aber sobald ich den dunkel getäfelten Gang betreten hatte, rief ich halblaut: »Raoul?!«
    Es kam keine Antwort. Es war auch niemand zu sehen, also gab ich ein bisschen Gas und lief einfach weiter. Ich musste eigentlich jede Sekunde auf ihn treffen, denn es gab hier kaum eine Abzweigung oder angrenzende Räume.
    »Raoul, hallo!«, rief ich nochmal. Ich glaubte, ein Stück weiter vorne Schritte zu hören, aber sonst blieb es still. Versuchsweise öffnete ich die nächstbeste Tür, aber die führte nur in eine Wäschekammer, wo sich auf hohen Regalen weiße Stoffberge türmten. Danach wurde mein Schritt schon langsamer.
    Hatte ich vielleicht doch eine Halluzination gehabt, vor lauter Verzweiflung angesichts einer drohenden Liebeserklärung?! Wohin ging es hier überhaupt? Zum Pool? In den Weinkeller? Wieso sollte Raoul – falls er es war – denneigentlich hier in den Eingeweiden eines Berliner Hotels herumgeistern?
    Und dann blieb ich plötzlich wie angewurzelt stehen.
    Durfte das wahr sein? In einem Gang, der sich zu einem anderen Bereich der Halle öffnete, war ja schon wieder jemand, den ich kannte und den ich hier niemals erwartet hätte: Peter, unser Kameramann! Er hatte sogar sein Arbeitsgerät auf der Schulter, einsatzbereit, und ging mit zügigem Schritt am Zeitungskiosk vorbei in einen anderen Teil des Hotels. Er war ganz offensichtlich bei der Arbeit – drehte er schon den nächsten Film?
    Ich war ein bisschen neugierig. Und ich ja war noch nicht lange weg gewesen, also würde Jamie es sicher aushalten, sagte ich mir, wenn ich nur eben mal nachsah, wohin unser Peter denn so wollte, hier im »Kempinski«. Es gab wirklich Zufälle im Leben . . . Raoul hatte ich mir wohl eingebildet, aber Peter war – nicht zuletzt wegen seines Pferdeschwanzes – eindeutig. Es würde nicht länger als zwei Minuten dauern . . .

Es war nicht weit. Peter durchquerte eine Art zweite Lobby und verschwand dann in einem Durchgang, der laut Schild in die Bristol-Bar des Kempinski führte. Leises Stimmengewirr und Gläserklingen drang aus dem Raum, offenbar war hier eine Art Party zugange.
    Vorsichtig ging ich ein paar Schritte in Richtung Bar.
    Was ich sah, ließ mich innehalten und an meinem Verstand zweifeln und an ein paar anderen Dingen, die ich bisher für eindeutig und felsenfest und unverbrüchlich gehalten hatte.
    Dort stand meine Mutter. Meine Mutter, die es nicht für nötig gehalten hatte, mir auch nur anzudeuten, dass sie heute Abend ebenfalls im Kempinski sein würde. Sie trug ein lila Kostüm (es war grässlich altmodisch, also schon beinahe wieder hip), hielt ein Sektglas
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