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Mailverkehr für Fortgeschrittene

Mailverkehr für Fortgeschrittene

Titel: Mailverkehr für Fortgeschrittene
Autoren: Mela Wolff
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mit Kreide an die Wände gemalt worden waren. Einer zeigte abwärts, zu den Kellerräumen. Helena atmete tief durch und stieg die durchsichtigen Treppenstufen aus Metallgitter hinunter.
    Das Theaterstück, eine Mischung aus Tanz und gespielten Szenen, handelt vom Leben des Marquis de Sade. Ein reicher französischer Adliger, der ein skandalöses Leben führte und noch skandalösere Romane schrieb. Pornografisch, kirchenfeindlich, philosophisch. Er musste wirklich etwas Besonderes gewesen sein. Nicht umsonst war sein Name über die Jahrhunderte hinweg zu einem Begriff geworden: Sadismus.
    Sadistisch. Jemand, dem es Vergnügen bereitete, seine Mitgeschöpfe zu quälen.
    Eine Paraderolle für Mark Taylor. Denn natürlich spielte er den lüsternen Marquis.
    Mit dem Original hatte es kein gutes Ende genommen.
    Das Theaterstück führte seine Zuschauer durch verschiedene Räume des alten Kraftwerks, über Stahltreppen, vorbei an Eisenketten, und zeigte den Marquis bei Orgien und Ausschweifungen, im Gefängnis und schließlich in der Irrenanstalt, wo er gestorben war. Getanzt wurde in den Werkshallen auf Gitterrosten in dreißig Metern Höhe. Ein eindrucksvolles Schauspiel, die Tänzer vor Fackeln, begleitet von rhythmischen Trommeln. Gespielt wurde in den kleineren Räumen. Zum Beispiel im Keller.
    Helena ertappte sich dabei, wie sie auf Zehenspitzen die Treppenstufen hinabschlich. Irgendetwas war da unten. Etwas oder jemand. Sie konnte es dumpf brummen hören.
    An den Wänden bröckelte der Putz. Flechten wucherten dunkelgrün, fast schwarz, aus den Rissen im Mauerwerk. Ihr Atem klang Helena viel zu laut in den Ohren. Die Treppe machte eine Biegung und verschwand hinter einer Ecke. Helena blieb stehen. Zögerte, lauschte.
    Leises Murmeln. Und … Fluchen! Kein Kater. Ein Mann. Ein ziemlich wütender, dem Tonfall nach zu urteilen. Das änderte alles. Sie hätte es mit einem verletzten Tier aufgenommen. Aber ein Mann, hier unten, in diesem verlassenen Gemäuer, noch dazu einer, der mit seiner Geduld am Ende zu sein schien … Helena trat einen Schritt zurück.
    Der Mann sagte deutlich: »Verfluchter Mist.«
    Wer konnte das sein? War noch jemand hiergeblieben, vielleicht einer der Techniker, der Schwierigkeiten beim Verlegen von Kabeln hatte? Oder ein Kulissenarbeiter?
    Vielleicht war es aber auch ein Vagabund. Einer, der hier wohnte und von den ungewohnten, neuen Mietern kurzfristig vertrieben worden war. Von neuen Mietern, auf die er nicht gut zu sprechen war.
    Helena trat noch einen Schritt zurück. Das Licht einer Neonröhre spiegelte sich in ihren Stiefeln wider. Lange, schwarze Lederstiefel. Nicht die Schuhe eines Mäuschens. Sondern die Stiefel einer Frau, die vor nichts Angst hatte. Helena straffte sich und schob sich langsam wieder an die Ecke heran. Mit der linken Hand umklammerte sie das raue Metallgeländer, mit der rechten die Peitsche.
    Vorsichtig schob Helena ihren Kopf weiter nach vorn. Sie blickte in einen Kellerraum. Ihn hatte Niko als de Sades Zelle in der Anstalt auserkoren. Er hatte extra eine angeschlagene Emailwanne und eine alte, strohgefüllte Matratze hertransportieren lassen und die Rohre an den Wänden mit Fesseln und Handschellen ausgestattet. An einem dieser Rohre an der Backsteinwand, stand … Helena traute ihren Augen nicht … Mark Taylor.
    Er trug sein Kostüm: Stiefel, schmale schwarze Lederhosen und ein weißes Rüschenhemd, das halb aufgeknöpft war und seine prächtige Brustmuskulatur zur Schau stellte.
    Helena hatte nicht begriffen, warum der Regisseur wollte, dass sein Hauptdarsteller aussah wie aus einem Piratenfilm entsprungen. Aber sie musste zugeben, dass das Resultat sogar im flackernden Licht der Neonröhren durchaus attraktiv war … und sehr sexy. Aber was machte Mark mit seinen Hände da oben? Jetzt erst sah sie es. Er war angekettet!
    (Fortsetzung folgt)
    Betrifft: Wow!
    Von: Gruber Bestattungen
    Datum: 09. 12. 2012 10:34
    Hut ab, Hannah!
    Sehr schön, sehr romantisch. Sehr sexy. Und voller vielversprechender Möglichkeiten. Das Pudermäuschen mit der Peitsche und der angekettete tumbe Macho. Hoffentlich nimmt sie ihn ordentlich in die Mangel.
    Weiter so!
    Mike
    PS: Und lass die Finger von diesem Jean
    Betrifft: Armer schwarzer Kater
    Von: H. Zimmermann
    Datum: 10. 12. 2012 18:52
    Hallo Mike,
    im Moment bin ich nicht an Jean interessiert (auch wenn er mir immer noch im Kopf herumgeistert, ich gebe es zu).
    Othello ist tot. Ein Tumor im Bauch, ich hab’s zuerst gar nicht
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