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Mailverkehr für Fortgeschrittene

Mailverkehr für Fortgeschrittene

Titel: Mailverkehr für Fortgeschrittene
Autoren: Mela Wolff
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nicht meins haben muss. Eine Frau, die selbstbewusst ist und ihr eigenes Ding macht. So wie meine Angebetete. Muss zugeben, dass ich mich ein wenig an ihre Fersen geheftet habe. Abends, ab und an, wenn ich Zeit hatte. Sie hat ihr Projekt noch nicht abgeschlossen, und ich bin neugierig, zu welchem Ergebnis sie kommt. Neugierig und ein wenig besorgt. Sie kniet sich ziemlich rein. Hoffe, sie übertreibt nicht.
    Mike
    Betrifft: Maskerade
    Von: H. Zimmermann
    Datum: 03. 12. 2012 19:46
    Hallo Mike,
    sehr plastisch, Deine Beschreibung. Und der von Dir genannte Ort ist eine wirklich hübsche Stelle für ein Haus. Was den Duft angeht: Ich liebe es, bei Männern hinterm Ohr zu schnuppern. Da riecht selbst der hartgesottenste Kerl nach frisch gewaschenem Baby.
    Was die »selbstständige Frau« anbelangt, die Du gerne hättest … nun ja, ich weiß nicht. Vielleicht doch nur ein Lippenbekenntnis, oder? Bisher hat noch jeder Mann, mit dem ich es zu tun hatte, am Ende nur ein »Heimchen am Herd« gewollt. So eine wie meine (Ex-)Freundin Geli. Du erinnerst Dich?
    Und wie Du selbst sagst, es gibt noch viel zu entdecken. Zum Beispiel eine künftige Bestsellerautorin! ;-)
    Denn endlich hat das »Nobody Girl« beschlossen, ein »Somebody Girl« zu sein und was zu machen. Also: Teil eins meines Romans im Anhang. Viel Vergnügen beim Lesen! Bin mal gespannt, was Du sagst …
    Hannah
    Anhang:
    Maskerade
    (Roman Teil eins)
    In den Kellergewölben schrie jemand.
    Helena ließ vor Schreck die Puderquaste fallen.
    Es war schon unheimlich genug, für eine Truppe zu arbeiten, die in einem stillgelegten Heizkraftwerk Theater spielte. Noch dazu ein Stück über den Marquis de Sade. Doch wenn man sich ganz allein wähnte zwischen verfallenen Backsteinmauern und tropfenden Deckenrohren, und einem der Geruch nach Moder schon den ganzen Nachmittag in die Nase gekrochen war, dann wollte man erst recht keinen Schrei hören. Auch dann nicht, wenn er eher gedämpft und wütend klang als laut und verzweifelt. War er überhaupt menschlich? Katzen konnten so schreien, daran erinnerte sie sich gut. An nächtliche Liebesspiele und Revierkämpfe draußen im Garten vor dem Fenster ihres Zimmers.
    Helena starrte ihr Gesicht im Spiegel an. Eine kokette Maske aus Make-up, Puder, Rouge und Lippenstift, starrte mit weit aufgerissenen Augen zurück. Eine Reihe falscher Wimpern löste sich von ihrem rechten Augenlid. Sie seufzte und versuchte, sich zu beruhigen.
    Eine Katze, nichts weiter.
    Helena hatte extra gewartet, bis alle Schauspieler, Techniker und Kulissenbauer die Probe beendet hatten und in die nächste Kneipe gezogen waren.
    »Komm doch mit, Lena«, hatte Niko gesagt, der Regieassistent.
    »Ja, los, wir nehmen das Pudermäuschen mit«, hatte einer der Techniker gerufen. Allgemeines Gelächter folgte.
    Pudermäuschen. Den Spitznamen hatte sie Mark Taylor zu verdanken. Jung, attraktiv, der Star der Kompanie und ein arrogantes Arschloch.
    Niko schüttelte unwirsch den Kopf, dann lächelte er Lena entschuldigend an.
    »Nimm’s ihnen nicht übel, sie hatten einen harten Tag, und Du auch. Du hast gute Arbeit geleistet heute. Komm mit, es wird Dir guttun, mal unter Menschen zu kommen.«
    »Nein, danke. Ich muss hier noch aufräumen, damit wir morgen früh gleich weitermachen können.« Helena wies auf das Chaos in dem improvisierten Maskenbildner-Raum. Vor drei großen Spiegeln standen wackelige Klappstühle, die mit achtlos darübergeworfenen Kostümen bedeckt waren. Auf einem Tapetentisch lagen Make-up-Utensilien, Cremetöpfe und Haarteile verstreut. Helena war als Maskenbildnerin engagiert worden, und sie nahm diesen Job sehr ernst. Es war der erste nach einer langen Durststrecke. Deshalb wollte sie alles so gut wie möglich machen, um wieder einen Draht zu den richtigen Leuten zu kriegen und Folgeaufträge an Land zu ziehen.
    »Mark ist nicht mit von der Partie«, sagte Niko leise und zwinkerte ihr verschwörerisch zu.
    Taylor hatte vom ersten Tag an seine Starallüren an ihr ausgelassen. Sich über das »Pudermäuschen« lustig gemacht und ihre Schüchternheit zum Ziel seines schnellen Witzes erkoren: »Merk Dir meinen Namen. Du wirst ihn die ganze Nacht schreien«, das war einer seiner Sprüche. Oder: »Oh Baby, Du machst meine Software zur Hardware.« Das waren noch die harmloseren Varianten, die er losließ, wenn Helena ihm die Grundierung auftrug.
    Gerne legte er noch eins drauf. Zum Beispiel so: »Frage: Wie lautete der letzte Funkspruch der
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