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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher
Autoren: Georges Simenon
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noch einen, aber ich habe schon fast alles gesagt …«
    »Wohnen Sie möbliert?«
    »Nein, ich habe meine eigenen Möbel, auch eine kleine Küche und ein Bad …«
    »Kochen Sie selbst?«
    »Das Abendessen habe ich mir selbst zubereitet …«
    »Aber die letzten Tage nicht mehr?«
    »Nein … Ich gehe so spät wie möglich nach Hause … Warum fragen Sie mich so nebensächliche Dinge?«
    »Weil es mir hilft, Sie besser zu verstehen …«
    »Machen Sie das bei allen so?«
    »Kommt darauf an …«
    »Sind die Leute, mit denen Sie zu tun haben, so verschieden?«
    »Alle Menschen sind verschieden … Warum kommen Sie mich nicht besuchen?«
    Ein gequältes Auflachen am anderen Ende der Leitung.
    »Würden Sie mich wieder gehenlassen?«
    »Das kann ich Ihnen nicht versprechen.«
    »Sehen Sie … Wenn ich Sie wirklich besuchen komme, wie Sie das nennen, dann heißt das, dass ich mich entschieden habe.«
    Maigret überlegte, ob er das Ultimatum des Richters erwähnen sollte. Er bedachte die Vor- und Nachteile und beschloss dann, es nicht zu tun.
    »Auf Wiederhören, Herr Kommissar …«
    »Auf Wiederhören … Alles Gute …«
    Maigret und Janvier sahen sich an.
    »Armes Schwein«, murmelte Janvier.
    »Er kämpft noch mit sich. Er sieht alles sehr klar und macht sich nichts vor. Die Frage ist, ob er bis Mittwoch kommt …«
    »Haben Sie nicht auch den Eindruck, dass er drauf und dran ist?«
    »Schon seit Samstag ist er drauf und dran … Im Moment scheint die Sonne, er ist draußen, in der Menschenmenge, niemand zeigt mit dem Finger auf ihn. Er kann sich in ein Café setzen, einen Cognac bestellen und bekommt ihn serviert, ohne dass jemand auf ihn achtet. Er kann in ein Restaurant essen gehen, es sich in einem Kino bequem machen, wo es dunkel ist um ihn herum …«
    »Ich verstehe …«
    »Ich versetze mich in seine Lage … Von einer Stunde auf die andere …«
    »Würde er sich umbringen, wie Sie es befürchten, wäre es noch endgültiger …«
    »Ich weiß … Aber er muss es selbst wissen. Ich hoffe bloß, dass er nicht noch mehr trinkt …«
    Leichte, erfrischende Windstöße drangen ins Büro, und Maigret blickte zum offenen Fenster hinaus.
    »Wie wär’s mit einem kleinen Aperitif?«
    Wenige Minuten später standen sie beide an der Theke der ›Brasserie Dauphine‹.
    »Einen Cognac«, sagte der Kommissar. Janvier lächelte.

7
    Der Dienstag wurde ein unangenehmer Tag. Dabei war Maigret überaus vergnügt im Büro angekommen. Es war so herrliches Frühlingswetter gewesen, dass er den ganzen Weg vom Boulevard Richard-Lenoir aus zu Fuß gegangen war. Er hatte die Frühlingsluft eingesogen, den Geruch der Läden geschnuppert und sich einige Male nach Frauen in hellen, fröhlichen Kleidern umgewandt.
    »Irgendwas für mich?«
    Es war neun Uhr.
    »Nichts, Chef.«
    In einigen Minuten, vielleicht auch in einer halben Stunde, würde ein Zeitungsherausgeber oder Chefredakteur anrufen, um ihm anzukündigen, dass wieder ein in Großbuchstaben geschriebener Brief eingetroffen sei.
    Heute musste es geschehen. Maigret hatte sich auf den entscheidenden Tag vorbereitet. Er hatte seine Pfeifen auf dem Schreibtisch zurechtgelegt und sich bedächtig eine von ihnen ausgesucht, die er jetzt, da er vor dem offenen Fenster stand und auf die im Morgenlicht glitzernde Seine hinunterblickte, stopfte und anzündete.
    Als er zum Rapport musste, rief er Janvier in sein Büro.
    »Wenn er sich meldet, musst du versuchen, ihn hinzuhalten, und mich sofort holen …«
    »Jawohl, Chef …«
    Es kam kein Anruf während der Zeit, in der er im Büro seines Vorgesetzten war. Auch um zehn Uhr noch nichts. Um elf Uhr immer noch nichts.
    Maigret ging die Post durch, füllte geistesabwesend Formulare aus und ging ab und zu, um die Zeit totzuschlagen, ins Inspektorenbüro hinüber, wobei er nie vergaß, die Tür angelehnt zu lassen. Alle spürten, wie nervös und unruhig er war.
    Dieses Telefon, das einfach nicht klingeln wollte, schuf eine Art luftleeren Raum, in dem er sich nicht zurechtfand. Es fehlte ihm etwas.
    »Sind Sie sicher, dass mich niemand am Telefon verlangt hat, Mademoiselle?«
    Er rief schließlich selbst die Zeitungen an.
    »Haben Sie heute Vormittag nichts bekommen?«
    »Bisher nicht, nein …«
    Am Montag war der erste Anruf des Mannes von der Rue Popincourt kurz nach Mittag gekommen. Maigret ging nicht mit den anderen zum Essen. Er wartete bis halb eins und bat dann Janvier, der über den Fall am besten Bescheid wusste, für ihn wieder die
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