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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher
Autoren: Georges Simenon
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aber er dachte es auch wirklich.
    »Dann lassen Sie uns einen Kompromiss schließen. Heute ist Montag. Wenn bis, sagen wir, Mittwoch um dieselbe Zeit …«
    »Ja, was?«
    »Wenn Ihr Mann bis dahin nicht hinter Schloss und Riegel sitzt, dann geben Sie die Fotos an die Zeitungen.«
    »Muss das wirklich sein?«
    »Ich gestehe Ihnen eine Frist zu, die mir ausreichend erscheint …«
    »Danke …«
    Maigret kehrte in den Trakt der Kriminalpolizei zurück und öffnete dort die Tür des Inspektorenbüros. Eigentlich brauchte er gar niemanden.
    »Kommst du mal, Janvier?«
    Ihm war heiß. In seinem Büro angekommen, riss er die Fenster auf. Schlagartig erfüllte Verkehrslärm den Raum. Er setzte sich an den Schreibtisch und suchte sich eine geschwungene Pfeife aus, die er weniger oft rauchte als die anderen.
    »Gibt’s irgendwas Neues?«
    »Nichts Neues, Chef.«
    »Setz dich …«
    Dieser Richter hatte nichts verstanden! Für ihn entsprach ein Verbrecher einfach diesem oder jenem Paragraphen des Strafgesetzbuches.
    Manchmal musste Maigret laut denken.
    »Er hat wieder angerufen …«
    »Will er sich bald stellen?«
    »Eigentlich schon … Aber er zögert noch, wie vor dem Sprung ins kalte Wasser …«
    »Er hat vermutlich Vertrauen zu Ihnen.«
    »Das glaube ich auch. Aber er weiß, dass es nicht nur mich gibt. Ich komme gerade von drüben … Wenn er einmal vor dem Untersuchungsrichter sitzt, wird er sich leider gewissen Realitäten stellen müssen.
    Ich weiß ein bisschen mehr über ihn. Er stammt aus einer kleinen Provinzstadt, den Namen wollte er nicht verraten. Das bedeutet, dass es eine sehr kleine Stadt ist, in der wir schnell seine Spur gefunden hätten. Sein Vater ist Chefbuchhalter, die rechte Hand des Firmeninhabers, wie er etwas bitter angemerkt hat.«
    »Ich kenne das …«
    »Er hätte Rechtsanwalt oder Arzt werden sollen. Für Schule und Studium fehlte ihm die Ausdauer. Er wollte auch nicht in die Firma eintreten, in der sein Vater arbeitet. Ich habe ihm gesagt, er sei da kein Einzelfall.
    Jetzt ist er ein kleiner Büroangestellter. Lebt allein. Hat einen Grund, nicht zu heiraten.«
    »Hat er ihn genannt?«
    »Nein, aber ich glaube, ich ahne ihn …«
    Mehr wollte Maigret dazu allerdings nicht sagen.
    »Wir können nur abwarten. Morgen wird er ziemlich sicher wieder anrufen … Am Mittwochnachmittag muss ich sein Foto an die Zeitungen geben …«
    »Warum?«
    »Ein Ultimatum des Untersuchungsrichters. Länger zu warten könne er nicht verantworten, sagt er.«
    »Hoffen Sie, dass er …«
    Das Telefon klingelte.
    »Der anonyme Anrufer möchte Sie wieder sprechen, Herr Kommissar.«
    »Sind Sie es, Monsieur Maigret? Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich heute Mittag einfach aufgelegt habe … Manchmal sage ich mir, dass alles keinen Sinn hat … Ich komme mir vor wie eine Fliege, die immer wieder gegen die Scheibe prallt, weil sie hofft, doch noch aus den vier Wänden des Zimmers herauszukommen …«
    »Sind Sie nicht an Ihrer Arbeitsstelle?«
    »Ich bin hingegangen … Ich hatte den besten Willen … Ich bekam einen dringenden Vorgang zur Bearbeitung. Aber als ich die Akte aufschlug und die ersten Zeilen las, habe ich mich gefragt, was ich hier überhaupt soll …
    Ich habe eine Art Panik bekommen, und unter dem Vorwand, auf die Toilette zu müssen, bin ich auf den Gang hinausgerannt … Im Vorbeigehen habe ich mir schnell meinen Mantel und meinen Hut geschnappt … Ich hatte Angst, als ob jemand hinter mir her gewesen wäre …«
    Maigret hatte Janvier gleich zu Beginn bedeutet, er solle den zweiten Hörer nehmen.
    »In welcher Gegend sind Sie jetzt?«
    »Auf den Grands Boulevards … Schon seit einer Stunde laufe ich in der Menschenmenge herum … Manchmal bin ich böse auf Sie und denke, dass Sie mich absichtlich herumhetzen, dass Sie mich ganz langsam fertigmachen wollen, bis mir nichts mehr anderes übrigbleibt, als mich zu stellen …«
    »Haben Sie etwas getrunken?«
    »Woher wissen Sie das?«
    Sein Redefluss war heftiger als am Mittag.
    »Ich habe zwei oder drei Cognac getrunken …«
    »Und Sie sind es nicht gewohnt …«
    »Ich trinke höchstens zum Essen ein Glas Wein, selten einen Aperitif …«
    »Rauchen Sie?«
    »Nein.«
    »Was haben Sie jetzt vor?«
    »Ich weiß es nicht … Nichts … Durch die Straßen gehen … Mich vielleicht in ein Café setzen und die Nachmittagszeitungen lesen …«
    »Haben Sie keine Briefe mehr an die Zeitungen geschrieben?«
    »Nein … Vielleicht schreibe ich
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