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Magnolia Steel – Hexennebel

Magnolia Steel – Hexennebel

Titel: Magnolia Steel – Hexennebel
Autoren: Sabine Städing
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nicht.
    Was tut man mit jemandem, den man nicht aus der Welt schaffen kann?
    Der Graf hatte ihre Gedanken gehört und lachte heiser. »Ihr werdet mich nicht los. Ganz gleich, was ihr versucht. Ich werde euch bis an das Ende eures erbärmlichen Lebens jagen. Und ich werde euch kriegen, das verspreche ich euch!«
    »Leg den Deckel drauf. Ich kann sein dummes Gerede nicht mehr hören!«, brummte Runa. Dabei wusste sie nur zu gut, dass der Graf die Wahrheit sagte. Zeit spielte für ihn keine Rolle, ganz gleich, wie lange er in seinem Sarg gefangen war. Er konnte seinen Geist von dort aus auf Reisen schicken, Verbündete suchen, und irgendwann würde er wieder da sein. Unglücklich sahen sich die beiden Hexen an.
    »Wir müssen ihn vernichten!«, sagte Linette entschlossen. »Jederzeit, wenn du mir sagst, wie!«, knarzte Runa.
    Die beiden dachten so heftig nach, dass es krachte. Dann schnippte Linette plötzlich mit den Fingern.
    »Die Spinnerinnen!«, rief sie und kramte auch schon in ihrer Rocktasche nach der kleinen Flöte, die sie von ihnen geschenkt bekommen hatte.
    »Wo hast du denn diese Tute her?«, fragte Runa verblüfft. Linette antwortete nicht. Sie nahm die Flöte an ihre Lippen und spielte darauf eine leise fremdartige Melodie, die alle im Raum verzauberte. Alle bis auf Graf Raptus. Denn auf seinem Gesicht breitete sich das erste Mal so etwas wie Sorge aus. Diese Flöte war etwas ganz Besonderes. Ihre Töne stiegen als feine Silberfäden empor, kräuselten sich und schwebten schließlich zum offenen Fenster hinaus. Linette hörte nicht auf zu spielen. Und plötzlich erfüllte ein Knistern den Raum, als stünde der ganze Turm in Flammen. Graf Raptus schien zu ahnen, was ihn erwartete, denn der Hass, mit dem er Linette ansah, hätte ausgereicht, um die komplette Welt zu vernichten. Das Knistern verstummte, und ein Bild der drei Spinnerinnen erschien wie ein Hologramm mitten im Raum. In strahlenden Gewändern standen sie da und wirkten wie aus einer anderen Welt. Nichts erinnerte mehr an die Flachsspinnerinnen, die Magnolia kennengelernt hatte.
    »Bin ich froh, euch zu sehen!«, rief Linette aus vollem Herzen. »Wir haben hier nämlich ein kleines Problem.«
    Eine Sekunde fürchtete Magnolia, man könnte ihre Tante wegen Majestätsbeleidigung festnehmen, weil sie so respektlos mit den drei Damen sprach. Doch die Spinnerinnen schienen sich an ihrem Ton nicht zu stören.
    »Das habt ihr«, antworteten sie schlicht.
    »Und nicht einmal wir können es vernünftig lösen«, sagte Columbina bedauernd. »Denn wie ihr wisst, hat der Kerl, der dort liegt, bereits dasewige Leben! Es bleibt nur zu hoffen, dass ihm das irgendwann zum Fluch wird. Und er sich selbst gehörig auf den Wecker geht.«
    Linette war enttäuscht. »Da   … das ist alles? Ihr könnt doch sicher ein kleines bisschen mehr tun als bloß hoffen.«
    Jetzt lächelten die drei Spinnerinnen. »Du kennst uns gut, meine Liebe«, antwortete Columbina und fuchtelte mit den Armen. »Tretet zur Seite!«
    Schnell machten Runa und Linette Platz. Die drei Frauen in dem Hologramm bildeten einen Kreis. Sie fassten sich an den Händen und fingen an zu singen. Es war dieselbe Melodie, mit der die Flöte sie gerufen hatte. In ihrer Mitte entstand ein leuchtender Wirbel, der aussah wie eine Spindel voll goldenem Garn. Noch immer singend zog Columbina einen einzelnen schwarzen Faden heraus. Prüfend schaute sie ihn an und nickte.
    »Der Schicksalsfaden des Grafen!«, flüsterte Jörna Magnolia ins Ohr, und ihre Stimme war vor Aufregung ganz heiser. Dann hielt Columbina ihn ihren Schwestern hin, und alle drei legten ihre Finger darauf. »Dieser Faden ist eng mit dem Schicksal des Grafen verbunden«, sagte Columbina. »Es steht uns nicht zu, ihn endgültig zu zerreißen. Aber wir können ihm einen hundertjährigen Schlaf bescheren, indem wir seinen Faden verknoten. Jeder Knoten steht für hundert Jahre Schlaf. Und da wir zu dritt sind   …«
    Linette und Runa atmeten hörbar auf. Die Augen des Grafen schossen vor lauter Wut Blitze, und er knurrte tief und gefährlich.
    Die Spinnerinnen ließen sich davon nicht beeindrucken. Columbina knüpfte den ersten Knoten in den Schicksalsfaden des Grafen, und ihre Schwestern Columbana und Columbun machten es ihr nach. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Sobald der erste Knoten geknüpft war, schloss der Graf die Augen und fiel in einen todesähnlichen Schlaf.
    »Das ist alles. Mehr können wir nicht für euch tun.
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