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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
Autoren: Sven Regener
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runterzugehen, ging er grinsend wieder runter und schaute mit dem Kopf
im Nacken auf die Tausende von Leuten, die oben in den Rängen standen und
zuckten oder auch saßen und guckten oder was immer die da alle machten, es war
schon ein tolles Bild, das muss ich zugeben, ich guckte mit und fand das auch
super, obwohl der Quatschkopf, der gerade auflegte, ja nun ein ziemlich billiges
Gummistiefeltrancebrett hinlegte, das war mal sicher, aber das machte es nur
noch besser, weil die Leute nämlich nicht so gummistiefelig drauf waren, dass
sie nun volle Pulle darauf abfuhren, am Arsch die Räuber, die Stimmung war
okay, aber keiner fuhr auf den Scheiß ab, das wäre ja wohl auch noch schöner
gewesen, da brauchte es schon sowas wie die Hosti Bros, damit die abgingen, da
war ich mir jetzt ganz sicher, aber vor das Erscheinen der Hostibrüder hatte
der Liebe Gott das Nüchternwerden von Basti gesetzt und ich wollte lieber gar
nicht darüber nachdenken, was Raimund gerade mit ihm anstellte, und Holger
hatte seinen Kumpel wohl schon abgeschrieben, denn er hörte jetzt mit der
Glotzerei auf und schrie in mein Ohr: »Wenn Basti nicht wiederkommt, dann musst
du mit nach oben kommen, wir können das Set auf keinen Fall sausen lassen«,
und ich sagte und das war mein voller Ernst: »Nicht mal tot, Holger!«, und als
er fragte, warum, sagte ich ihm, dass die Hosti Bros sein und Bastis Ding
seien und nicht mein Ding und wenn sie es hier nicht klarkriegten, mal ihr Ding
sauber durchzuziehen, dann könnten sie auch gleich kacken gehen und bräuchten
nächstes Jahr gar nicht erst wiederzukommen, und er sagte: »Du klingst schon
wie Raimund!«, und kaum hatte er das gesagt, waren Raimund und Basti auch schon
wieder da und Basti sah einigermaßen frisch aus, er hielt sich gut auf den
Beinen und schaute sich mit wachen, glasigen Augen um, ein bisschen zu wach und
zu glasig für meinen Geschmack, aber mein Geschmack interessierte hier keine
Sau und das war auch besser so!
    Raimund nahm Holger links und Basti rechts
an die Hand wie ein Ringrichter die Boxer und ging mit ihnen an den Fuß der
Treppe und sorgte für freie Bahn, und wie ein Ringrichter schaute auch der Typ,
der das Sagen hatte, Basti in die Augen und sprach ihn an und Basti nickte und
sagte was und nahm aus eigener Kraft seinen Plattenkoffer auf, der am Fuß der
Treppe stand, und der Typ von der Springtime nickte und ließ die beiden durch
und Raimund wollte mitgehen, aber der Typ hielt ihn zurück und die beiden
kletterten und kletterten nach oben, höher und höher, und Raimund schrie den
beiden hinterher: »Und wenn ihr’s diesmal nicht bringt, seid ihr nächstes Jahr
nicht mehr dabei!«
    Dann sah
Raimund mich und hob die Hand und ich brauchte einen Moment, um zu kapieren,
dass er so eine peinliche Abklatsch-High-Five-Sause machen wollte, also tat ich
ihm den Gefallen und er lachte und ich lachte mit und dann hörten wir oben die
ersten Takte von Hosti Brosti und die Leute erkannten das Intro und sie kreischten
vereinzelt und als die Bassdrum einsetzte, jubelten sie, dass die ganze
Betonschüssel wackelte, und Raimund fiel mir in die Arme und ich drückte ihn
kräftig und hob ihn hoch und stellte ihn wieder hin und war richtig stolz auf
meine Jungs!

73. Schwache Phase
    Gegen eins hatte ich eine schwache Phase,
sie erwischte mich mitten in einem Gespräch, wenn man es denn so nennen will,
was ich mit Basti und Schöpfi da am Laufen hatte, eigentlich stand ich bloß
zwischen den beiden und sie klopften sich die ganze Zeit auf die Schulter,
Schöpfi ganz der Elder Statesman, Basti der Neue mit dem Hit, so hatte das
Schöpfi irgendwann auf Elderstatesmanart genannt und Basti hatte gestrahlt und
Schöpfi eine Zeitlang damit vollgeschleimt, wie sehr gerade Hallo Hillu immer
schon seine Inspiration gewesen sei, so ging das die ganze Zeit, und immer wenn
ich gerade gehen wollte, wandten sie sich mit einer
Oder-meinst-du-nicht-auch-dass-Frage an mich, um mich bei der Stange zu halten,
sie brauchten mich wohl als Zuhörer, aber sie waren mittlerweile schon so
kokainistisch unterwegs, dass für einen, der da nicht mithalten konnte, also
für genau und eigentlich nur mich, die Gesprächsluft immer dünner und dünner
wurde, und ich war im Laufe der Quatschsonate aus Kompliment und
Gegenkompliment, die sie immer weiter und mit wachsender Begeisterung
aufführten, immer mehr Richtung Wand und schließlich sogar hinter den
Pseudotresen ausgewichen und hatte begonnen, mir da einen Kaffee
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