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Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit

Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit
Autoren: V.A.
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jetzt in der Krankenabteilung der ETORP und würden im Schlaf mit vorbereiteten Informationen berieselt, um nach dem Aufwachen zu wissen, wo Sie sich befinden – anstatt mit Gedächtnisverlust durch die Straßen zu irren.«
    »Vielleicht hat mich ein Freund dort herausgeholt.«
    »Ein Freund einer Leiche, die seit hundert Jahren auf Eis liegt? Nicht einmal Ihre eigenen Ururenkel würden etwas von Ihnen wissen – und selbst wenn sie davon wüßten: Würden sie dann ihre eigenen Visa aufgeben, um Ihnen zu helfen?« Jess schüttelte den Kopf. »Außerdem ist natürlich alles gesetzlich geregelt. Wir können die Toten nicht mehr brauchen; auf der Erde leben jetzt zwanzig Milliarden Menschen, und wir hätten gar keinen Platz mehr für die Toten. Man braucht nur an die gesetzlichen Komplikationen zu denken – oder an die längst ausgerotteten Krankheiten, die dann plötzlich wieder aufflammen könnten. Das sind gute Argumente, aber der wahre Grund sieht anders aus ...« Jess beugte sich vor, um meine Reaktion zu beobachten. »Ersatzteile!« sagte er dann.
    »Weiter«, forderte ich ihn auf.
    »Überlegen Sie nur!« Er kniff die Augen zusammen. »Hundertprozentig funktionierende Arme und Beine und Herzen und Nieren werden vergeudet, während draußen Leute sterben, weil ihre eigenen Organe versagen! Diese Leute sind bereit, jeden Preis zu bezahlen, den die ETORP fordert, wenn sie nur wieder gesund werden und am Leben bleiben!«
    »Was ist diese ETORP eigentlich?«
    »Ewigkeit, Incorporated – ›E‹ und ›T‹ von Ewigkeit, ›ORP‹ von Incorporated.«
    »Klingt wie ein Friedhof.«
    »Ein ...?«
    »Wo Tote begraben werden.«
    »Damit riskieren Sie schon, von den Schwarzen abgeholt zu werden.« Mein Gastgeber warf mir einen leicht indignierten Blick zu. »Die Minerale sind wertvoll, selbst wenn mit dem Körper nichts mehr anzufangen ist.«
    »Wir haben von der ETORP gesprochen.«
    »Die ETORP kontrolliert das wertvollste menschliche Gut: Leben. Sie gibt Geburtsgenehmigungen und Lebensvisa aus, sie führt Transplantationen und kosmetische Operationen durch, sie liefert Verjüngungsmittel und nimmt Behandlungen vor, die das Leben verlängern. Theoretisch handelt es sich dabei um eine Privatfirma, die unter staatlicher Aufsicht arbeitet. Praktisch beherrscht sie jedoch unsere Gesellschaft.«
    »Was hält die Regierung davon?«
    »Pah! Eine belanglose öffentliche Einrichtung, die nur noch existiert, weil die Tradition es erfordert. Welche Macht ließe sich mit der Fähigkeit vergleichen, anderen Leben zu geben oder ihr Leben zu verlängern? Geld? Militärische Stärke? Was hätte ein Sterbender davon?«
    »Offenbar ein gutes Geschäft«, stimmte ich zu. »Wie ist die ETORP zu diesem Monopol gekommen?«
    »Die Firma hat zuerst ganz normal mit patentierten Arzneimitteln und Heilverfahren begonnen, die in ihren eigenen Laboratorien entwickelt und überwacht wurden. Dann folgten Organbanken mit Tiefsttemperaturen, und schließlich wurde die Kryothese des gesamten Körpers verwirklicht. Seitdem ist die ETORP unaufhaltsam einflußreicher und mächtiger geworden. Sie hat Abgeordnete nach Belieben gekauft und verkauft. Sie entwickelte sich zu einem Tyrannen, der eine Peitsche in der rechten und Zucker in der linken Hand hielt. Und inzwischen füllten sich ihre Gefrierkammern mit unzähligen Tiefstgekühlten, die alle auf eine Wiederauferstehung warteten, die nie kommen würde.«
    »Der gute alte Onkel Elmer ist also nie wieder aufgewacht ...«
    »Wirklich traurig, nicht wahr?« meinte Jess. »Alle diese vertrauensvollen Seelen, die sich von ihren Lieben verabschieden; die Frau und Kinder zum Abschied küssen, bevor sie ins Krankenhaus fahren; die mitleiderregende Briefe hinterlassen, die an bestimmten Jahrestagen geöffnet werden sollen; die noch in der Narkose von Parties erzählen, die sie nach ihrer Rückkehr ins Leben geben wollen ... und nun – ein Jahrhundert später – werden sie zersägt, um ab Lager an Leute verkauft zu werden, die das Glück hatten, ihr Talent zu Geld machen zu können. Oder sie werden als Treueprämien an verdiente Angestellte der Firma ausgegeben. Und Leichen! Vollständige Leichen, ein fast unerschöpflicher Vorrat, den es früher nie gegeben hatte – und jede Leiche war ein Körper, der zur Verfügung stand. Das war die wahre Macht, Steve – dadurch hat die ETORP ihre beherrschende Stellung errungen! Was ist schon eine Milliarde Dollar für einen Neunzigjährigen, der an den Rollstuhl gefesselt
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