Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magazine of Fantasy and Science Fiction 18 - Die Kolonie auf dem 3. Planeten

Magazine of Fantasy and Science Fiction 18 - Die Kolonie auf dem 3. Planeten

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 18 - Die Kolonie auf dem 3. Planeten
Autoren: V.A.
Vom Netzwerk:
nichts mehr dabei, nachdem sie ein Gehirn zum zweiten- oder drittenmal gesehen hatten. Und Professoren, die Zutritt zu der Gehirnbank hatten, kamen gelegentlich sogar selbst zu den Zellen – allerdings nur in seltenen Fällen –, um direkt mit ihren Assistenten zu arbeiten.
    Die Menschen hatten sich an den Umgang mit Gehirnen gewöhnt, wenn es darum ging, Probleme aller Art zu lösen. Im Tank sah ein Gehirn eher wie ein Schwamm oder ein Stück Koralle aus als wie der letzte Überrest eines menschlichen Wesens. Vielleicht war das auch der Grund dafür, daß die Gesellschaft die Bankiers nicht mehr als Menschen betrachtete, sondern als ihren ausschließlichen Besitz, über den sie frei verfügen konnte; auch dem Gesetz nach hatten die Bankiers alle Rechte eingebüßt, die sie früher als Menschen besessen hatten. Die Konvulsionen des Gehirns waren kaum noch sichtbar, denn ein dichtes Gewirr von roten, grünen, blauen und gelben Drähten mit verschiedenfarbigen Kennzeichen bedeckten die Oberfläche und übermittelten die Nervenimpulse für die mechanischen Hilfsmittel des Bankiers – ein Zellenlautsprecher für die Techniker, die gelegentlich vorbeikamen, ein zweiter Lautsprecher mit Mikrophon für die Gespräche mit Fragestellern, ein bewegliches Prismenauge, das von Zeit zu Zeit wieder scharf eingestellt werden mußte, und eine mechanische Klaue, mit der man auf der Tafel schreiben, das Auge auf dem tragbaren Ständer bewegen und die beiden Ventile für Salzlösung und destilliertes Wasser betätigen konnte. Die Drähte liefen zu einem wasserdichten Kabel zusammen, das an der Decke befestigt war. Normalerweise bestand die einzige Bewegung eines Bankiers aus der Sauerstoffmembran, die fast unmerklich pulsierte, während die Umlaufpumpe die Nährlösung in Bewegung hielt.
    Der Professor fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Hör zu, mir ist eben etwas eingefallen«, sagte er. »Morgen sorge ich dafür, daß die Zentrale eine Privatverbindung zwischen uns herstellt. Ich möchte vermeiden, daß du abgelenkt wirst, während du für mich arbeitest.« Er lächelte, als halte er einem Kind eine Tafel Schokolade unter die Nase, während er fortfuhr: »Die Arbeit dauert bestimmt nur einige Tage, aber wir könnten die Verbindung etwa zwei Wochen aufrechterhalten. Dann könntest du dich ausruhen oder irgend etwas anderes tun, was ihr Bankiers in eurer Freizeit tut. Wenn du Spaß daran hast, kann ich meiner Sekretärin sagen, sie soll dir jeden Morgen ein paar Symphonien auf dem Plattenspieler vorspielen. Du hörst doch gern Symphonien, nicht wahr?«
    »Sogar sehr gern, Sir«, antwortete Sturm, der allein den Gedanken daran aufregend fand, obwohl er sich zu beherrschen versuchte. Gleichzeitig war er jedoch wütend. Ludgin mußte schon früher festgestellt haben, wie man Bankiers zu Höchstleistungen anspornte. Schließlich brauchte man nicht sonderlich intelligent zu sein, um zu erraten, daß ein Mensch, der sich allein in einer winzigen Zelle befand, in der er nur geschäftlich mit anderen Sprechen konnte – und noch dazu nur über Mathematik –, bald Sehnsucht nach Verbindung zur Außenwelt und vor allem menschlichen Gefühlsinhalten hatte, die sich am besten in der Kunst ausdrücken ließen. Ein Bestechungsversuch dieser Art war wirksamer als Drohungen.
    Der Professor grinste und kniff ein Auge zu. »Natürlich gibt es die Symphonien nur, wenn du zufriedenstellend arbeitest«, fügte er hinzu.
    Das sieht dem verdammten Kerl wieder ähnlich, dachte Sturm. Dieser Schuft! Das war ein offener Bestechungsversuch. Das war beschämend und verletzend deutlich.
    Ludgin grinste breit, nachdem er jetzt seinen Trumpf aus dem Ärmel gezogen hatte. »Und weil du so bereitwillig mitarbeitest, wovon ich schon jetzt überzeugt bin«, meinte er sarkastisch, »lasse ich heute sogar die Verbindung bestehen, damit du über meinen Vorschlag nachdenken kannst.«
    »Vielen Dank, Sir«, antwortete Sturm irritiert. Er hätte am liebsten noch eine passende Bemerkung gemacht, beherrschte sich aber gerade noch rechtzeitig. Weshalb sollte er Widerstand leisten, nur um sich selbst seine Unabhängigkeit zu beweisen? Vielleicht beruhigte es seinen verletzten Stolz, aber gleichzeitig konnte es auch bedeuten, daß er für immer ausgeschaltet wurde.
    In der guten alten Zeit, als sie beide noch Studenten und später Assistenten gewesen waren, hatte die Lage noch anders ausgesehen. Damals waren sie miteinander verfeindet gewesen und hatten keine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher