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Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt

Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt
Autoren: V.A.
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wilden Aufkreischen davon.
    Endlich legte sich der seltsame Wirbel, durch das gefleckte Glasdach fiel fahles Licht und verwandelte alles in schimmernde Regenbogenfarben. Der ganze Wald blitzte und leuchtete. Ich ging einen schmalen Pfad entlang, der auf ein großes weißes Haus zuführte, das auf einer Anhöhe inmitten des Waldes stand. Von seinem oberen Stockwerk aus müßte ich die entfernten Wassertürme von Maynard sehen können, oder wenigstens den gewundenen Lauf des Flusses.
    Der Pfad verengte sich und stieg etwas an, aber ich hielt mich auf ihm, denn seine Oberfläche war nicht so aufgerauht und spitz wie die scharfen Nadeln auf dem Rasen. Plötzlich stieß ich auf etwas, das ganz unmißverständlich ein mit Juwelen überzogenes Ruderboot war. Da erst merkte ich, daß ich auf einem schmalen Zulauf des Flusses entlangging. Unter der festen Kruste rann noch immer ein dünner Wasserfluß.
    Während ich noch bei dem Boot anhielt, wand sich eine groteske vierbeinige Kreatur, die halb in der Oberfläche eingebettet war, durch die Kruste nach vorn. Die Kiefer des Tieres schnappten in die Luft, während es sich auf die gebogenen Beine hob, unfähig, sich ganz aufzurichten. Das glitzernde Funkeln des Lichts, das von seinem Körper ausging, ließ den Alligator wie ein gepanzertes Fabelwesen erscheinen. Er stürzte plötzlich mit neuer Energie auf mich zu, und ich trat an seinen Kopf, so daß die Kristalle, die an seinen Kiefern hingen, zerbarsten.
    Ich ließ die Bestie, die wieder in ihr gefrorenes Element tauchte, zurück, kletterte das Ufer hinauf und überquerte den Rasen zum Haus, dessen Türme über die Bäume hinausragten. Obgleich ich völlig erschöpft war, spürte ich plötzlich Hoffnung in mir aufsteigen, als eilte ich auf eine geöffnete Tür des verlorenen Paradieses zu.
    Oben bei dem Fenster, ein Gewehr im Arm, stand der bärtige Mann in dem weißen Tropenanzug und beobachtete mich.
    Jetzt, da über den Hubble-Effekt ausführliche Abhandlungen zur Verfügung stehen, so daß sich Wissenschaftler in der ganzen Welt damit beschäftigen können, besteht allgemeine Übereinstimmung über seine Herkunft und die wenigen vorübergehenden Maßnahmen, die getroffen werden können, um seinen Fortschritt einzudämmen. Unter dem Druck der Notwendigkeit hatte ich während meiner Flucht durch die Wälder der Everglades entdeckt, daß das wirksamste Abwehrmittel darin bestand, in ständiger Bewegung zu bleiben – aber ich war noch immer der Meinung, daß eine Art gesteigerter Mutation die Ursache aller seltsamen Erscheinungen war, obgleich leblose Dinge wie Wagen und Metallzäune gleichermaßen betroffen wurden. In der Zwischenzeit jedoch haben selbst die Anhänger Lysenkos, wenn auch zögernd, die Erklärung akzeptiert, die die Mitarbeiter des Hubble-Instituts gegeben haben, daß nämlich die Verwandlungen überall in der Welt Reflexionen eines kosmischen Prozesses enormer Reichweite sind, die zuerst in den Andromedaspiralen entdeckt wurden.
    Wir wissen jetzt, daß es die Zeit ist (»die Zeit mit einem Midashauch«, wie es Charles Marquand beschreibt), die für die Umwandlungen verantwortlich ist. Die kürzliche Entdeckung der Antimaterie im Universum zwingt zur Annahme der Antizeit als der vierten Komponente des negativen Kontinuums. Wo Teilchen und Antiteilchen zusammenstoßen, zerstören sie nicht nur ihre eigene physikalisch-körperliche Identität, sondern ihre entgegengesetzten Zeitwerte eliminieren einander; dadurch verliert das Raum-Zeit-Kontinuum ein Zeitquant. Entladungen dieser Art – durch das Entstehen von Anti-Galaxien im Raum ausgelöst – haben zur Entleerung des Zeitvorrats unseres Sonnensystems geführt.
    Je mehr Zeit »ausläuft«, um so weiter steigt der Übersättigungsgrad, und die Atome und Moleküle erzeugen ein räumliches Bild von sich selbst, eine Substanz ohne Masse, gewissermaßen, um die vorhandene Zeit doppelt oder mehrfach auszunützen. Dieser Prozeß der Selbstproduktion wird durch nichts aufgehalten, und so ist es möglich, daß ein einziges Atom eine unendliche Zahl von Duplikaten seiner selbst produziert. Das kann weitergehen, bis das gesamte Universum gefüllt ist, dessen Zeit dann völlig verbraucht ist. Damit hat sich der Kosmos zu Null reduziert – was die wildesten Träume von Plato und Demokrit übersteigt.
     
    *
     
    Als ich mich auf einer der glasgeschmückten Liegen im oberen Schlafzimmer niederließ, gab mir der Mann im weißen Anzug in seiner scharfen abgehackten Stimme
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