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Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein

Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein
Autoren: V.A.
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runzelte die Stirn. »Komisch, aber ein-, zweimal glaubte ich auch die See zu hören. Es hörte sich hohl und dumpf an, wie etwas, das nach Millionen Jahren wieder erwacht.«
     
    Auf seinem Weg in die Bibliothek fuhr Mason in die Nähe des Kreidefelsens und parkte seinen Wagen an der Stelle, an der er die Mondgestalt der weißhaarigen Frau gesehen hatte. Helle Sonnenstrahlen fielen auf das blasse Gras und beleuchteten die Öffnung des Schachtes, um den herum die gleiche Geschäftigkeit herrschte wie am Tag zuvor.
    Fünfzehn Minuten lang fuhr Mason kreuz und quer durch die Straßen und blickte ab und zu über die Hecken in die Küchenfenster. Höchstwahrscheinlich lebte sie in einem der nahegelegenen Häuser und trug noch immer den schwarzen Umhang unter einem Hauskleid.
    Bei der Bibliothek erkannte er später ein Auto, das er auf dem Hügel gesehen hatte. Der Fahrer, ein älterer, gutangezogener Mann mit akademischem Benehmen studierte die Ausstellungskästen mit den lokalen geologischen Funden.
    »Wer war das?« fragte Mason Fellowes den Antiquitätenwärter, als der Wagen weggefahren war. »Ich habe ihn auf dem Kreidefelsen gesehen.«
    »Professor Goodhart, einer der Paläonthologen. Anscheinend haben sie ein interessantes Knochenbett gefunden.« Fellowes wandte sich wieder seiner Sammlung zu. »Wenn wir Glück haben, kriegen wir ein paar Stücke ab.«
    Mason starrte auf die Knochen, ein Gedanke war durch seinen Kopf geschossen.
     
    Jede Nacht, wenn die Wellen die Straßen überspülten und immer näher an das Haus heranrollten, lag Mason wach neben seiner Frau; er lief hinaus und watete durch das tiefe Wasser in Richtung der Hügelkette. Dort sah er die weißhaarige Gestalt auf der Klippe stehen, das Gesicht hoch erhoben, ein fahles, schimmerndes Schemen, das wie der Mond zwischen den dahinjagenden Wolken schwebte. Aber nie gelang es ihm, die Frau zu erreichen, bevor die Ebbe einsetzte. Er kniete auf dem nassen Pflaster, während sich der letzte Schaum auflöste und die versunkenen Straßen wieder auftauchten.
    Einmal fand ihn ein Streifenwagen der Polizei, als er sich an einen Zaunpfosten einer offenen Toreinfahrt klammerte, und ein anderes Mal vergaß er die Tür hinter sich zu schließen, als er nach Hause kam. Miriam musterte ihn beim Frühstück scharf, sie bemerkte die dunklen Ringe unter seinen Augen.
    »Richard, ich finde, du solltest nicht mehr so viel in die Bibliothek gehen. Du siehst erschöpft aus. Es kommt doch nicht etwa wieder von diesem Traum von der See?«
    Mason schüttelte den Kopf und zwang ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. »Nein, das ist vorbei. Vielleicht hatte ich mich nur überarbeitet.«
    Miriam erfaßte seine Hände. »Bist du gestern hingefallen?« Sie betrachtete die Handballen. »Liebling! Sie sind ja ganz wund! Du mußt dich erst vor kurzer Zeit verletzt haben. Kannst du dich denn nicht mehr erinnern?«
    Zerstreut erfand Mason eine Geschichte, um ihre Neugier zu befriedigen; dann trug er seine Kaffeetasse in sein Arbeitszimmer und blickte hinaus in den Morgendunst, der über den Dächern lag, ein verschwommener Nebel, der dieselben Flächen bedeckte wie die nächtliche See. Der Dunst löste sich im Sonnenlicht auf, und für einen kurzen Augenblick zeichnete sich die Wirklichkeit der normalen Welt ganz deutlich ab und erfüllte ihn mit heftigem Heimweh.
    Ohne nachzudenken griff er nach der fossilen Muschel auf dem Bücherbrett, aber dann fuhr seine Hand, noch bevor sie sie berührt hatte, unbewußt zurück.
    Miriam stand neben ihm. »Ich hasse sie auch«, sagte sie. »Sag mir, Richard, was glaubst du, war der Grund für deine Träume?«
    Mason zuckte mit den Schultern. »Vielleicht eine Art Erinnerung ...« Das kühle Gesicht seiner Frau beobachtete ihn scharf. Er überlegte, ob er Miriam von den Wellen erzählen sollte, die er noch immer im Schlaf vernahm, und von der weißhaarigen Frau auf der Klippe, die ihm zuzuwinken schien. Aber wie alle Frauen, so glaubte auch Miriam, daß im Leben ihres Mannes nur Platz für ein einziges Rätsel wäre. Durch eine Umkehrung von Logik fühlte er, daß seine Abhängigkeit vom privaten Einkommen seiner Frau und der Verlust der Selbstachtung ihm das Recht verliehen, etwas vor ihr geheimzuhalten.
    »Was ist los, Richard?«
    In seiner Vorstellung öffnete sich die Gischt wie ein riesiger Schlund, und die Zauberin der Wellen wandte sich ihm mit brennenden Blicken zu.
     
    Hüfthoch ergoß sich das Wasser in einem wirbelnden Strudel über die
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