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Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Titel: Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt
Autoren: dtv
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irgendeinen Spielraum ließ und folglich als infamer Beschiss entlarvt wurde. Hätte er gesagt, der Irak besäße Massen von Vernichtungswaffen, hätte er in keinem Fall gelogen. Nur wären dafür die USA nicht in den Krieg gezogen. Sonst hätten sie eigentlich mit Ausnahme von Tuvalu, Liechtenstein, Andorra und San Marino gegen jedes Land dieser Welt kämpfen müssen.
    Politiker lügen auch, weil sie das Schicksal der Kollegen vor Augen haben, die dachten, sie kämen mit der Wahrheit durch. Lafontaine wurde wegen seiner Wahrheit über die Kosten der Wiedervereinigung gar nicht erst zum Kanzler gewählt, Schröder kostete letztlich seine Wahrheit über den Umbau des Sozialstaates die Kanzlerschaft. Die Karrierefriedhöfe sind voll mit verwesten Lebensplänen, die auf der Hochschätzung der Wahrheit basierten. Wer in der Politik überleben will, sollte sich Oscar Wildes Warnung zu Herzen nehmen: »Wenn man die Wahrheit sagt, kann man sicher sein, früher oder später ertappt zu werden.«
    Folglich prägten und änderten zumeist Lügen den Lauf der Geschichte, vom Trojanischen Pferd, das alles andere als ein Weihgeschenk war, über die von Bismarck gefälschte Emser Depesche, die wunschgemäß die Kriegserklärung der Franzosen 1870 zur Folge hatte, den fingierten Überfall auf den Sender Gleiwitz, der Hitler den Vorwand zum Einmarsch inPolen lieferte, den Zwischenfall im Golf von Tonking, der niemals stattfand, aber Lyndon B. Johnson die Berechtigung zur Radikalisierung des Vietnamkrieges verschaffen sollte, bis hin zur bereits erwähnten Irak-Katastrophe. Im Krieg, heißt es, sei die Wahrheit das erste Opfer. Weil die Lüge die erste Waffe ist.
    Auch im Beziehungskrieg fällt zuallererst die Wahrheit. Und das zumeist schon lange vor dessen Ausbruch. ›Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar‹ betitelte Ingeborg Bachmann eine ihrer Reden. Die Wahrheit stellt demnach für uns eine Zumutung dar. Warum sich ihr also permanent aussetzen? Churchill war der Meinung, die Wahrheit sei ein derart wertvolles Gut, dass man sehr sparsam damit umzugehen habe. Doch auch die Lüge verträgt keine inflationäre Verwendung. Und das nicht aus moralischen Gründen, denn nicht einmal die Bibel verbietet das Lügen, lediglich das Falsche-Zeugnis-Ablegen wider deinen Nächsten, also die bewusste Falschaussage bei Gericht. Ein Angeklagter kann hierzulande nicht nur die Aussage verweigern, er kann auch nach § 136 StPO im Rahmen des Selbstschutzes ungestraft lügen. Welcher Mann hat sich einer Frau gegenüber noch niemals angeklagt und deshalb genötigt gefühlt, alle Mittel des Selbstschutzes zu verwenden? Sollte es einen derart unbedrohten Mann geben, kann er ruhig den ersten Stein auf uns Lügensünder werfen. Der dürfte recht zaghaft angeflogen kommen, der Stein.
    Für einen Lügner ist die Wahrheit nur eine von vielen Möglichkeiten und kaum die attraktivste. Schon deshalb, weil sie seltener vorkommt als die Lüge. »Das Gegenteil der Wahrheit hat tausenderlei Gestalten«, sagt Montaigne. Jedenfalls noch viel mehr als alle Gestalten der erfundenen und erlogenen Geschichten von ›1001 Nacht‹ bis Harry Potter. Was für eine Pracht an Feinheiten und Nuancen, an eleganten Vertuschungendes Unliebsamen bieten die kleinen Alltagslügen verglichen mit der engstirnigen, bornierten Wahrheit!
    Statt stimmungstötend, aber wahr festzustellen: »Meine Liebe, du hast Mundgeruch«, lügt man ihr vor, dass das Geheimnis dieses neuen Drinks, den man ihr bestellt hat, darin liege, das Minzblatt separat zuvor zu zerkauen, um die Rezeptoren im Gaumen anzukühlen. Statt ihr zu sagen: »Du bist total überschminkt«, umarmt man sie und bedankt sich wahrheitswidrig dafür, dass sie sich für diesen Abend, wo man beim Empfang unvermeidlich auch ihren Ex treffen werde, älter gemacht habe, als sie sei, nur um da ja nichts wieder aufflackern zu lassen. Unter einem Vorwand verschwindet sie im Bad und kehrt klar unterschminkt zurück. »Ist dein Marilyn-Manson-Klingelton nicht etwas zu krass für dich?«, kommt weniger gut, als wenn man beim Ertönen von ›This is the new Shit‹ aus ihrem Handy ostentativ erschrickt, weil man glaubt, die verpunkte Nichte sei da, der man zu Weihnachten ein Handy mit diesem Ton geschenkt hatte, doch das könne ja nicht sein, da sich die Nichte gerade auf geschlossenem Entzug befinde. Der nächste Anrufer dürfte sich dann mit ›Who’s that Girl‹ von den Eurythmics bei der Liebsten melden.
    Dank eindeutiger Erziehung ist
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